„Der wilde wilde Osten fängt gleich hinter Lübeck an…“ So oder so ähnlich lautet eine bekannte Truckerhymne aus den 80ern. Mit diesem Ohrwurm im Ohr mache ich mich auf die 385 km lange Reise nach Mecklenburg-Vorpommern.
Das zieht sich wie Kaugummi, glaubt mir!
Ein an diesem Küstenabschnitt liegender Surfspot mit einer 370 Meter langen Seebrücke ist seit geraumer Zeit im Fokus meines Interesses. Exponiert genug, dass jedes noch so laue Lüftchen aus östlichen Richtungen ein surfbares Wellchen erzeugt und dabei weit genug „ab vom Schuss“, dass man sich auch in der Hauptsaison (… und natürlich auch nach Veröffentlichung dieses Beitrages …) keine Sorgen über zu volle Lineups machen brauch.
Warum ist das so?
Stark vereinfacht die räumliche Verteilung des "gemeinen" Nordsurfers (Quelle: www.surfatoll.de)
Städte wie Rostock, Schwerin oder Stralsund haben ein gewisses aber sehr überschaubares Kontingent an Surfern, während sich die wirklichen Massen in Hamburg und Schleswig-Holstein befinden. Für den alltäglichen Surf bewegt sich der „gemeine Nordsurfer“ selten weiter als nötig von seiner Homebase weg. Mittlerweile ist es kein Geheimnis mehr, wo man bei einer Nordostwindlage besonders viele Surfer auf einem Haufen bestaunen kann. Ich habe jedoch an dem Wochenende keine Lust auf einen derart hohen Polyesterharz- und Neoprenanteil im Wasser, und laß die Lübecker Bucht mal ganz geschmeidig links liegen.
Zur gleichen Zeit konnte man an der L-Bay das Wasser vor lauter Surfern kaum erkennen
Es ist schon eine ganze Weile her, genauer gesagt drei Jahre, dass ich das letzte Mal übers Wochenende dort war. Geändert hat sich seitdem nicht viel. Nach wie vor wird man am Ortseingang freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass man als Autofahrer sein Kfz doch bitte ganz weit weg vom Strand parken, am besten gleich mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder am allerbesten gar nicht anreisen sollte. Wer diese Hinweise ignoriert, und noch vor der allmorgendlichen Touristen-Rushhour anreist, der hat die besten Chancen, einen der begehrten Gratisparkbuchten ab anderthalb Kilometer Entfernung von der Seebrücke abzugreifen. Mit jedem Meter in Richtung Strand steigt der Parkpreis linear an und verhält sich umgekehrt proportional zur erlaubten Gesamtparkdauer. Direkt an der Seebrücke werden bis zu 10 €uro fällig. Außerdem darf man mit Parkscheibe nicht länger als eine halbe Stunde parken, bevor man verhaftet wird und das Auto in der nächsten Schrottpresse landet. Ich entscheide mich für einen Waldparkplatz im mittleren Preissegment ohne zeitliche Begrenzung in einer Entfernung von etwa 800 Metern zur Seebrücke. Ein guter Kompromiss, wie ich finde.
Nach vier Tagen haben mir mindestens 100 Vögel aufs Auto gesch...
Der Surf vor Ort ist für Ostseeverhältnisse grundsätzlich qualitativ hochwertig, wenn auch nach Ansicht der Locals an diesem Wochenende nicht übermäßig gut. Wer auf lange Wellenritte von mehr als 300 Metern steht, der kommt dort voll auf seine Kosten. Dabei ist diese Welle mehr etwas für den gemächlichen Cruiser als für den schnellen Ripper. Langsam und rund kommt sie daher, und ab einer Größe von anderthalb Metern ist sie direkt am Brückenkopf mit dem Longboard anpaddelbar. Etwas steilere Sektionen, in denen man an seinen Turns oder Noseride-Skills arbeiten kann, wechseln sich mit flacheren Sektionen ab, in denen man einfach nur dahingleiten kann. Nach etwa 30 – 40 Sekunden stellt sich der Strand als natürliches Hindernis in den Weg. Der lange Marsch zurück zum Ende der Seebrücke zeigt einem nicht nur die schiere Länge dieser Ostseewelle, sondern offenbart einem auch, dass man als Surfer dort nach wie vor ein absoluter Exot ist. Während man in einem bestimmten Seebäderort der Lübecker Bucht bei der Bevölkerung und den Touristen bereits mehr oder weniger voll anerkannt und bei den entsprechenden Bedingungen quasi zum normalen Alltag gehört, gleicht der Gang an Mecklenburg-Vorpommerns Strände in voller Surfmontur mehr einem Spießroutenlauf. „Nein, ich bin kein Gummifetischist!“ – „Nein, ein Segel habe ich nicht dabei!“ – „Nein, mir ist nicht kalt! Ist Dir etwa kalt?“ … sind meine Standardantworten auf die immer gleichen Fragen, die mir gestellt werden.
Ist das nicht ein bißchen kalt?
Was sich in den letzten Jahren wenn überhaupt nur marginal verändert hat, ist die Anzahl der Surfer. Allen Unkenrufen zum Trotz tummeln sich dort nach wie vor selbst zur Wochenend-Rushhour bei besten Verhältnissen selten mehr als zehn Leute gleichzeitig auf dem 400m x 400m großen Areal. Meistens kann man die Surfer im Wasser gar an der Hand eines durchschnittlichen Sägewerkarbeiters abzählen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Spot, im Übrigen einer von unzähligen in Mecklenburg-Vorpommern, irgendwann mal regelmäßig von surfenden Massen belagert wird, halte ich auch auf lange Sicht hin für ausgeschlossen.
Hier werden Wellen noch brüderlich geteilt
Neben der Abgeschiedenheit dieser exponierten Küstenregionen Mecklenburg-Vorpommerns kommt es einfach viel zu selten vor, dass der Nordostwind mit seiner wellenbringenden Intensität ein paar Tage am Stück, am besten noch ein komplettes Wochenende hindurch weht. Diese Tatsachen machen es dem weit entfernt lebenden Schleswig-Holsteiner oder Hamburger Nordsurfer so gut wie unmöglich, einen Surfurlaub langfristig genau dorthin zu planen, bzw. Tagestouren dorthin zu machen. So werden wohl auch weiterhin diese schönen Strände den Surfern anliegender Orte vorbehalten sein. Nur sporadisch wird sich mal der eine oder andere weiter entfernt lebende Surfer dorthin verirren. Solange er sich dabei nicht danebenbenimmt oder mit dem Reisebus anreist und 100 weitere Surfer im Schlepptau hat, kann er sich sicher sein, von der kleinen aber feinen Local-Gemeinde so offenherzig empfangen zu werden, wie es bei mir der Fall war.
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Da wird man auch in Zukunft...
coldwaves on Mo, 05/30/2011 - 13:22...noch viele einsame Sessions haben. Glaub ich.
Aber dein Trip war es wert Tim, weiter so ;o)
Danke...
Fahnder99 on Di, 05/10/2011 - 10:09super trip, super blog, super
n3oka on Do, 05/05/2011 - 14:28timmy, da hast du aber wieder
Da Johnnie on Mi, 05/04/2011 - 16:57Sehr...
maleika on Mi, 05/04/2011 - 12:13