Viele interessante Geschichten liegen hinter den Gefahren und sind mit tatsächlichem Leid oder erfundenem Leid verbunden. Gut ist es natürlich, wenn man die Gefahren einigermaßen heil überstanden hat. Ein paar Narben darf es ruhig geben, solange sie einen nicht in Mitleidenschaft ziehen.

 

Auch beim Surfen oder sagen wir im Umfeld des Surfens gibt es eine Menge dieser spannenden Geschichten, denken wir nur an das Buch „The big drop“, in dem Erlebnisse von Surfern und Beobachtern von Big Waves erzählt werden. Die Faszination des Grauens.

 

Es müssen aber nicht immer gleich Big Waves sein, die mir das Gruseln lehren. Auch ein entgegenkommendes herren- oder damenloses Longboard, dass einen unschuldigen und nichts Böses ahnenden Surfschüler anschließend in die Arme eines französischen Kiefernchirurgen treibt, nachdem die Nose sich in dessen Unterkiefer bohrte, lässt mich zusammenzucken.

Solche Erlebnisse hatte ich in meinem noch jungen Surferleben (das Leben davor war schon etwas länger :o)  ) schon öfters, genau wie ihr, nehme ich an.

Eine faszinierende Geschichte erzählte mir Fred, mit dem ich auf Lanzarote gemeinsam in einem Haus wohnte. Er und eine Freundin waren an dem Morgen schon sehr früh los zum Surfen. Ich lag natürlich noch in den Federn, bin halt ein Morgenmuffel und im Nachhinein auch ganz froh darüber.

Fred mit Tara in Frankreich

Die beiden machten sich auf nach Jameos de lÁgua, ein Spot auf der Ostseite der Insel. Schon recht anspruchsvoll. Es waren perfekte Wellen, offshore und vielleicht 2m Sets die dort hineinrollten. Für Fred und die Freundin kein Problem. Beide sind sehr erfahrene Surfer. Fred, ein riesiger Bär, surft seit vielleicht zehn Jahren und ist auch ein erfahrener Surflehrer. Seine  Begleiterin surft auch seit Jahren, zierlich aber sehr sportlich. Sie fühlten sich also den Bedingungen durchaus gewachsen.

Nach einigen tollen Surfsessions saßen sie so im Line up und schauten Richtung Straße und Vulkane. Vom Wasser aus ja immer noch mal eine ganz andere Perspektive. Da plötzlich fiel ihnen auf, dass dort ein Wagen hielt und wie wild hupte. Der Typ aus dem Wagen stieg aus und zeigte in ihre Richtung. Das erste was einem in so einem Fall wohl in den Sinn kommt ist: Ein Hai!

Fred drehte sich um und was er da sah, hatte nichts vom weißen Hai, hatte aber auch etwas Erschreckendes. Ein riesiges 5 Meter Wellenset bewegte sich auf die Bucht zu. Jetzt hieß es schnell überlegen. Zum Strand paddeln, dafür war es zu spät, sie würden unweigerlich in die Impactzone rein geraten. Die Wellen reiten? Illusorisch. Noch nie waren die Beiden so große Wellen geritten und was sie erwarten würde, wenn sie die Welle nicht stehen würden, kann man sich ausrechnen, wenn man die felsige Bucht kennt. Und wer weiß überhaupt, wie die Bucht aussieht, wenn 5 Meter Wellen hier brechen? Für Fred und seine Mitsurferin war es jedenfalls keine Frage, es blieb nur die Flucht nach draußen, dem Set entgegen also. Fred erzählte es hinterher so eindrücklich, wie ich es hier kaum wiedergeben kann. Seinen Blick als er beschrieb, wie er mit seinem kleinen Shortboard die Welle hochpaddelte, um sie dann wieder wie in einer Halfpipe hinunterzusausen, gleich der nächsten Welle entgegen, werde ich jedenfalls nicht vergessen. Er hatte es wieder genau vor Augen, das Entsetzen, aber auch die große Befriedigung es geschafft zu haben.

Als sie endlich beide unbeschadet draußen waren und von weitem die Gischt sehen konnten, die gegen die Felsen klatschte, war die Erleichterung groß.

Nach einigen Minuten setzte allerdings der Gedanke ein: wo jetzt an Land gehen? Irgendwann mussten sie ja wieder rein.  Entlang der Küste paddeln, in eine andere Bucht?

Wieder einmal hatten sie Glück. Der Spuk war nach einigen Minuten vorbei.

Ich weiß nicht, ob ich dieses Set überlebt hätte.

Meine WG auf Lanzarote

 

Ich kann nur von kleinen Abenteuern erzählen. Die größte Welle, vor der ich davon paddeln wollte war drei Meter hoch. Ich war allerdings schon viel zu weit in der Impactzone und entschied mich dann dafür, die Welle im Sitzen abzureiten. Es muss ziemlich komisch ausgesehen haben, jedenfalls flog ich an so manchen Surfen in Windeseile vorbei Richtung Strand und kam erst zum Halten als die Finne sich in den Sand bohrte.

