Der Tag endete mit einer netten Sunset Session am Ballermann. Es war ein guter Tag, morgens auf dem Wasser gewesen, mittags Supertubos beim Bretter halbieren zugeschaut und nun dieser Feierabend Surf, rechtzeitig begonnen bevor die Massen das Lineup enterten. Doch ab nun war für ein paar Tage kräftiger Nord-Nordwestwind angesagt (dazu großer Swell). Nicht gut für hier. Was also tun?
Ich beschloss Tims Ratschlag zu folgen und an die Algarve zu fahren. „Fahr zum Licht“ hatte er gesagt, „dort findest du leere Wellen an einem Riff, das Bunkers ähnelt“. Nun waren um die 3,5 Meter Swell aus Nordwest bei 15 Sekunden Periode und dazu Nordwind wahrlich nicht die schlechtesten Voraussetzungen für die Südküste. Außerdem sollte man Tims Ratschlägen grundsätzlich folgen. Also schmiss ich den Lastwagen an und sagte Siri, wo ich hinwollte.
Südlich von Lissabon freute ich mich noch über die komfortable, etwas überdimensionierte Autobahn, die die Reise gegenüber dem letzten Mal, als ich in der Gegend war (1986) deutlich komfortabler gestaltete. Allerdings geriet ich auch bald in dichten Nebel mit kaum 50 Meter Sichtweite und ca. 50 km vor Foz reichte es mir und ich stellte mich auf eine dieser ebenfalls überdimensionierten, aber picobello ausgestatteten Einheitsraststätten und legte mich schlafen.
Am nächsten Morgen war immer noch dicker Nebel aber ich wollte ja ans Wasser und so fuhr ich los. An den höher gelegenen Stellen der Autobahntrasse schafften es dann erste Sonnenstrahlen durch die Nebelsuppe und an der Mautstelle am Ende der Autobahn war dann schon bestes Wetter. Nun wollte ich hier meine Maut bezahlen, doch der Apparat erklärte mir, dass mein Ticket ungültig sei. Ungefragt schaltete sich dann auch gleich eine Dame von der Mautgesellschaft via Lautsprecher ein und teilte mir mit, dass mein Ticket ungültig sei, weil es nur 12 Stunden gültig wäre. Ich müsse nun die maximalmaut zahlen.
Etwas verwirrt warf ich einen Blick auf die Anzeige und fiel fast aus dem Auto. 107 Euro sollte ich bezahlen dafür, dass ich zulange auf der Autobahn war. Ich protestierte und zum Glück weigerte sich auch meine Kreditkarte solche Unsummen zu begleichen. Nach längerem Diskutieren ließ die Dame mich durch und erklärte mir, dass ich Post bekommen würde. Ich konnte nun zwar weiterfahren, war aber etwas angefressen, wegen der Geschichte.
Nach ein paar weiteren Kilometern gut ausgebauter Schnellstraße erreichte ich dann das Licht. Der ausgewählte Strand bei einem der für die Gegend typischen Ferienorte war leer. Wellen fand ich erst auf den zweiten Blick am südlichen Strandende unterhalb einer Klippe. Sie entsprachen der Beschreibung Tims und imitierten das Bunkers Riff und es waren lediglich zwei Surfer draußen.
Die Sonne schien, es war ziemlich warm und der Wind war ein leichter Offshore. Ich holte das Longboard raus, schaffte unfallfrei den Eiertanz über die recht rutschige Felsplatte und paddelte trockenen Haares raus in den Lineup. Momentan sitze ich ja gerne etwas tiefer aber nach zwei Take Offs, die mit einer Spülung endeten, begriff ich, dass ich mich hier wieder da hin setzen musste, wo ich sonst kaum Wellen abbekomme. Die Folge waren ein paar ziemlich nette Rides. Der Take Off ist auch hier tricky, da die Welle sehr schnell anfängt zu brechen, der weitere Ride ist entspanntes cruisen entlang einer soften Schulter.
