Nachdem ich die letzten drei Wochen mehr oder weniger durchgearbeitet hatte, brauchte ich dringend ein paar Wellen. Seit Anfang der Woche hatte ich da einen Swell im Auge der sich von Neufundland aus auf den Weg Richtung Osten gemacht hatte. Die chancen standen gut, dass er es bis an Dänemarks Nordseeküste schaffen würde. Dazu sollte noch ein beständiger Ostwind wehen.
Also beobachtete ich die Aufregung um das sich für das Wochenende abzeichnende Ostwindgeschwabbel an unserer baltischen Küste mit einem inneren Grinsen und freute mich auf leere lineups in Dänemark. Nach meinen Berechnungen sollte der Swell ab Samstag dort eintreffen und alle Vorhersageseiten zeigten für das Wochenende nur Windwelle aus Ost und in der westlichen Nordsee einen recht starken Ost-Südostwind . Allerdings sollte Samstag und Sonntag westlich von Schottland ein knackiger Südwestwind blasen, der auch ordentlich Windswell produzieren sollte. Im Dreieck Schottland, Island und Norwegen würden zu der Zeit drei kräftige Swells aus ganz verschiedenen Richtungen aufeinander treffen, was zu recht ulkigen Ergebnissen der Modellrechnungen für den signifikanten Swell führte. Was mich nun wieder unsicher machte, ob Samstag wirklich was in Dänemark gehen würde.
Die Prognose für Montag war aber recht eindeutig, so dass ich mich entschloss, den Samstag der Arbeit zu widmen und den Montag mitzunehmen. Mein Plan für die Abfahrt Sonntag morgen wurde gefestigt durch eine Spektralanalyse, die ab Sonntag Mittag das Eintreffen eines groundswells aus West mit sensationeller 16 Sekunden Periode vorhersagte.
Also cruiste ich am Sonntag relativ entspannt gen Norden und war gegen 13 Uhr – exakt der Uhrzeit, zu der der Grundschwell eintreffen sollte – am Ortseingang von Hvide Sande. Eigentlich wollte ich hier nur durchfahren um direkt zu meiner geliebten Höfte Q zu kommen. Da ich eh´ pissen musste haute ich aber dann doch einen Schlenker rein und fuhr zum Strand. Die Fahnen wurden von einer leichten Brise in die richtige Richtung gehalten und mit Spannung ging ich zum Strand. Dort sah ich eine spiegelglatte Nordsee, die hin und wieder durch ein paar saubere knöchelhohe Sets gekräuselt wurde. Ich mein, dass war definitiv ein groundswell, aber die „Höhe“ der Wellen ließ dann doch etwas zu wünschen übrig. Naja dachte ich mir, hat er sich halt verspätet der Geisterswell, stieg wieder in´s Auto und fuhr weiter. An der Höfte Q angekommen bot sich mir aber das gleiche Bild.
Also vertagte ich meine Hoffnungen auf später und machte erst mal ein Nickerchen. Danach räumte ich zwecks gutem Karma erst mal ein paar leere Bierdosen weg, die ein paar lokale Prolls in klassischer Manier aus dem Auto geworfen hatten, in dem sie den Nachmittag Bier trinkend und laute Musik hörend am Strandparkplatz verbracht hatten. Der Teich war immer noch platt und ich beschloss noch einmal die Vorhersagen zu checken. Dabei kam ich ungewollt auf einen Button der zu einer Seite führte, auf der die Spektralvorhersage erläuter wurde. Dort las ich, dass die Vorhersage für einen virtuellen Ort rund 200 Meilen vor der Küste galt, und dass es 8 bis 12 Stunden dauern konnte, bis der Swell an der Küste ankommen würde. Da der Ort, für den ich die Vorhersage checkte noch ein Stück weiter im Norden lag, rechnete ich einmal kurz hoch, wann der Swell bei mir ankommen könnte. Vor Montag morgen würde da nix gehen.
O. k., fuhr ich halt nach Lemvig und gönnte ich mir eine Pizza zum Abendessen. Danach ging´s früh ins Bett um den immer noch akuten Schlafmangel der vergangenen drei Wochen auszugleichen und Montag früh auf den Beinen zu sein.
Montag morgen um halb acht checkte ich dann gut ausgeschlafen die Wellen. Immer noch verdammt klein. Aber während mein Kaffee kochte meinte ich ein größeres Set auszumachen. Und dann noch eins. Der Swell wurde definitiv größer. Wobei das bedeutete, dass nun Sets mit 2 bis 3 Füßen rein rollten. Irgendwann beschloss ich dann einfach jetzt mit dem longboard rauszupaddeln. Da die Sandbank bei meiner geliebten Kuh immer noch nicht aus dem Urlaub zurück ist, paddelte ich bei der Peh raus. Oder besser: latschte in einer Setpause in den lineup. Dort kam doch dann tatsächlich gleich ein Wellchen an, dass genug Kraft hatte, meine knapp 80 Kilo samt longie mitzunehmen. Wie an der Peh üblich hatte die Welle selbst bei dieser geringen Größe recht ordentlichen speed und ich konnte halbwegs berechtigt notieren, dass ich endlich meine erste Welle an dem Tag gesurft bin. Nach einer gut 15 minütigen Pause kam das nächste Set rein, das dann sogar eine bauchnabelhohe Welle produzierte, die dann aber gleich so schnell war, dass ich nach einem turn im closeout hing. Gleich danach noch eine ähnliche Welle, bei der ich dann aber in einen fiesen backwash rauschte. Danach 30 Minuten lang nix. Mit dem auflaufenden Wasser war auch keine wesentliche Besserung zu erwarten, also zog ich um zur O, bei der ich vom Wasser aus was laufen gesehen hatte. Dort hatte der Bach eine super shallow Sandbank angespült, über die sich ein kleines, wohlgeformtes Biest schälte, das unheimlich hart und schnell saugte. Nicht, dass mich sowas nicht anmachen würde, aber mit meinem langen Teil war ich nicht beweglich genug und schlug ein paar Mal unsanft im knöcheltiefen Wasser der Sandbank auf.
