Anfangs war ich etwas skeptisch. Eigentlich war ich es gewohnt, mir Spots mit ablandigem Wind zu suchen und wurde innerhalb meines ehemaligen Aktionsradius auch meistens fündig. Nun war aber eine steife Brise aus Nordwest angesagt, und da wird es für die holländische Nordseeküste echt schwierig. Die einzige Chance sah ich an einem der nicht ganz so zahlreichen Molenspots.
Die holländische Küste war bis auf ein paar wenige kniehohe Tage seit Wochen flach wie ein Ententeich. Entsprechend heiß waren die unzähligen üblichen Verdächtigen. Seit Tagen verfolgte ich die Vorfreude in den einschlägigen holländischen Internetforen. Crowdfreie Qualitätswellen an diesem Wochenende vor Holland zu finden, konnte ich mir sowas von abschminken.
Also fuhr ich schnurstracks dorthin, wo niemand wirklich damit rechnete, dass es leer sein könnte. Frühes Erscheinen sichert bekanntlich die besten Plätze. Also bunkerte ich mir in guter alter deutscher Touristenmanier noch vor Sonnenaufgang einen der wenigen kostenfreien Parkplätze am Stadtstrand von Den Haag und legte mich wieder hin.
Als ich zum zweiten Mal wach wurde, war es bereits nach neun Uhr. Eigentlich hatte ich zu dieser Zeit schon mindestens 50 Leute im Lineup erwartet und dass mein Auto mittlerweile gnadenlos zugeparkt war, aber weit gefehlt. Nach wie vor war mein Auto das einzige Vehikel auf dem kostenfreien Parkstreifen, und am Strand wärmten sich gerade mal zwei Surfer auf.
Der Wind war erwartungsgemäß komplett auflandig und es war Niedrigwasser. Es sah schlimm aus, so schlimm, dass ich nicht einmal ein Foto davon machen wollte. Irgendjemand sagte mal zu mir, dass man dort am besten nicht bei Vollebbe surfen geht - als erst einmal frühstücken und abwarten. Bei Midtide wollte ich einen weiteren Blick in Richtung Wasser wagen.
Ein drittes Mal wurde ich wach - diesmal von Motorengeräuschen parkplatzsuchender Fahrzeuge, sowie von Fußgängern, die etwa einen halben Meter vom Kopfende meines Bettes entfernt standen, und laut in einer mir weitgehend unverständlichen Sprache kommunizierten. Das Ganze wurde garniert vom Lärm spielender Kinder. Mittlerweile war es elf Uhr und „endlich“ war der Strand voller Leute und Parkplatz voller Autos.
Im Wasser tummelten sich ebenfalls schon zahlreiche Surfer. Viel besser als vorhin sahen die Wellen nicht aus. Tja, und leerer würde es sicherlich auch nicht werden, also zog ich meinen Winterneoprenanzug an, schnappte mir mein 9‘0er BIC und ging ins Wasser.
Direkt an der Mole zog die Strömung spürbar hinaus, so dass ich ohne Mühe bis hinter die Weißwasserwalzen kam. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, einen definierten Peak zu erkennen. Die Wellen brachen mal hier, brachen mal dort, oder schwabbelten einfach nur müde durch die wartenden Surfer.
Ein größeres Set kündigte sich meistens durch Weißwasser auf der weit draußen vorgelagerten Sandbank an. Durch die nach Westen ausgerichtete Mole kam es bei der vorherrschenden Wellenrichtung (Nordwest) an der Nordseite zu Reflektionen, die den linksbrechenden Peak ein wenig „wedgy“ werden ließ. Die angesagten anderthalb Meter steilten sich dadurch in der Takeoffzone vorübergehend auf solide Überkopfhöhe auf.
Ein interessanter Takeoff, vor allem, wenn vor einem mehr als 20 Surfer im Pulk sitzen. So etwas kannte ich bislang nur aus Timmendorf oder von dänischen Pointbreaks an Maifeiertagen. Zweimal gab ich mir diesen dezenten Adrenalinkick, bis mir das Risiko, mit jemandem zusammenzustoßen, zu groß wurde. Zum Glück gab es noch zahlreiche weitere Peaks mit mehr oder weniger lang und mehr oder weniger schwabbelig laufenden Wellen. Irgendwie kam ich mir vor wie mit einem Skatelongboard auf Kopfsteinpflaster, und manchmal warf mich der Schwabbel einfach ab. Erst zur zweiten Session wurde die Wasseroberfläche etwas glatter, so dass auch mal kontrollierte Richtungsänderungen und Noserides möglich wurden.
Ähnlich verlief auch der Sonntag. Der frühe Vogel findet den Parkplatz und legt sich wieder schlafen - diesmal jedoch mit Ohrstöpseln. Ausgeschlafen ging es bei dreiviertel aufgelaufenem Wasser rein ins braune Nass, nach zwei Stunden wieder raus und ab nach Haus.
Beim nächsten Nordwester bin ich garantiert wieder da!
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Schöne Fotos
c-crew on Di, 03/18/2014 - 12:58Holland wie es leibt und lebt...
tripmaster on Di, 03/18/2014 - 10:31Danke für die Impressionen!
nice report:
rensow on Mo, 03/17/2014 - 20:44