Lackierte Zehennägel, die heilige Barbara, Longboard Hüfte, Radon Gas, strippende Holländerinnen, Hinkelsteine.....

Osterferien. 10 Tage Zeit, Reiseziel zum x-ten Mal: Bretagne. Nicht dass mich das gestört hätte, die Region ist einer meiner absoluten Favs in Europa und ein stabile Hochdrucklage - wie so oft in dieser Jahreszeit - versprach sonne und Offshore. Ein paar Falten sollte der Atlantik auch bekommen. Ziel: schnellstmöglich gen Westen. Hoffnung: möglichst wenig Zeit in österlichen Staus.

Gründonnerstag nach der Schule ging es los und zu unserer großen Überraschung kamen wir völlig staufrei bis kurz vor Belgien. Offensichtlich waren die meisten Osterurlauber auf der Nord - Süd Achse unterwegs, gen Westen wollte kaum einer. Nur in der Normandie wurden wir eingebremst, da hier die französischen Osterflüchtlinge auf der Strecke Paris - Caen die Straßen verstopften. Irgenwann in der Karfreitag Nacht gaben wir auf, suchten uns einen Platz zum Schlafen.

Ostersamstag:

Frühmorgens machten wir uns auf den Weg und schafften es enspannt die letzten 300km bis zur Halbinsel Quiberon zurück zu legen. Am frühen Nachmittag rollten wir am Strand der heiligen Barbara ein. Die Sonne schien, der Wind fächelte offshore und ich wusch mir den Staub der Fahrt bei einer ersten Session in spaßigen Atlantikwellen vom Körper. Auch wenn ich nicht viel gerissen habe - der Körper war von der langen winterlichen Surfabsenz doch noch ziemlich eingerostet - war es super schön, mal wieder in relativ glasigen und relativ warmen Salzwasser mit ein paar Falten rumzupaddeln und ein bisschen zu rutschen.

Ostersonntag:

Early Morning Check: 50 Meter zum Strand gelaufen, ein leichtes schon etwas wärmendes Lüftchen im Rücken. Der prognostizierte Osterswell war angekommen, kopfhohe Sets liefen rein und brachen an mehreren Peaks als nette, sauber Beachbreakwellen. Es war noch relativ leer. Ich holte gleich mein "ich bin nicht fit" Kompromissbrett für solche Wellen, das gute alte 7,3er Northshore Fuerte Brett. Draußen stellte ich dann fest, dass meine Arm- und Schultermuskulatur sich über den Winter so weit zurück gebildet hatte, dass selbst das Kompromissbrett etwas zu wenig Eigenauftrieb hatte. Aber der Tag war ja noch lang. Nach einem klassischen französischen Frühstück paddelte ich dann doch das Longboard zu einer Mittagssession bei besserem Tidenstand raus und hatte ein paar nette Wellen.

Es folgte ein Kick mit meiner Tochter am Strand, der mir diverse schmerzende Gelenke bescherte (schnelle Antritte auf feuchtem Sand waren meine alten Knochen gar nicht mehr gewöhnt).

Danach radelten wir ein bisschen in der Gegend rum und checkten ein paar der alten Häuser in der Gegend ab. In den über 20 Jahren, die ich jetzt schon hier her komme, hatte sich ja baumäßig einiges hier getan und Unmengen von Ferienhäusern hatten die kleinen Dörfer wie ein Krebsgeschwür wuchern lassen. Umso schwerer war zu verstehen, warum dazwischen immer wieder teilweise wunderschöne Steinhäuser zu finden waren, die offensichtlich schon lange leer standen und langsam verfielen. Eines dieser Häuser hatten wir seit unserem letzten Trip im Auge. Diesmal trafen wir auf dem Nachbargrundstück jemanden an und fragten nach, wer denn der Besitzer dieses Schmuckstücks sei. Wir erfuhren dann, dass das einer der Großbauern der Gegend sei, dass ihm noch ein anderes der alten Gebäude gehörte und dass er partout nicht verkaufen will. Später fanden wir dann heraus, dass sowas öfter vorkommt in der Gegend und dass es auch einen Grund gibt, warum so viele dieser alten Häuser leer stehen.

Aus dem Granituntergrund der Bretagne strömt nämlich Radon Gas aus, dass auf Dauer nicht ganz so gesund ist. Neuere Gebäude haben daher eine Abdichtung und eine  Filterschicht, über die das Gas seitlich am Haus vorbei geleitet wird, so dass die Wohnräume nicht belastet werden. Die alten Gebäude haben so was nicht und es ist extrem aufwändig, die Abdichtung nachträglich herzustellen. Nach diesen Erkenntnissen legten wir unsere eh recht vagen Pläne, uns hier eine kleine Hütte zu kaufen, ad acta.

