Boardshorts & leashless

 

Während sich meinen nackten Fußsohlen in den feinen, aber körnigen Sand von Sandy Island drücken, und für einen kurzen Zeitraum meine Anwesenheit dokumentieren, beobachte ich die feinen, geordneten Linien, welche aus den Weiten der Nordsee hier zu meinen Füßen rollen, um sich mit mir zu verbinden.

 

Sehr viele Touristen besuchen zur Zeit meine zweite Heimat, schwimmen zwischen den Wellen herum, um sich ihren Anteil am Genuss abzuholen, der sie für den Rest des Jahres in ihrem Zuhause, fernab vom Meer, bis zum nächsten Jahr begleiten wird. Der Anteil schrumpft mit jedem Wochentag, an dem sie nicht am Meer sein können.

 

 

Ich streife mir die boardshort und das lycra über und ziehe das longboard aus dem Bus, um es zu wachsen. Der Neoprenanzug und die leash dürfen heute trocken bleiben, zu sehr schön ist das Wetter und zu sauber laufen die kleinen Wellen an den Strand. Die Nordsee erreicht nun gefühlte 19°C und die Sonne steht am höchsten. Doch ein kleiner Wehrmutstropfen bleibt, die Tage fangen langsam an, kürzer zu werden. Schon bald kühlt sich die Nordsee wieder ein wenig ab, die Anzahl der Touristen nimmt ab und das seriöse Wintersurfen findet wieder einen Weg in unseren Alltag. Doch dies ist zum Glück noch lange genug entfernt. So widme ich mich nun dem warmen Meer und seinen sauberen Wellen.

 

Auf den Knien paddel ich durch das seichte Wasser, werde von den hereinrollenden sets sanft in die Höhe getragen und wieder herabgelassen. Die zweite Sandbank produziert recht moderate Rampen für das lange Brett. Die Wellenhöhe reicht heute von zwei bis drei Fuß und für lange Ritte. Aufgrund der boardshort fühlt sich alles so leicht an, als ob man nackt surfen würde. Die Knie scheuern sich ein wenig am Wachs auf. Dies wird für eine Woche Spuren hinterlassen, auf welche ich in der surflosen Alltagszeit stolz sein werde. Sie werden mich an die wunderschönen Momente, draußen im lineup, erinnern und mir immer wieder die Hand reichen, wenn es am denkbar besten dafür ist.

 

 

Ich genieße, wie sich die Strahlen der Sonne auf meiner Haut lümmeln, sie erwärmen und spüre den salzigen Geschmack der Nordsee. Heute lässt sich zwar keine Robbe blicken, dafür darf ich aber zwischen den plötzlich auftauchenden Köpfen der Schwimmer hindurch balancieren und ihre erstaunten Blicke einfangen. Insgesamt blicken mich ihre Augen sehr interessiert und freundlich an. Mit dem Wissen, ein 7,5kg schweres, bewegtes Brett zu fahren, passe ich besonders auf sie auf und hoffe, ihnen ein wenig vom unbekannten Wesen des surfers näher gebracht zu haben. Vielleicht werden sie im nächsten Urlaub selbst das surfen ausprobieren, oder ihren Kindern zu Weihnachten ihr erstes Surfbrett unter den Tannenbaum legen. Wie gerne würde ich dem beiwohnen.

 

 

In mich versunken paddle ich wieder hinaus um mich im lineup auf das nächste set zu konzentrieren. Ich denke wenig nach, versuche nur zu fühlen, wahrzunehmen, wie sich meine Umwelt anfühlt. Das leichte Rauschen der bereits gebrochenen Wellen lässt mich immer wieder die Augen öffnen und mein board Richtung Strand wenden. Mit ein paar wenigen Armzügen beschleunige ich gerade genug, um mich von der ungebrochenen Welle mitnehmen zu lassen. Ich koste eine Sekunde das Gleiten auf der Wasseroberfläche, beuge mich etwas vor um in einem Satz auf das deck zu springen. Sofort turne ich das rail an die Wellenschulter und lasse laufen, nichts tut mehr weh, nur noch dieser eine Moment des gleitens an der Schulter. Dieser eine Moment verzaubert mich so sehr, die Zeit vergeht langsam, ich kann Momente davon einfrieren, fasse langsam in die offene pocket, sehe meine Fingerkuppen durchs Meer gleiten, ein leichter Wiederstand des Wassers zieht feine Spuren in die Wellenschulter. Sie fängt ganz langsam an, sich zu kräuseln und wird bald im seichten Wasser umklappen. Dieser eine ride findet nun sein Ende, der nächste wir bald folgen. Und wieder paddel ich hinaus ins Glück, um dort weiterzumachen, wo ich aufgehört habe...

 

 

In ein paar Wochen geht es mal wieder an den Atlantik. Ich freue mich auf den Besuch dort, freue mich auf das Belza Castle und die frischen Croissants, den angenehmen Duft von Pinienwäldern, das warme Meer und die druckvollen Dünungen aus der fernen, offenen See. Und ich liebe das Gefühl, die Nordsee mit einem warmen Lächeln zu verlassen, ohne mich viel umzudrehen. Denn wir werden uns wiedersehen, ob in meinem Kopfkino oder in echt am Strand, welchen Unterschied macht dies wirklich?

 

Cheers Maik

 

 

Bild von deegee

Danke!

deegee on So, 08/02/2009 - 10:49
Für diesesn herrlich entspannten Bericht! Besser kann man es nicht beschreiben! Viele Grüße
Bild von Franzl

Fein

Franzl on So, 08/02/2009 - 12:27
Vor allem die coolen Fotos, hast du die kamera auf dem Board befestigt? Wie hast du das mit dem Auslöser gemacht? Grüßle aus Hangover. Oh ma, ich könnte auch schon wieder wenn ich das lese. Und Kopfkino ist übrigens ein großer Unterschied zum wahren Leben .... finde ich :o)