Das war schon mal nicht so schlecht und als der Lineup begann voller zu werden, beendete ich die Session. Zurück am Van hielt ich erst einmal Siesta wegen allgemeiner Erschöpfung. Die Fahrt, die gute Woche die ich nun bereits täglich gesurft bin und wohl auch die kräftige Sonne hatten mich etwas ausgelaugt. So verzichtete ich auch auf eine zweite Session am Abend, wissend, dass am nächsten Tag der Swell noch einmal ordentlich zunehmen sollte.
Der Parkplatz am Strand war nun auch bereits gut gefüllt mit Deutschen, Schweizern, Holländern, Belgiern, Österreichern, einem Engländer und später sogar ein paar Portugiesen, die alle ihre Bretter wachsten und raus paddelten. Von einem der Schweizer erfuhr ich dann auch, dass die vorherige Nacht die Polizei gekommen war und die campierenden Busse wegschickte. Ich beschloss einen Campingplatz in der Nähe aufzusuchen.
Der war dann ziemlich luxuriös ausgestattet und verlangte erträgliche Preise (18 Euro pro Nacht, für Portugal zwar eher teuer, aber dafür mit allem Schnickschnack ausgestattet). Der Platz war unerwarteterweise ziemlich voll mit großen WoMos vor allem mit deutschen Nummernschildern. Offensichtlich war das hier ein Hotspot für an der Algarve überwinternden Rentnern. Mir war´s egal, duschen, Neo ausspülen, nudeln kochen, kaltes Bier, schlafen gehen.
Am nächsten Morgen ging es früh raus. Nebel und sehr hohe Luftfeuchtigkeit verhinderten, dass die Sonne sich durch setzte. Die hohe Luftfeuchtigkeit hatte dann auch meine Rückspiegel blind gemacht. Aber die brauchte ich auf dem Weg zum Strand eh nicht. Dachte ich mir. Zum rückwärts einparken sollte es reichen, das Fenster runter zu kurbeln und den Kopf zu verdrehen. Dachte ich mir. Ging dann auch gut. Dachte ich mir. Bis ich dann mal die Rückseite des Vans anschaute. Die beiden äußeren Schienen des Fahrradträgers waren nun deutlich verbogen, denn da stand ein Strommast, den ich übersehen hatte. Aber mein Rad stand auf der innersten Schiene und war zum Glück unversehrt. Außerdem zeigte sich, dass meine selbst gebastelte Unterkonstruktion an der Hecktür doch sehr massiv konstruiert war, denn dort hatte sich nichts gelöst.
Nun war es aber Zeit, den Surf zu checken. Es war windstill und weiterhin nebelig. Die Tide war eigentlich zu hoch, aber der Swell sollte laut Vorhersage um die 3 Meter bei 14 Sekunde Periode haben. Nun, drei Meter fand ich nicht vorne am Riff. Genauer gesagt fand ich nur nen guten Meter. Bis dann ein Set rein lief, dass doch gut kopfhohe Wellen generierte. Draußen war nur der Holländer, der nachher gleich losmusste, um in Lagos die Freundin vom Flughafen abzuholen. Der hatte einen guten Ride. Dann aber wieder lange Setpause. Sehr lange. Ich beschloss auf niedrigere Tide zu warten. Der Swell sollte eh den ganzen Tag halten und der Wind sollte den ganzen Tag aus Norden blasen.
Dachte ich. Offensichtlich hatte ich ein forecast Update verpasst, denn erst einmal drehte der Wind auf onshore und es begann in Strömen zu regnen. Erst am frühen Nachmittag drehte der Wind auf die gewünschte Richtung und die Sonne kam wieder raus. Sofort war der Main Peak am Riff mit 12 Surfern besetzt, was definitiv zu viel ist für den Spot. Aber die Riffplatte weiter links begann mit ablaufendem Wasser auch zu laufen und da waren nur zwei Berliner draußen, die dann auch gleich ihre Session beendeten.