Nachmittags kam dann Jörg mit seinen Frauen an und es war Zeit, noch Mal nass zu werden. Mein Timing bei dieser dritten Session des Tages war perfekt, denn als ich mit dem Sonnenuntergang das Wasser verließ und zurück zu unserem Camp kam, wurde mein eh schon dickes Grinsen noch breiter, als mir der Duft von gerade fertig gegrilltem Fleisch in die Nase stieg.

Ostermontag:

Der Morgen begann wie der gestrige, leichter Offshore, Sonne, bis zu kopfhohe Wellen und eine erste Longboardsession vor dem Frühstück.

Mittags dann wieder mit dem Longboard raus, zwischen den sehr voll besetzten Peaks positioniert und ein paar der dazwischen brechenden Wellen abgestaubt. Insgesamt war es dank der Osterferien, die auch verdammt viele Franzosen für Strandbesuche nutzten, verdammt voll in der Gegend. Der Strand zieht sich hier über mehrere Kilometer hin, aber man musste schon ein Stück weit gehen, um ein bisschen Platz auf dem Wasser zu finden. 

Danach wieder ein Fußball Match, diesmal Bayern (Jörg und ich) gegen St. Pauli (die drei Mädls). Ergebnis 10 : 9, trotz der nicht vollständig unparteiischen Schiedsrichterin.

Da die Wellen immer noch liefen gönnte ich mir danach noch eine Session. Um mein inzwischen wieder aufgetretenes Longboardhüftensyndrom - wenn ich längere Zeit auf dem breiten Teil sitze überfordert das mein rechtes Hüftgelenk, spür das heute = 2 Wochen später noch - einzudämmen, nahm ich den Fish. War noch ganz nett, aber ich muss doch endlich anfangen Joga zu machen.......

Dienstag:

Dawn - oder fast Dawn - Patrol: Welle war noch da, aber die Tide passte nicht. Außerdem hatte ich tierische Rückenschmerzen. 2 Tage á 3 Sessions waren für den Anfagn doch etwas viel gewesen. Also erst Mal frühstücken.  Danach war es dann doch mal Zeit für eine Dusche. Der Campingplatz um die Ecke weigerte sich, Tagesduschgäste aufzunehmen. So mussten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Ort zum Shower Crashing machen. Früher bot sich für so etwas ja immer der nächstgelegene Jachthafen an. Seitdem die aber alle auch ein Codesystem an den Türen umgestellt haben, ist das schwierig geworden. Trotzdem versuchten wir es in Carnac Plage und stießen dabei schnell auf eine Segelschule. Mein in Jahrzehnten des Grass Roots Traveln geschulter Instinkt sagte mir, dass ich da mal genauer hinschaun sollte. Bingo, in dem Gebäude befand sich ein üppiger Umkleide- und Duschbereich. Wir griffen uns unsere Utensilien, versuchten wir Segler zu kucken und marschierten unauffällig da rein, um die Salzwasserkrusten auf der Haut mit ordentlich Süßwasser abzuspülen.

Danach ging´s nach Zwischenstop im Supermarkt wieder an den Strand. Die Tide passte inzwischen, mein Rücken hatte sich etwas erholt und es war Zeit, wieder eine Salzpackung aufzulegen. Jörg und ich fanden einen Peak für uns allein und hatten für eine gute Stunde wunderschöne bauchnabelhohe A-Frame Wellen, die unseren Wellen Acount deutlich nach oben drückten.

Beim Abendessen hatten wir dann noch ein Erlebnis der besonderen Art. Wir hatten im Schutz der Vans unsere Tischreihe aufgebaut und waren ordentlich am Tafeln, als eine Holländerin am Nachbarvan die Sichtachsen falsch einschätzte. Im Glauben hinter ihrem Bus von allen Blicken verborgen zu sein wollte sie gerade ihr knackiges Popöchen von der Short befreien, bemerkte dann aber im letzten Moment, dass sie das genau vor den Augen unserer versammelten Gesellschaft tat. Brüllendes Gelächter allerseits aber von mir aus hätte sie sich nicht so genieren müssen....

Mittwoch:

Morgendlicher Wellencheck: inzwischen sehr klein, mit sehr kräftigem Offshore. Tide passte auch nicht. Wir beschlossen einen Kinder- und SUPpenschüssel Strandtag an einem Beach in der Baié de Quiberon zu machen. Flaches Wasser, Inseln, schöner Sandstrand, keine Wellen. Die Mädls hatten Spaß beim Gondoliere spielen auf Jörgs SUPpenschüssel, aber gegen Abend zog es mich wieder an einen Strand mit Chance auf Wellen. Dort angekommen musste ich feststellen, dass die Morgens / Abends Surfstrategie bei zu starkem Offshore nicht funktioniert. Durch die zu diesen Tageszeiten einsetzende Land-See-Thermik wurde nämlich der vorherrschende ablandige Wind nochmals verstärkt, mit der Folge, dass der Mini Swell völlig platt gedrückt wurde. Anstatt eines Abend Surfs gab es dann noch einen kleinen Ausflug zu meinen Lieblings - Menhiren in Erdeven. Das Licht war großartig und die Magie des Orts war ungebrochen.