Für das kleine Brett waren die hüfthohen Hügel nicht ausreichend und so konnte ich mir nur ausmalen, wie die Bank wohl bei größeren Wellen abgehen würde. Da ich nun bereits gut 2 1/2 Stunden im Wasser war, beschloss ich eine Pause zu machen.
Die Wellen legten nun noch etwas zu und es liefen deutlich regelmäßiger saubere lines rein. Leider konnten die Sandbänke hier aber nicht wirklich viel mit der Swellrichtung anfangen. Ich überlegte kurz, ob ich noch zum langen Haus fahren sollte, beschloss dann aber erst mal bei den Transen vorbei zu schauen. Aber auch hier das gleiche Bild: die im 45 Grad Winkel reinlaufenden lines trafen auf unpassende Sandbänke. Langsam wurde ich nervös. Eine zweite Session musste dringend her. Der leichte Ostwind eröffnete unzählige Optionen. Entlang der Küste konnte überall eine passende Sandbank liegen. Dumm nur, dass solche Bedingungen so selten sind und man selten die Gelegenheit hat, was Neues zu suchen. Ich entschied mich, zum westlichen Hafen zu fahren, um zu sehen, ob die von den Stahlhelmlern vor etwas über 60 Jahren aufgebauten grauen Kunstobjekte etwas brauchbares mit dem Schwell anstellen würden. Den spot habe ich schon seit Jahren im Hinterkopf und entsprechend eilig hatte ich es, da hin zu kommen, was zu einem kleinen Drift auf der Schotterpiste führte. Beim Blick über die Düne dann das erwartete Bild: etwas rechts lief eine Welle, die ein bisschen auf La Piste machte, weiter links brach eine Art Slab über einem knapp unter der Wasseroberfläche liegendem Betonriff. Leider war der Swell zu klein.
Letzte Hoffnung Hvide Sande. Am Parkplatz fiel mir als erstes ein etwas fischiger Geruch auf. Die werden doch nicht etwa….
Tatsächlich, die Pumpe war am laufen und spülte frischen Schlick ins Wasser. Die jungfräuliche Sandbank war auch bereits von 4 Surfern in Beschlag genommen, die dicht gedrängt am vermuteten takeoff spot saßen. Nach einiger Zeit lief dann ein hüfthohes Set rein und produzierte zusammen mit der neuen Sandbank eine überraschend lang laufende super cleane Welle. Die Jungs teilten sich die nach links und rechts brechenden Beauties und waren trotz der geringen Höhe der Welle sogar mit dem fish gut unterwegs. Im Nullkommanix hatte ich den Neo an, paddelte raus und platzierte mich höflich erst mal etwas hinter dem takeoff spot. Schnell kam ich mit den verbliebenen 3 Dänen in´s Gespräch und hörte, dass es bis vor kurzem noch deutlich besser war und regelmäßig hüfthohe Wellen reingelaufen waren. You should have been here…..
Nach gut einer Viertelstunde kam das nächste Set rein, ich ließ den Jungs den Vorzug und griff mir dann die vierte der 5 Setwellen. Sie reichte mir knapp bis an den Allerwertesten, hatte aber überraschend viel Druck und bescherte mir einen entspannten longboard cruise. Die Crowd reduzierte sich bald auf einen Dänen auf einem Kurzbrett und mich. Zumindest was die Surfer betrifft. Denn etwas außerhalb tauchte nun Robby die Robbe auf, um sich in seinen Fresspausen unser Treiben anzukucken. In der Hafeneinfahrt zeigte sich immer wieder ein Delfin, der sich ebenfalls an dem durch die Sandspülung üppigen Nahrungsangebot unter Wasser bediente.
Bald fand ich heraus, dass immer dann wenn Robbie auftauchte, seinen Hals reckte und zu uns rüber guckte, ein Set im Anmarsch war. Das teilte ich mir dann mit dem Dänen, er nahm die Linke und ich die Rechte. In den langen Setpausen war Zeit um zu quatschen und auch mal zu den Viechern außerhalb des lineups rauszupaddeln.
Irgendwann waren die Wellen dann fast vollständig verschwunden, der Horizont nahm ein kitschiges Rot an und ich beschloss, dass es an der Zeit sei nach Hause zu fahren.
Und hier gibbet noch ein paar meer Bilder
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wunderbare Fotos!
Franzl on So, 09/21/2008 - 22:02nope
tripmaster on Mo, 09/22/2008 - 10:21das ist der Hafen von Lemvig. Sehr schönes Städtchen!
sehr schöne geschichte!
Leif on Fr, 09/19/2008 - 13:57