Ich also schnell in den Neo und dort mit dem kleinen Brettchen raus gepaddelt. Dort war ich dann geschlagene 10 Minuten alleine, bevor eine Horde von am Ende auch rund 10 Surfern sich zu mir gesellte, darunter einer auf so einem Kartoffel-Brett, der ziemlich gierig war. Mit einem „Hepp“ (ich vermute es war ein Schweizer) paddelte er jede Welle an, sogar eine, auf der ich schon surfte. Ich hoffe, dass der Typ für seine Gier mit ordentlich Hämorriden bestraft wird, die aktuelle Session schaffte er aber noch kaputt zu machen.
Am nächsten Morgen dann Sonne recht kräftiger side-offshore und Swell. Ich paddelte früh am Haupt-Peak raus. Es war nicht allzu voll, hatte aber genug Leute um mich wieder dazu zu bringen zu tief die Welle an zu starten, was auch daran lag, dass ich zu gut erzogen bin um eine Welle anzupaddeln, wenn noch jemand tiefer sitzt. Das Ergebnis war eine durchwachsene Session und eine saftige Portion Wellen-Prügel. Gegen Mittag ging es noch mal an der anderen Riffplatte raus, wieder mit meinem kleinsten Brettchen. Die Tide passte eigentlich, aber der Swell legte nun bereits wieder sehr lange Setpausen ein. Es war ein Nordwestswell und der Musste erst einmal gehörig eine Kurve machen, bevor er hier an die südlich ausgerichtete Küste lief. Wieder war es ziemlich voll. Dazu abnehmender Swell, ich hatte genug, startete den Van und zog gen Westen weiter.
Einige Kilometer weiter stoppte ich an einem französischen Supermarkt um meine Vorräte aufzufüllen. Es war einer aus den vier gro0en Ketten und er hatte sein Sortiment ganz auf die offensichtlich am meisten hier anzutreffenden Touristen ausgelegt. Es gab sehr viele deutsche Produkte, dazu einiges an dem was Engländer offensichtlich gerne so kaufen. Des einzige offensichtlich auf Einheimische ausgerichtete Produkt war eine Kiste mit Stockfisch. Tourismus scheint hier (immer noch) der einzige Fokus des Wirtschaftslebens zu sein.
Wieder ein Stück weiter auf der Straße gen Westen sah ich dann ein Schild mit gut klingendem Namen und entschied mich spontan, da hin zu fahren. Kurz danach ein Schild, das vor schlechtem Zustand er Straße warnte. Die Warnung war gerechtfertigt, denn es folgte entlang eines sich lang hinziehenden Tals eine recht üble Piste, die im letzten Stück dann allerdings sogar gepflastert war mit Betonrippensteinen. Allerdings waren so viele dieser Steine bereits herausgebrochen, dass dieser gepflasterte Abschnitt der Straße kaum besser war, als der ungepflasterte.
Als ich dann endlich das Ende dieser Schlaglochpiste erreichte, wusste ich, dass ich hier die Nacht verbringen würde. Einmal weil ich keinen Bock hatte, mir die Rückfahrt am gleichen Abend noch anzutun. Aber vor allem, weil am Ende dieser Piste das fast schon zur Schlucht gewordene Tal an einem schönen Strand mit großem Parkplatz endete. Der ideale Ort für Van-Life. Das wussten aber offensichtlich auch eine Reihe anderer Individualreisenden, denn der Parkplatz war voll mit teils schrägen Mobilen, wieder überwiegend aus Deutschland, der Schweiz, Belgien aber auch mit einem Spanier. Trotzdem hatte der Ort seine Magie und auch etwas Hippie Flair. Außerdem brachen hier deutlich größere Wellen als weiter östlich. Leider offensichtlich noch zu groß für den schmalen Strand, den dort war jetzt nur die Closeout-Hölle. Aber der Swell sollte morgen ja nachlassen und vielleicht lief das mit anderer Tide besser. So richtete ich mich schön ein, genoss den Blick aus der Seitentür des Vans auf Tal-Ende und Strand im letzten Licht des Tages, machte mir was zu Essen und war gespannt auf den nächsten Tag.
