Dauercamper oder was?

 

Frankreichreise die wievielte? Keine Ahnung, ich habe aufgehört zu zählen. Damit die Hinfahrt nicht so öde wird, habe ich mir angewöhnt jedes Mal eine andere Strecke zu fahren. Diesmal ist es perfekt gelungen: mal abgesehen von den 22 Baustellen bis Aachen. Über Trier fahren wir immer weiter Richtung Süden, an Luxemburg vorbei, nach Dijon und dann kurz vor Clermont Ferrand auf die Autobahn Richtung Westen.

Kaum Verkehr, und nur ca. 50 km länger als die klassische Ost/West Strecke über Paris, die man als Hannoveraner so fährt. Wer Zeit mitbringt sollte an der Dordogne zwei Tage Halt machen. Gouffre de Padirac mit seiner Unterwasserhöhle in 100m Tiefe, die man mit einem Boot durchfahren kann ist genauso wie Sarlat eine absolute Augenweide für jeden, der noch etwas anderes als Surfen im Kopf hat. 

 

Von Bordeaux geht es dann diesmal, der alten Zeiten wegen, zuerst ins Medoc. Vorbei an den teuersten Tankstellen in der Ecke: Margaux, Longville und wie sie alle heißen (vielleicht sollte man Shell und Aral auch bald Grand cru als Gütesiegel anhängen), nach Soulac, um in le Gurp Station zu machen. Der Spot wurde in einer einschlägigen Surfseite von einem Surfer empfohlen, dessen Name ich leider vergessen habe. Denn dann würde ich ihn fragen, wo denn die ganzen Sandbänke geblieben sind, von denen er geschwärmt hat. Ein Sturm musste hier vor kurzem alles zerrissen haben. Die Bunker ragen wie kaputte faule Zähne aus dem Muschel- und Kiesstrand. Bei Flut verschwindet das bisschen Küstensaum komplett in der See.

Als dann noch am zweiten Tag ein großes Stück des Strandes abgesperrt wird und ein Schild „Achtung Sprengstoff“ bei allen Sonnenanbetern und Surfern für Sprengstoff sorgt, ziehen wir die Weiterreise vor.

 

Es geht nach Montalivet. Hier mache ich Fotos im Dörfchen von Matt, Zuzette und Malte (zeitreisende Surfer). Unter anderem fotografiere ich ihr kleines idyllisches Häuschen und wir nehmen erst einmal eine Stärkung in einem Cafe bei zwei älteren Damen zu uns. Die Orangenmarmelade war perfekt!! Fast gegenüber ist der große Markt. Es ist zwar erst 11:00 Uhr morgens, aber um Austern, Champagner und Pinot kommen wir nicht drum herum.

Beflügelt setze ich mich wieder in den Bus und steuere uns weiter gen Süden. Vorbei an „Le Pin Sec“ und „Hourtin“ Richtung Archachon. Es regnet und wir entschließen uns, entlang der Düne Pilat weiter zu fahren. Hmm, aber irgendwie müssen wir sie verpasst haben. Ich sehe nicht ein, für ein Naturspektakel Eintritt zu bezahlen und will mich durch den Wald schlagen. Leider ist mein Orientierungsvermögen außerhalb der Brandungszone eingeschränkt. Irgendwann haben wir uns zwischen Brombeerbüschen und einer Pinienaufzuchtstation komplett vertüdert und ich bin froh, als mein weißer Bus in weiter Ferne wieder auftaucht. Scheiß auf die Düne. Habe in meinem Leben schon so viele Dünen gesehen.  Udo ist deprimiert. Schon wieder kann er diese Sehenswürdigkeit nicht von seiner Liste streichen.

 

Endlich, der SuperU! Jetzt ist Cap de l´Homy nicht mehr weit und als sich die Schranke für uns öffnet, habe ich das Gefühl, gar nicht weg gewesen zu sein. Ja, in Wirklichkeit waren die letzten 12 Monate nur ein Traum. Es ist alles noch genauso. Fred und Etti sind da; 25 Gummisäue der Firma wellenreiter.com blockieren die drei besten Sandbänke; das wichtigste Ereignis des Tages, der Sonnenuntergang, wird immer noch gefeiert, als wäre es der letzte; die Klos sind immer noch genauso beschissen, im wahrsten Sinne des Wortes; Mirko und Krischi stehen mit ihrem Bus da, als wären sie nie weg gewesen, und mein Bus steht nun auch wieder da, als wäre er nie weg gewesen.

 Oh Gott, ein furchtbarer Gedanke kommt mir, bin ich etwa auch einer dieser Dauercamper, auf die ich immer belustigt mit den Fingern gezeigt habe, wenn ich an der Ostsee war? Alles deutet darauf hin. Die alltäglich immer gleichen Handlungen sind zwar etwas modifiziert, aber erinnern mich doch stark an Dauercamping:

  • statt morgens als erstes mit dem Klapprad zum Bäcker zu fahren, fahre ich mit meinem klapprigen Mountainbike für Arme zum Surfcheck
  • danach fahre ich aber zum Bäcker
  • statt mit dem Köter Gassi zu gehen, gehe ich erst einmal mit meinem Surfboard ins Wasser
  • danach ein fettes Frühstück, statt Schrippen gibt’s Baguette
  • statt Bildzeitung die Süddeutsche, meistens lese ich dann aber doch nur die Bildunterschriften, weil ich schon wieder so müde bin und unbedingt in die Hängematte muss
  • statt quietschender Liege mit Blumenauflage gibt’s die Hängematte aus Mexiko mit Ökoaufdruck
  • nach regelmäßigen kurzen Besuchen bei den anderen Dauercampern, kurze Absprache wann es an den Strand geht, statt Schnack beim Abwasch (obwohl, da haben wir auch geschnackt fällt mir ein)
  • Statt Spaziergang im Friesennerz auf dem Deich, Sonnenbad am Strand
  • Nach dem anstrengenden Strandtag muss es unbedingt Kaffee geben und dazu ein lecker Stück Blätterteig mit Pudding, statt Schwarzwälder Kirsch
  • Dann Kochen, statt guter Butter kommt Olivenöl in die Pfanne, und überall Knoblauchdämpfe, statt Grillgeruch vom Nackensteak
  • Statt Bier dann Bier und Wein und äh statt Korn dann noch Armagnac ....

 

Ja, ich bekenne, Campen ist ne prima Sache. Irgendwo in der Wildnis campen hat natürlich auch seine Vorzüge: Freiheit, Individualismus, Einsamkeit ..... aber so ein richtig klassischer Campingplatz, den weiß ich jetzt erst so richtig zu schätzen. Hier kommt man an, hat das Gefühl nie weg gewesen zu sein, alles geht seinen gewohnten Gang und irgendwann scheißt man wie alle anderen um die gleiche Zeit und ärgert sich auch gar nicht über die langen Wartezeiten, man kann sich ja solange über das Wetter, Swell und ähnliche spannende Sachen unterhalten.

 

Jetzt bin ich wieder zuhause, halte Winterschlaf und werde dann in 12 Monaten wieder zum Dauercamping erwachen.

 

Naja nicht ganz so, aber ein bisschen so ...

 

jetzt fehlen noch die dazugehörigen fotos gell?

würde sie ja gerne hochladen, aber es klappt nicht, dann müsst ihr sie euch in der Gallerie anschauen:

http://www.nordsurf-syndikat.de/gallery/v/useralbum/Franzl/Dauercamper/3207336.jpg.html

http://www.nordsurf-syndikat.de/gallery/v/useralbum/Franzl/Dauercamper/Zwerge.jpg.html