Donnerstagmorgen: barfuß und im T-Shirt kletterte ich die Düne rauf um die Wellen am Riff zu checken. Und sofort hatte ich wieder diesen Ohrwurm, der mich bereits seit 4 Tagen begleitete. Ein Song von Ideal aus den frühen Achtzigern mit (ungefähr) folgendem Text:
Melancholie bei dreißig Grad.
Monotonie ohne Palmen,
Ich fahr' nach Cold Hawaii,
wir sind auch dabei.
(Den vollständigen Song kannst du hier hören und sehen)
Da meine Arme noch Spaghetti waren und der Offshore noch etwas zu stark in den gut besetzten Lienup blies, beschloss ich noch etwas zu warten und ein zweites Frühstück einzunehmen. Am späten Vormittag hatte sich dann der Lineup ausgedünnt und der Wind was schwächer geworden. Ich holte mein Longboard aus dem Bus und schlüpfte in den an Land viel zu warmen 5er Neo.
Doch fangen wir erst einmal von vorne an:
Samstag beschloss ich spontan eine Woche Urlaub zu machen. Die Arbeitstage zwischen den Wochenenden und Himmelfahrt würde eh nicht viel los sein und außerdem waren für die Jahreszeit ungewöhnlich solide Swells für den Nordatlantik vorhergesagt in Verbindung mit einer relativ stabilen Hochdrucklage über Dänemark. Gute Voraussetzungen, um endlich mal wieder einen Ausflug in den Süden Norwegens zu machen. Für Sonntag waren dazu für den Norden Dänemarks ziemlich gute Wellen vorhergesagt. Besser gesagt, die diversen Wetterstationen, die ich immer so im Auge habe, ließen mich hoffen, dass es ein langperiodischer Swell nach Thy schaffen könnte und dort auf einen leichten Offshore treffen würde.
Eine gute Gelegenheit, um die lange Fahrt angenehmer zu gestalten. So buchte ich also noch keine Fähre und fuhrt Samstagabend bis kurz nach Holstebro und übernachtete auf einem Parkplatz am Fjord. Sonntagmorgen hatte ich es dann nicht mehr weit bis ins gelobte kalte Hawaii. Obligatorischer erster Stopp war dann Norre. Wie immer bei diesen langperiodischen Miniswells ist nie ganz klar, in was für Wellen sich das letztendlich manifestiert. Von kniehoch bis kopfhoch ist da alles drin. Entsprechend gespannt war ich als ich auf die Düne kletterte um einen ersten Blick auf die Nordsee zu werfen.
Was ich von da oben sah, war recht nahe an dem, was ich mir erhofft hatte. Die Sandbänke vertrugen sich gut mit dem Groundswell und der leichte Offshore half gut mit. Erstaunlich lang laufende, in Sets brusthohe Wellen mit ganz guter Geschwindigkeit brachen vor der Stummelmole. Der sofort aufkommende „rein da“ Reflex wurde allerdings gleich wieder blockiert, denn die wenigen Surfer im Lineup trugen bunte Laibchen und auf der Stummelmole stand ein Zelt. Die Dänen veranstalteten einen Surf Contest.
Nicht weiter schlimm das Ganze, denn ich hatte gesehen, was auf dem Teich los war und wusste, wo ich hin musste. Der Parkplatz bei den Betonhütten war dann weniger voll als erwartet und der Wellencheck löste erneut den „rein da!“ Reflex aus. Dieses Mal folgte ich ihm und paddelte im 6er Neo auf dem Longboard zum Riff raus. Außer mir waren nur ein anderer Surfer und ein stehend paddelnder mit draußen. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Schnell bekam ich dann meine erste, brusthohe Rechte ab und der Tag war bereits ein guter. Beim wieder raus paddeln merkte ich dann, dass meine während meines viermonatigen Wintertrips antrainiert Paddelfitness bereits wieder weitestgehend verflogen war. Kaum wieder draußen rollte aber bereits das nächste Set rein. Ich saß richtig, niemand anderes war in der Nähe und so hatte ich keine Ausrede um nicht sofort wieder eine Welle anzupaddeln. Da war dann wieder eine unspektakuläre aber sehr nette brusthohe Rechte.
