F wie Frankreich

1. Teil

 

Wahrscheinlich ist Frankreich neben Dänemark und Holland dass meist besuchte Land unter den deutschen Wellenreitern.

Stellt euch vor, es gebe die tollen Wellen nur auf Mallorca oder an der Costa Brava oder in Pattaya? Dann müssten wir uns womöglich mit den Ballermann-Touristen die Strände teilen.

Inzwischen habe ich fast die gesamte französische Westküste abgeklappert und ich bin immer wieder begeistert von dem Facettenreichtum, den das Land zu bieten hat.

Nicht nur an schönen Buchten, auch das Essen, die entspannten Leute und die Weine haben es mir angetan. Es gibt allerdings einen großen Nachteil, wenn man aus dem Norden Deutschlands kommt. Kein Weg geht an Paris vorbei. So habe ich es jedenfalls viele Jahre empfunden, auf der Reise in den Südwesen Frankreichs. Es hat mich genervt. Zwei Stunden Peripherie. Noch nicht einmal den Eifelturm habe ich zu Gesicht bekommen. 

Hinter Paris dann das Gefühl, es bald geschafft zu haben. Dabei geht es jetzt erst richtig los. Bis Bordeaux erwarten einen noch hunderte von langweiligen Kilometern, vorbei an Sonnenblumenfeldern und Ackerland.

Das war, bevor ich mir mal die Zeit genommen habe, über Amiens zu fahren. Abends bin ich nun, wenn ich das möchte, schon am Meer. Die Küste der Normandie ist vielleicht 9 Stunden entfernt von Hannover. Bei Sonnenuntergang in Fecamp vom höchsten Campingplatz im Ort, auf dem Kreidefelsen gelegen, hinunterschauen. Wenn es gut läuft gibt es sogar Wellen. Aber meistens gibt es natürlich keine Wellen. Egal, für die Abendstimmung hat es sich gelohnt. Und weil die Küste dort so schön ist, lohnt es sich auch noch einen weiteren Tag zu bleiben; die kleinen Ortschaften abzuklappern und die berühmten Kreidefelsen (Etretat) genauer unter Augenschein zu nehmen. Nehmt Mountainbikes mit. Hier gibt es überall nette kleine „Wanderwege“ direkt an der Küste entlang. Man muss nur aufpassen die trägen Schafe nicht zu überfahren, die ab und zu schlaff auf den Wegen liegen. Die müssen Magnete im Arsch haben, anders ist es kaum vorstellbar, dass  sie mitunter wie Toni Seiler im Hang kleben, ohne runter zu purzeln.

 

Natürlich braucht man für solche „Exkursionen“ Zeit, die für das Surfen verloren gehen. Das ist dann eine Frage der Prioritäten.

Eigentlich suche ich mir inzwischen immer andere Übernachtungsplätzchen. Dreimal war ich aber inzwischen schon auf Zwischenübernachtung hinter Rouen. Dort gibt es ca. 30 km weiter südlich ein Kloster und einen traumhaften Campingplatz. Es ist sehr idyllisch hier und noch sehr einsam. Jedes Mal wenn ich komme, versucht mich der alte Campingplatzbesitzer davon zu überzeugen, länger als eine Nacht zu bleiben. Er zeigt mir alle Sehenswürdigkeiten auf einer Karte und in aller Ausführlichkeit werden die Details beschrieben. Einmal hätte er es auch fast geschafft, da hatte er mir eine ganze Menge vom Hauseigenen Cidre angeboten. Das konnte ich auf keinen Fall ablehnen. Der Cidre dort schmeckt fast wie Champagner und ist furztrocken.

Das erste Mal als ich in dem Örtchen war, wollte ich mit einer Freundin wild campen. Im Bus ja eigentlich auch recht unproblematisch. Wir parkten an einer total einsamen Kreuzung, dort hinter war eine Wiese und ein Bach, also eigentlich ganz idyllisch. Ich dachte mir nichts dabei. Während ich mich völlig müde aufs Bett fallen ließ und schon fast am Einschlafen war, beobachtete meine Freundin einen plötzlichen regen Autoverkehr an der Stelle. Die Dorfbewohner waren auf uns aufmerksam geworden. Irgendwann stieg sie genervt aus und kam mit Angst geweiteten Augen zurück. „Weißt die wie die Kreuzung hier heißt?“ Woher sollte ich da wissen? Ich verneinte und sie sagte völlig entsetzt: „Place de´l Gilloutine“ oder so ähnlich. Tja, wahrscheinlich war hier mal ein Hinrichtungsplatz gewesen. Wahrscheinlich habe ich schon des Öfteren an solchen Plätzen genächtigt. Doch diese Nacht wollte meine Freundin auf keinen Fall dort verbringen. Ich blieb liegen und sie fuhr uns zu dem eben beschriebenen Campingplatz.  

 

Auch eine sehr empfehlenswerte Ecke ist die gesamte Küste um Cherbourg. Das liegt noch ein wenig weiter westlich, vorbei an der geschichtsträchtigen Küste mit Namen wie „Omaha Beach“ und „Gold Beach“, die kaum wiedergeben, was für ein Blutbad am „D-Day“ hier im zweiten Weltkrieg angerichtet wurde.