 

Toll war es auch, als ich mal wegen einer ziemlich üblen Verletzung das Krankenhaus von Lanzarote kennen lernen durfte. Am schlimmsten hatte es aber eigentlich Udo dabei erwischt. Er war nämlich der Einzige, der in dem gemeinsamen Urlaub heile davon kam, und jeden Tag damit rechnete, dass nun das Schicksal auch bei ihm zuschlagen würde. Die drei anderen Mitreisenden hatten im gleichen Urlaub einen schweren Autounfall und statt mich in der Unfallstation zu besuchen, mussten sie sich dann dort auch behandeln lassen.

Das Gute war, dass man, wenn es darauf ankommt, doch eigentlich oft viel mehr Power und Coolness hat, als man oft meinen würde. Bei mir war es jedenfalls so. Der Unfall passierte mir gleich am dritten Tag unseres Lanzaroteurlaubs. Es war ein prima Tag zum surfen und ich war auch schon lange im Wasser, vielleicht ein bisschen zu lange. Aber ich hatte verdammt schöne Fahrten und konnte einfach nicht aufhören. Unsere Truppe hatte sich inzwischen ziemlich verteilt, die Strömung war extrem an dem Tag und irgendwie war ich auch viel zu sehr mit mir beschäftigt, als mit zu bekommen, wo die anderen waren.

Wie immer war ich zu faul gewesen, mein Board noch mal richtig zu wachsen. Funzt schon, dachte ich. War ja auch so, aber nach zwei Stunden war das Board verdammt glatt und vielleicht war ich auch ein bisschen schlapp und unkonzentriert. Auf jeden Fall passierte etwas, was eigentlich gar nicht passieren kann. Der rechte Fuß knickte um, während ich auf dem Board etwas die Stellung wechselte. Okay, das ist ja noch normal, aber dann gab es so ein merkwürdiges Krachen, so ein Ruck, der mir völlig neu war. Mit Entsetzen musste ich feststellen, das der Fuß nicht mehr die normale Position einnahm, er war komplett eingekickt und ließ sich nicht mehr bewegen.

Es war schon sehr merkwürdig. Ich wusste, dass etwas ziemlich blödes passiert war und gleichzeitig hatte ich auch das Gefühl, dass es nicht so schlimm sein kann. Ich blieb also recht ruhig, legte mich aufs Board, stehen konnte ich ja nicht mehr und paddelte an Land, wo ich auf allen vieren dann das Board hinter mir herzog und erst einmal verschnaufte.

Der Strand war voller Leute, aber es dauerte ewig, bis drei Leute sich die Mühe machten, mir zu helfen. Allerdings stellten sie sich als eher nervig heraus, weil sie völlig entsetzt auf die Fehlstellung meines Fußes starrten, da war sie wieder die Faszination des Grauens. Erst ein brasilianischer Surflehrer, der dort eine Gruppe unterrichtete, war dann wirklich eine Hilfe. Er schaute einmal auf meinen Fuß und klopfte ihn ein bisschen ab und meinte dann, dass er ausgerenkt ist. Er sagte auch noch: „hatte ich auch schon mal.“ Irgendwie hat mich das extrem entspannt. Ist ja immer sehr beruhigend, wenn man plötzlich feststellt, dass man nicht die Einzige ist, die ein bestimmtes Problem hat.

Er hatte die Sache ja gut überstanden, dann werde ich es auch überstehen.

So sieht es aus wenn man furchtlos ist 

Nachdem meine Truppe endlich mitbekommen hatte, dass das kein Tag wie jeder andere ist, konnte es ins Krankenhaus gehen.

Im spanischen Hospital war es ein bisschen wie bei Emergency Room, nur die Chirurgen waren nicht so unterhaltsam.

Die Patienten dafür umso mehr. Ich wurde in eine Reihe von anderen Umgeknickten geschoben und musste warten. Da die Nerven wahrscheinlich abgeklemmt waren, hatte ich so gut wie keine Schmerzen und ließ die Warterei stoisch über mich ergehen.

Als ich dann allerdings an die Reihe kam und die Röntgenbilder meine Verletzung offenbarten, ging es dann etwas schneller.

Einen Fuß einrenken ist leider nicht so einfach wie eine Schulter, weil es so gut wie nie vorkommt. Der spanische Chirurg konferierte erst einmal mit einem Kollegen auf Gran Canaria, der schon mal einen Fuß einrenken musste. Sehr Vertrauens erweckend. Aber tatsächlich hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass er das hinbekommt, auch als er mir sagte, er wüsste nicht ob es klappen würde, vielleicht müssten sie den Fuß auch auf machen.

Mit örtlicher Betäubung renkte er den Fuß wieder ein, es gab einen Ruck und ich wusste, es wird alles wieder gut. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie schön es war, diesen Fuß wieder in seiner Normalstellung zu sehen.

nach dem Einrenken, sieht doch schon wieder ganz gut aus 

Die Freude über meine Genesung hielt nicht so lange an, denn dann war da ja schon der Autounfall von den anderen Dreien. Sie überschlugen sich auf einem Lavafeld und als ich die Unfallfotos sah, habe ich mich gewundert, wie die drei da lebend rausgekommen sind.

Der Schock saß tief.

Naja wir haben es überlebt, keiner musste sterben und uns geht es gut. Einige Narben sind zurückgeblieben, aber wir stehen alle wieder auf dem Board.

 scheiß Gips, der Arzt wollte mir partou keinen wasserfesten verpassen, was ich ihm bis heute übel nehme 

 

P.S. Fotos kommen natürlich noch