Die Session wurde dann wegen der Kombination von Wellenfrequenz, fehlender Konkurrenz um die Wellen und eingeschränkter Paddelfitness nicht allzu lang. Aber es war eine ziemlich gute Session. Zurück am Strand schälte ich mich leicht überhitzt – die Kombination aus gut 25 Grad Lufttemperatur und 7 Grad Wassertemperatur war Neoprentechnisch eine Herausforderung – aus dem dicken Neo und gönnte mir ein Frühstück. Der nächste Check zeigte mir dann, dass ich ein ungewöhnlich gutes Timing gehabt hatte. Im Lineup saßen nun um die 15 Leute und der Wind hatte auf Süd gedreht.
Südwind löst bei mir dann immer den North Shore Check Reflex aus und so rollte ich kurz danach durch schnuckeliges Hafenambiente auf den Parkplatz hinter dem Steindamm. Die Riffplatte hier hatte ich leider erst vor wenigen Jahren für mich entdeckt und noch viel zu wenig gesurft. Zu meinem Entsetzen musste ich nun aber feststellen, dass der Steindamm und sogar der Strand bis zur Wasserlinie mit einem Zaun vollständig abgesperrt war. Da es unwahrscheinlich ist, dass sich hier jemand seine Privatwelle gesichert hat, vermute ich, dass hier in Kürze umfangreichere Bauarbeiten entweder für eine neue Mole oder für ein Windrad beginnen würden. Ich fürchte, dass wir mit „Fakir“ nun viel zu schnell eine der besten Wellen der Gegend verlieren werden.
Ich fuhr dann noch die Feuersteinriffe an, aber der Swell war zu klein, um die Wellen hier richtig zum laufen zu bringen. Blieb bei der derzeitigen Windrichtung nur die Fahrt zurück nach Norre um eine weitere Session abzureißen. Dort war dann vom Contest nichts mehr zu sehen, der Lineup war relativ dünn besiedelt und es schälte sich immer wieder Mal eine langlaufende, bauchnabelhohe Linke über die Sandbank. Diesmal nahm ich den 5er Neo und gleich dicke Booties und natürlich wieder das Longboard. Die Wellen waren dann oft einen Tick zu kraftlos für meine unten recht krumme, auch schon 20 Jahre alte Planke, aber ich hatte ein paar nette Rides.
Danach ging es wieder zurück zu den Bunkern. Ich hatte vor, mich dort auf dem Campingplatz für die Nacht einzuquartieren, fuhr aber natürlich erst einmal wieder an den Strand. Der Südwind war inzwischen vollständig eingeschlafen und entsprechend sauber lief der Swell. Erstaunlicherweise waren am Riff nicht allzu viele Leute draußen obwohl kein Contest mehr die lokalen Ripper anderweitig beschäftigte. Doch die hatten sich für eine andere Spielwiese entschieden, den bis zu kopfhohen Shorebreak ein Stück weiter südlich. Dort stürzten sich um die 15 Leute – die meisten davon jung, beweglich und mit noch intakten schnellen Reflexen – in die in knöcheltiefen Wasser „auslaufenden“ Wellen. Ein paar wenigen gelang es sogar, diese Semi-Closeout tatsächlich zu surfen.
Ich schaute mir das an bis die Sonne unterging. Nach dem Abendessen checkte ich dann noch einmal die Forecasts und beschloss noch keine Fähre zu buchen. Der Montag sah nicht so schlecht aus für Thy.
Am Montagmorgen war dann tatsächlich noch ein kleiner Swell am Laufen. Da der Wind aber bald aus SSW drehte fuhr ich erst einmal wieder an die Mole. Die Sandbank funktionierte immer noch, der Wind kam side-offshore, die Sonne schien und ich gönnte mir eine kleine Longboard Session in hüfthohen Wellen. Den Rest des Tages genoss ich die Sonne und ärgerte mich nur, dass ich keine Short dabei hatte. Zwischendurch checkte ich immer wieder die Forecasts und beschloss dann irgendwann, das mit Norwegen zu canceln. Durch die Abfahrtszeiten der Fähre und die weitere Zeit, die ich auf Norwegens Straßen verbringen würde, ginge mir ein ganzer Tag auf der Straße verloren. Außerdem war für Donnerstag ein mächtiger Nordatlantik Swell mit um die 5 bis 6 Meter bei rund 16 Sekunden Periode vorhergesagt. Der würde zwar auch die Südküste von Norwegen zum Feuern bringen - mehr noch als Thy – aber die Windvorhersage war ungünstig, dazu noch mit viel Regen und einstelligen Temperaturen. Für Thy sah das deutlich besser aus.