Ich war zu dieser Zeit gerade dort, als sich Putin, Schröder und Chirac hier trafen, nur wusste ich nichts davon. Irgendwie hatte ich nur ein ungutes Gefühl, als über meinem gelben T3 Hubschrauber kreisten und ich von einer Meute Militärwagen „verfolgt“ wurde. Wir hatten eigentlich vor, direkt dort an die Küste zu fahren wo das große Treffen der Veteranen stattfand (was wir nicht wussten). Aber bei diesem Militäraufkommen war mir ehrlich gesagt nicht ganz wohl.  Wir haben den Ort dann ein Jahr später in Ruhe besucht. 

Aber zurück zu Cherbourg.

Hier ist es landschaftlich sehr mild, erinnert ein bisschen an Wales. Viele Engländer, die hier Urlaub machen, verstärken noch das Gefühl.

Auch hier gilt: „zur rechten Zeit am rechten Ort“; dann kann man zum Beispiel in Le Rozel tolle Wellen erwischen. Bei guten Bedingungen taucht aber schon etwas mehr französische Surferkonkurrenz auf, die allerdings noch sehr entspannt wirkt. Die Wiederaufbereitungsanlage dort oben lässt das deutsche Umweltherz nicht gerade höher schlagen. Das Wasser soll hier mindesten 2 Grad wärmer sein!

Es gibt dort auch die Möglichkeit nach Süden und Norden auszuweichen wenn es zu voll wird.

Weiter entlang der Küste kann man dann von Granville aus schon rüber schauen zu St. Malo, der Touristenattraktion.

Es lohnt sich dann wieder, in Cancale Station zu machen. Dort gibt es fantastische Strände mit weißem Sand und einen perfekten Campingplatz direkt über der Bucht. Der Ort selber lädt zum Essen von Austern und Gallette ein (ein dunkler Pfannekuchen mit Buchweizenmehl).

Hier soll es ja auch Wellen geben, im Herbst und Winter. Da muss es aber auch schon richtig Sturm geben. Ich habe es bisher nur Flat erlebt und ich war schon öfters im Herbst und Frühling dort.

Wenn ihr euch nun entscheidet weiter nach Süden zu fahren, kann man über die Autobahn nach Nantes weiterfahren, ist mal eine Abwechslung. Vielleicht entscheidet ihr euch aber auch mal für die raue Seite Frankreichs, die Bretagne. Meiner Meinung nach eines der schönsten Ecken Frankreichs. Die Leute sind verdammt nett hier und es herrscht so eine „hanseatische Entspanntheit.“ Man kann sich direkt dafür entscheiden, Richtung Brest zu fahren, dann entgehen einem zwar die schönsten Küstenabschnitte Bretagnens, aber dafür ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, an der Finistere gute Wellen zu bekommen. Habt ihr richtig Zeit und seid ihr nicht ganz so auf turkey, was eure Wellensehnsucht angeht, dann klappert noch die wunderschöne Nordküste ab und vielleicht belohnt euch Poseidon sogar dafür mir prächtigen Wellen bei Tregastel-Plage. Ich habe es das letzte Mal komplett im Nebel erlebt. Es ist merkwürdig, wenn man auf den Wellen sitzt und das Ufer nur noch erahnen kann. Im Hochsommer muss es hier brechend voll sein, das versprechen einem jedenfalls die vielen geschlossenen Büdchen und kleinen Hotels.

Richtig einsam wird es dann an der Nordwestküste. Hier pfeift der Wind stetig und dementsprechend findet man an den wunderschönen Küstenstrichen viele Kiter.  Aber auch Wellenreiter suchen an der einen oder anderen Stelle die tollen Spots auf. Hier stößt man kaum auf andere deutsche Surfer. Allerdings kommen die Franzosen am Wochenende aus Brest gerne hierher.

Immer wieder erstaunt haben mich der extrem weiße Sand und das türkisfarbene Wasser. Wäre es hier nicht so frisch, hätte sie sicherlich viel mehr Tourismus hier. Hat man es dann an die Westküste geschafft, wird man an manchen Tagen mit perfekten Wellen vor den Toren Brest begrüßt. Blancs-Sablons mit einem nahe gelegenen etwas runtergekommenen aber schön weitläufigen Campingplatz in den Dünen ist ein guter Standort, um bei guten Bedingungen etwas zu verweilen. Die Bucht liegt geschützt und bietet daher die Chance für gute Wellen. Ist auch prima für Anfänger geeignet. Die Strömung hält sich in Grenzen und es gibt keinen Shorebreak. Da ich hier allerdings schon zweimal mit dem fiesen Petermännchen Kontakt aufgenommen habe, gehe ich nur noch mit Booties hier rein.

Der Schmerz war die Hölle, dagegen war der ausgerenkte Fuß schmerztechnisch ein Klacks (kein witz). Ein Wechselbad mit heißem und kaltem Wasser sorgt für Erleichterung, falls es euch mal passiert. Nach ca. einer Stunde lässt der Schmerz nach. Der Fuß war allerdings noch tagelang leicht gefühllos.

 

Vorbei am hässlichen Brest, es erinnert mich irgendwie an stalinistischer Bauweise, geht es dann weiter zur Crozon Halbinsel. Hier folgt dann ein Spot auf dem anderen und abends warten gemütliche Kneipen darauf, dass man sich den Magen mit Schalentieren vollschlägt. Im Frühjahr kann es noch empfindlich kalt sein im Wasser. In so mancher Kneipe in Camaret habe ich mich danach erst einmal 2 Stunden mit gutem Essen und Wein wieder aufwärmen müssen. Man sollte vorher absprechen wer zurück fährt. Wir mussten im Hafen auf dem Parkplatz übernachten.