Die einen lieben es, die anderen würden es am liebsten verbieten. Fakt ist, das SUPpen hat sich in den letzten Jahren auch in der Nordsurfszene etabliert, wird immer populärer und ist dort mittlerweile kaum noch wegzudenken.
Stehparty an einem der Muschelriffe von Thy
Wie viele andere Leute hab auch ich das SUPpen an hiesigen Nordsurfspots anfänglich belächelt, später schlichtweg als Fremdkörper angesehen. Seit meiner Knöchelverletzung jedoch hat es für mich plötzlich einen völlig anderen Stellenwert eingenommen.
Ich wollte so schnell wie möglich wieder aufs Brett, musste aber einsehen, dass „so schnell wie möglich“ realistisch gesehen einen Zeitraum von etwa vier bis sechs Monaten umfasst. Bis man wieder dort ist, wo man aufgehört hat, können Jahre vergehen. Wenn man Pech hat, kommt man nie wieder dorthin.
Robo-Tim
Nachdem man das erst einmal akzeptiert hat, findet man sich (nicht nur…) körperlich ganz unten wieder und darf nach einer gewissen Zeit der Ruhe komplett von vorne anfangen – ein langer und harter Weg.
Ständige Wegbegleiter in den ersten zwei Monaten
Etwa drei Monate nach dem Unfall konnte ich wieder einigermaßen normal gehen. Jedoch fehlte es dem rechten Fuß samt dem kompletten restlichen Bein an Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer und vor allem an Gleichgewicht. Zudem zickte aufgrund der lang andauernden einseitigen Belastung der Rücken. Surfen spielte sich ausschließlich in meinem Kopf ab. Die Übungen bei der Krankengymnastik wurden immer anspruchsvoller. Mein Wohnzimmer war schon längst zu einem Fitnessstudio umfunktioniert, an Takeoffs, Crosssteps, Noserides, Dropkneeturns, … im Grunde an allem, was das Surfen für mich ausmacht, war nicht einmal ansatzweise zu denken. Also kam ich auf die Idee, selbst etwas zu tun.
Physiotherapie mal anders - oder... man ist halt keine 35 mehr...
Für kleines Geld rettete ich ein angestaubtes und ziemlich ramponiertes Anfänger-SUP vor dem sicheren Surfschultod. Ich wählte einen windstillen und sonnigen Tag, an dem die heimischen Gewässer still und starr vor sich hin ruhten und wässerte das gute Stück an einem bekannten Ostseestrand. Es funktionierte und die Freude über den Teilerfolg war unermesslich! Leider kam mir Väterchen Frost vom Timing her etwas ungünstig dazwischen, verwandelte die Ostsee in Slushice, aber nach drei Wochen war auch dieser Spuk vorbei.
330cm müssen aufs Dach
Vier Monate nach dem Unfall: Nun war es an der Zeit, den Level etwas zu steigern. Das Wochenende zuvor hatte ich bereits mit meinem alten Minimalibu im Kneeboarderstyle erste Tuchfühlung mit richtigen Wellen aufgenommen, und diverse Sandbänke und Riffe in der Umgebung gecheckt. Nun war auch die Vorhersage für dieses Wochenende entsprechend gut: Nordwestswell mit einem bis zwei Füßen an der Küste von Thy, dazu ein leichter Ost- bis Südostwind. Wann, wenn nicht jetzt?
Ideale Bedingungen fürs therapeutische SUPpen?
Am Spot meiner Wahl, fernab jeglicher Zivilisation und Infrastruktur, quasi irgendwo im Nirgendwo wässerte ich das SUP. Dieses Mal war das Wasser nicht glatt wie ein Spiegel. Dünungswellen kamen von schräg links, während der Wind schräg ablandig von rechts seinerseits die Wasseroberfläche leicht anraute.
Kurze Wege zum Strand, aber erstmal `n Tass Kaff
Schnell kam ich an meine physischen Grenzen. Was auf spiegelglattem Wasser noch problemlos klappte, entpuppte sich hier fast als „mission impossible“. Alleine bis ich den äußeren Peak erreichte, fiel ich gefühlte zehn Mal rein – zum Glück gab es hier außer ein paar Lachmöwen kein Publikum.
Geschafft!!!
Die Hartnäckigkeit wurde belohnt. Gleich die erste Welle, die ich anruderte, blieb unter mir grün, und – was ganz wichtig war – ich blieb auf dem Board stehen! Auch wenn das Gleichgewicht und die Beweglichkeit immer noch zu wünschen übrig ließen, das Brettgefühl war immer noch da. 25 Jahre Surfbretterfahrung gehen nicht so einfach verloren.
Zwei mal zwei Stunden SUPpen waren an einem Tag dann doch etwas viel und ließen den lädierten Knöchel wieder mal anschwellen. Immerhin spürte ich nach mehr als vier Monaten wieder den „Stoke“ in mir – darauf lässt sich aufbauen. Ich fiebere dem Tag entgegen, an dem ich das SUP wieder gegen den Noserider tauschen kann. Lange wird es nicht mehr dauern.
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hey man, gute besserung und
leiferikson on Mo, 03/05/2012 - 10:19