Abends ließ dann der SSW-Wind endlich nach und ich fuhr nochmal zu den Bunkern. Hüft- bis Schulterhohe Wellen liefen hier und die See war vollkommen glatt. Gut 20 Leute waren im Lineup aber ich paddelte trotzdem unverzüglich raus. Draußen war die Stimmung trotz der großen Crowd magisch, das Meer absolut glassy und ab und zu lief ein brauchbares Set rein. Wenn es nicht so voll gewesen wäre, wäre es episch gewesen.
Dienstag hatte es dann den ganzen Tag Südostwind und gefühlt 30 Grad. Am Riff liefen relativ konstant hüft- bis brusthohe Wellen und bei meiner ersten Session waren wir zu siebt. Gleich die erste Welle habe ich verkackt und beim nachfolgenden „Waschgang“ riss meine Leash. Nun, das ganze war lediglich ein Waschgängchen und die Leash war schon verdammt alt. Nun wollte ich den dünn besiedelten Lineup nicht so schnell wieder verlassen und beschloss einfach leash-los weiter zu surfen. Mit der Angelschnur am Brett gönnte ich mir dann noch ein paar Rides.
Danach wieder Frühstück, Sonne genießen und die nackten Füße an den Sand gewöhnen. Mittags die nächste Session, wieder mit dem Longboard, wieder nix aufregendes, nur ein bisschen an hüfthohen Wellen entlang cruisen.
Spätnachmittags dann „Pause“ Signale des Körpers ignorieren und nochmal raus. Leider dieses Mal schlecht getimed denn kaum draußen drehte der Wind deutlich auf und ließ das Ganze zu einer Paddeltraining Session ohne vernünftige Wellen werden.
Mittwoch dann wieder Ostwind, Sonne, heiß. Kleiner Restswell ließ ab und zu hüfthohe Wellen über dem Riff brechen. Ideal war wieder in meinem Kopf, Monotonie an der Nordsee, Melancholie bei dreißig Grad. Der Swell war mir zu klein und so gönnte ich meinem Körper – mit kleiner Unterbrechung durch eine Stehsegel Einlage auf Flachwasser – eine Erholungspause. Es sollte ja wieder mehr Swell kommen.
Donnerstag früh dann wie eingangs erwähnt das gleiche Bild: Sonne, Ostwind, warm, wieder etwas mehr Welle. Die Sonne war bereits verschwunden, als ich im Lineup ankam. Wir waren zu sechst da draußen, es hatte wenig Wind und in längeren Abständen aber doch stetig liefen surfbare Sets rein. Das sollten die ersten Ausläufer des großen Nordatlantikswells sein (dessen Peak ich für Freitag erwartete). Es war ein netter entspannter Surf bis aus dem Süden eine dunkle Wolkenwand heranzog und sich in einem Gewitter entlud, das mich mit diversen Blitzen davon überzeugte, jetzt besser an Land zu gehen.
Der Rest des Tages brachte weitere Gewitter, teilweise heftigen Regen und deutlich kühlere Temperaturen. Eher Jahreszeit-typisch das Ganze. Ich verbrachte den Rest des Tages im Van und baute darauf, dass der Swell in den folgenden Tagen ankommen und der Wind mitspielen würde.
Hier geht es zu Teil 2 der Geschichte.
Mehr Bilder gibt es hier zu sehen.
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Erstaunlich schlecht...
Tim on Mo, 05/14/2018 - 11:46... besuchter Nordseeklassiker. Das letzte Mal gab es sowas zu Ostern 2010, wenn ich mich richtig erinnere
hatte Schlimmeres befürchtet
tripmaster on Mo, 05/14/2018 - 14:23insbesondere was die Himmelfahrts Massen betrifft.
Aber der Forecast war halt auch schwer zu übersetzen. Dazu kommt, dass die Dänen bei solchen Bedingungen inzwischen fast vollständig auf andere Spots ausweichen.
Im Lineup am Riff sprach man Deutsch.