Mit dem ersten Tageslicht war ich dann wieder auf den Beinen. Der Swell war nun kleiner und brachte tatsächlich hin und wieder surfbare Wellen hervor. Allerdings war der Offshore saukalt und ich zögerte ein bisschen damit gleich jetzt raus zu paddeln. Leider zögerte ich etwas zu lange, denn rund 10 Minuten später ergoss sich bereits ein Strom aus Neopren-bekleideten Menschen mit Brettern unter dem Arm Richtung Strand. Wieder rund 10 Leute für einen Spot, der alle 10 Minuten genau zwei brauchbare Wellen lieferte. Ausweichmöglichkeiten wegen der geringen Breite des Strands zwischen den Klippen keine. Das war mir zu blöd. Ich frühstückte noch in Ruhe und machte mich dann auf den Weg zurück durch das Tal.
Mein nächstes Ziel war ein anderer Strand an einem Einschnitt der Steilküste, der laut meinem Stormrider (2. Ausgabe, 1996) einen „long righthander“ mit einer „cover up section“ haben sollte. Klang gut, stellte sich dann aber als eine weitere Closeout-Hölle heraus, in der nicht einmal die Boogieboarder längere Rides hinbekamen. Was die Surfer draußen und diejenigen, die nun in Strömen zum Strand zogen dort wollten, war mir rätselhaft. Ich habe dort keinen einzigen Ride mit einer Länge von mehr als 10 Metern gesehen.
Ich hatte damit genug. Der Vollständigkeit halber fuhr ich noch nach Sagres, das immer noch entlang der Hauptzufahrtstraße den Charme einer Ghost Town verströmte – nur heutzutage mit 5 Tankstellen und unzähligen Surf-Rentals / Schools Schildern – und ansonsten mit monotonen ferienanlagen bestach. Die Südseite der Halbinsel war flat, die Westseite hatte große Wellen und Onshore. Nun da ich das auch erledigt = mal wieder gesehen hatte, drehte ich um und fuhr zurück Richtung Faro. Am Strand der Anfangstage hier hielt ich noch einmal an und surfte Restswell am Riff. Die Sonne hatte Kraft, aber der Nordostwind war eisig kalt. Nordost wind war auch das entscheidende Stichwort, denn der sollte auch weiter nördlich für die nächsten Tage vorherrschen.
„Siri, du weißt wohin“, gab ich als Kommando aus und machte mich wieder auf den Weg. Experiment Algarve beendet. Schönes Licht hier, teilweise auch schöne Landschaft und fotogene Wellen, aber warum man extra hierher zum Surfen fährt, war mir in den paar Tagen nicht klar geworden. Falsche Swell-Richtung vielleicht, mangelnde Spotkenntnis meinerseits möglicherweise, fehlende Geduld, was auch immer: der Norden Portugals zog mich eher an.
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Strand
dontblameme on Mi, 01/31/2018 - 11:42Ja, ich war vielleicht etwas ungeduldig
tripmaster on Mi, 01/31/2018 - 15:33Hatte aber auch den Eindruck dass die (von mir besuchten) Breaks nicht sonderlich viele Surfer vertragen.
Tonel hatte drei Meter und onshore.
Da bin jetzt h dann halt bei der Ostwind Vorhersage lieber wieder nach oben oben gefahren.
Will hier jetzt auch niemand die Algarve madig machen
Haha. Ja, gut. 3m Onshore
dontblameme on Mi, 01/31/2018 - 16:13Sehr schön und nahezu unverändert
Tim on Mo, 01/29/2018 - 07:37Man muss tatsächlich ein wenig mehr Geduld mitbringen. Hab bei meinen 2 Algarvetrips...
https://nordsurf-syndikat.de/surfblog/tim/agarve-201213
https://nordsurf-syndikat.de/surfblog/tim/algarve-112014
... viel Zeit mit dem Warten auf das richtige Zeitfenster verbracht. Währenddessen sind mir viele Leute begegnet, die offenbar nicht so viel Geduld hatten, und kurze Zeit später wieder von dannen zogen. Trotzdem schöne Eindrücke, die mich darin bestärken, die Algarve trotz auch hier zunehmender Crowds wieder mit auf die Todo-Liste zu nehmen