Grob betrachtet und tendenziell gesehen gibt es zwei Unterscheidungskriterien, die einen typischen Sommersurf von einem guten Wintersurf an der dänischen Nordseeküste abgrenzen. Während im Winter die Atlantikswells in mehr oder weniger abgeschwächter Form, dafür aber großflächig, mit wenig, gar keinem oder ablandigen Wind auf die Küste treffen, entstehen die surfbaren Sommerwellen häufig erst in unmittelbarer Nähe der Küste, wo sie dann in Verbindung mit viel Wind aus der gleichen Richtung hochfrequent und ungeordnet ankommen.
Während er im Winter häufig schon eine Woche im Voraus mögliche Swells und die entsprechenden Swellfenster an der Küste gut ausmachen kann, ist der gemeine Nordsurfer im Rahmen seiner Wochenendvorbereitung in den Sommermonaten viel am planen und regelmäßig gezwungen, auch spontan umzuplanen. Oft stehen ihm nur sehr kleine Zeitfenster zur Verfügung, in denen er an bestimmten Stellen Sahnebedingungen findet, während ein paar Kilometer weiter das allseits bekannte Onshore-Gemosche vorherrscht.
Die Eisheiligen waren dieses Jahr pünktlich und es gefiel ihnen dermaßen gut im nördlichen Mitteleuropa, dass sie gleich die eine oder andere Woche dranhingen. Nicht nur polare Kaltluft sorgte (nicht nur…) am Strand für Gänsehautfeeling, die Mitreisenden auf offener See hatten es diesmal auch faustdick hinter den Ohren.
Zwei für die Jahreszeit überdurchschnittlich gute aber leider auch überaus arbeitnehmerunfreundliche Swells schälten sich bereits am Montag und Dienstag bis an die dänische Küste. Der Montag gehörte Jabba, der mich abends noch völlig stoked anrief und von überkopfhohen Endlos-Lefthandern bei ablandigem Wind an einem nicht weiter erwähnten Spot schwärmte. Tags darauf freute sich Tom über amtlichen Nordswell bei fast gar keinem Wind an der Westküste.
Die Tage darauf sollten nicht ganz so sehr von Swell geprägt sein, sondern setzten eher eine gute Kenntnis des Windverlaufes, rechtzeitiges Erscheinen und eine gute Spotwahl voraus. Vor allem der Mittwoch sollte aus meteorologischer Sicht hochinteressant werden. Ein kleines und unscheinbares Tief über dem Norden Dänemarks trennte auf sehr engem Raum eine immer kleiner werdende windstille Zone im Norden und Nordwesten von einem Windfeld, das die Wasseroberfläche der Nordsee mit 30 Knoten im Mittel von Nordwesten her ziemlich faltig machte.
Und so fuhr ich am Mittwoch bei einem soliden Nordwestwind von zuhause los. Bei Herning legte er nochmal richtig zu und schüttelte mein Gefährt ordentlich durch. Hinter Struer wurde ich langsam etwas nervös, als dort die lokalen Windräder immer noch fleißig den Nordwestwind in alternativen Strom umwandelten. Der Fjord jedoch präsentierte sich bereits ohne Schaumkronen auf dem Wasser, und schon bald sah ich in Fahrtrichtung die ersten Windräder stillstehen oder wie sie sich lustlos zu einem leichten Südostwind bewegten. Ok, dachte ich, die Windkante war doch schon ziemlich weit fortgeschritten und lag etwa 20 Kilometer nördlicher als von den gängigen Wettermodellen vorhergesagt. Wenn ich also noch glassy Bedingungen haben wollte, war schnelles Handeln angezeigt. Noch ein Brikett nachgelegt, kam ich etwa fünf Minuten vor der berechneten Zeit in das Fischerörtchen mit der langen Mole und zog mich sofort um. Das Kamera-Equipment blieb aus Zeitgründen unangetastet.
Die Bedingungen waren sehr speziell und ließen mich nach der ersten gesurften Welle zu der Annahme kommen, dass in etwa so diverse Ostseespots aussehen müssten wenn man dort plötzlich den stark auflandigen Wind abdreht – ungefilterte Windwelle ziemlich hochfrequent und erstaunlich ungeordnet, nur ohne Wind und ohne Massenauflauf, mal was neues… Als etwa zwei Stunden später innerhalb weniger Minuten das Nordwestgebläse von Null auf gute sechs Beaufort aufdrehte, hatte ich „endlich“ auch den passenden Wind zur Welle und beendete die Session.
Ein paar Kilometer weiter nördlich brauchte der Wind noch ein ganzes Weilchen, bis er auch dort nach einem intensiven Regenschauer endgültig auf Nordwest drehte und den blanken Hans zum Vorschein kommen ließ.
Am Folgetag war bei mir Wellness angesagt. Jens und Bernd amüsierten sich beim Windurfen bzw. Kiten, während ich lieber faul im Auto rumlungerte und alle Stunden über die Düne schaute.
Da der Wind von Süden her allmählich wieder nachlassen sollte, entschieden wir uns für die Westküste. Nach einer kurzen Kontaktaufnahme mit dem Umfeld war klar, dass wir nicht zu einem Ex-Secret-Spot fahren würden, an dem angeblich bereits über 50 Wohnmobile stehen sollten. Wir investierten lieber etwas Diesel, und fuhren auf einen verlassenen Strandparkplatz. Ein kurzer Blick über die Düne, und wir sahen schöne, lange und vor allem ungesurfte Righthander bei einem kaum spürbaren Wind. Unsere Gruppe war mittlerweile komplett, so dass wir kurze Zeit später mit vier Leuten richtig viel Spaß hatten.
Mit dem Wind nahm auch sehr schnell die Peakgröße ab. Übrig blieb der reine Nordswell, oder war es bereits wieder der Nordwestswell??? Wie auch immer, klein aber sehr fein und selbst zu Himmelfahrt nicht voll. So soll das sein!
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sauber gescored!
tripmaster on Mo, 05/21/2012 - 10:09dabei hilft es natürlich, wenn man mit entsprechendem Sachverstand an der Quelle sitzt ;=)