Dadurch inspieriert hielt ich später Jörgs Mädls noch einen Vortrag über die gesundheitlichen und kulturellen Gefahren von lackierten Zehennägeln.

Donnerstag:

Strandtag mit optimierter Wellenstrategie. Der Swell war winzig, doch diesmal warteten wir, bis die mittägliche See - Land Thermik den offshore abschwächte und hatten einen Spaß Surf in knie- bis hüfthohen Wellchen. Das Ganze übrigens wie die Tage zuvor bei strahlendem Sonnenschein und Lufttemperaturen in den mittleren Zwanzigern.

Die Kappelner Bande machte sich dann auf den Rückweg in die Heimat während wir noch einen alten Kumpel besuchten und ein schönes Barbecue hatten.

Freitag:

Morgendlicher Wellencheck: miniscule, keine Sonne, relativ kühl.

Zeit die Rückreise anzutreten mit der Erkenntnis, dass weniger machmal auch nicht so schlecht ist. Wir hatten uns in der Woche kaum von unserem Strand weg bewegt, nicht ein einziges Mal die Cote Sauvage aufgesucht, die in der Regel noch bessere Wellen, dafür aber auch mehr Crowds hat, und den wellentechnisch, landschaftlich und kulturell wesentlich spannenderen nördlichen Teil der Bretagne ganz ausgelassen. Dafür gab´s super entspannte Strandtage und viel Wellenzeit, wenn auch fast "nur" mit dem Longboard.

Ein paar mehr Bilder gibt´s hier zu sehen.

Bild von Franzl

alte Erinnerungen ...

Franzl on Mo, 05/09/2011 - 16:42
ach.... schön mal wieder von der bretagne zu hören, für mich auch immer noch ein Favorit ... allerdings dann mehr der westen ... ich weiss noch wie ich mit Helene , die hinten im Bus die gesamten Biervorräte austrank während ich von einem Spot zum anderen fuhr um Wellen zu checken, als wir oder eher gesagt ich mich entschieden hatte, war mit Helensche nicht mehr viel los :-)
Bild von Da Johnnie

schöner Bericht Tom!! War

Da Johnnie on Mo, 05/09/2011 - 12:43
schöner Bericht Tom!! War ebenfalls in der bretagne - etwas nördlicher als Du- und kann von ähnlichen surferfahrungen berichten. War das erste Mal in der Gegend und bin begeistert:-))
Bild von tripmaster

wo genau warst Du denn?

tripmaster on Mo, 05/09/2011 - 18:24

La Torche? Crozon??
Muss noch eine Ecke größer gewesen sein da oben. Freut mich dass Du auch zum afficionado geworden bist!

Bild von Da Johnnie

jaa, war in crozon und die

Da Johnnie on Di, 05/10/2011 - 17:19
jaa, war in crozon und die wellen waren echt gut! La Torche waren wir nicht-waren sehr fahrfaul und haben uns tagein tagaus in La pal in die Fluten gestürzt...aber wie Du schreibst, die Gegend mit den ganzen Hinkelsteinen und aus jenen erbauten Häusern is der Hammer! War nur ne Woche oben, von daher kann ich mit afficinado noch nix anfangen!? jetzt muss die Gegend wohl mal über Silvester bereist werden..
Bild von tripmaster

ahhh, Sylvester!

tripmaster on Di, 05/10/2011 - 17:32

gute Idee! wüsste da ein nettes Häuschen gleich oberhalb von Lost Marc´h.
muss man zum Surf Check nur vor die Tür gehen.

Bild von Da Johnnie

das ja cool, Tom! Perfekter

Da Johnnie on Mi, 05/11/2011 - 16:51
das ja cool, Tom! Perfekter Ort für ne Hütte direkt an nem coolen Break-lass das doch mal im Auge behalten und mal schauen, wer auf so einen Trip Lust hätte-ich wäre gern dabei!!
Bild von Da Johnnie

schöner Bericht Tom!! War

Da Johnnie on Mo, 05/09/2011 - 12:43
schöner Bericht Tom!! War ebenfalls in der bretagne - etwas nördlicher als Du- und kann von ähnlichen surferfahrungen berichten. War das erste Mal in der Gegend und bin begeistert:-))