Wo war ich stehen geblieben? Genau, die Besteigung des Batur. Den Agung ersparten wir uns, noch drei Nächte (der Agung ist über 3000m hoch!) mit einem unaufhörlich redenden Bergführer würde ich nicht aushalten.

Wir fuhren Richtung Westküste. Laut unseres Reiseführers wartete dort noch ein sehr bekannter Tempel, den es „abzuhaken“ galt, wie mein Mitreisender immer zu sagen pflegt. Eigentlich hatte ich das Gefühl, genügend Kulturelles gesehen zu haben, aber vielleicht war es auch nur die Luftfeuchtigkeit, die mich immer träger machte. Mein guter Freund dagegen kam jetzt so richtig in Fahrt, um dann gleich wieder enttäuscht zu werden.

 

Es war ein einziger Spießrutenlauf zum Tempel. Vorbei an Verkaufständen und selbst ernannten Reiseführern. Meine Stimmung sackte auf den absoluten Tiefpunkt. Als uns verweigert wurde, den Tempel ohne Reiseführer zu besuchen, hatten wir genug. Ich wollte nicht schon wieder die ewig gleiche Laier über mich ergehen lassen: „What´s youre Name, my name is ...., Where are you com from? Are you married? How many children do you have? ....“

Und das alles nur, um diesen Tempel zu sehen, der wahrscheinlich auch nicht anders aussieht, als die, die ich vorher schon bewundert habe.

Entschlossen gingen wir zurück zu unserem Auto. Heute kann ich sagen, es war die richtige Entscheidung. Weiter ging es, vorbei an alten verwitterten Tempelruinen, Überreste eines der vielen Vulkanausbrüche. Kurzer Stopp auch bei einem alten historischen Freibad, das noch genutzt wird.

  

Uyung                                                                   Das historische Schwimmbad  

 

Als wir entlang einer nicht enden wollenden Kolonne von Mopedfahrern fuhren, ahnten wir noch nicht, welches ungeplante kulturellen Highlight noch auf uns wartete.

Die Leute waren alle festlich geschmückt und hatten Massen von Opfergaben dabei. Wo wollten die nur hin mit dem ganzen Krempel? Von der Herstellung von Opfergaben lebt ein ganzer Industriezweig in Asien, nehme ich an.

Ahhh, wieder mal ein Tempel. Diesmal waren wir aber scheinbar die einzigen Touristen. Keine Reiseführer in der Nähe. Niemand der uns etwas verkaufen will! Wir standen schüchtern vor der Eingangstür und wickelten uns unsere Sarongs um. Ob das eine private Feier ist? Ein balinesisches Pärchen lächelte uns freundlich an, winkte uns zu sich, wir sollten doch mit reinkommen. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.

Wir nahmen neben dem Pärchen direkt am Gamelan-Orchester Platz. Kurz darauf ging es auch schon los. Metallophone, Gongs, Klangplatten, Xylophone, .... ein ganzer Schatz an interessanten Instrumenten vibrierte. Wenn man so direkt daneben sitzt scheppert es ordentlich. Meine Ohren klingelten als das Konzert richtig in Fahrt kam. Die Musik ging durch und durch. Aber das war noch nicht alles. Plötzlich betraten Mönche den Mitteplatz der Tempelanlage und es wurden verschiedene Tiere hereingeführt: eine Kuh, ein Schwein, eine Gans, ein Huhn. Einmal, zweimal, dreimal führte man sie um den Platz bis sie dann von den Priestern gesegnet wurden. Dann ging es sehr schnell. Einige Männer mit scharfen Messern hatten in Null-Komma-Nichts diese Tiere ins nächste Leben befördert. Also ein Opferfest! Für die ganze Familie!

Mir kam das alles etwas irreal vor. Meinem Kumpel ging es nicht anders. Etwas verwirrt entschieden wir uns, genug gesehen zu haben.

 

 Candi Dasa 

Padang Bay wartete auf uns, ein ehemalige Enklave europäischer und amerikanischer Aussteiger. Direkt an der Südküste in einer geschützten Bucht liegend, gehen von hier aus die Fähren nach Lombok und Sumbawa.

Völlig gerädert freute ich mich schon auf das kühle Wasser im Swimmingpool.

Mit dem Handtuch bewaffnet stürmte ich aus unserem frisch bezogenen Häuschen und wäre dabei fast über die Opfergabe gestolpert, die auf der Terrasse kräftig am räuchern war. Gut, das vertreibt ja die Geister, die hier auf Bali wohl überall herumlungern und dir eine Menge Scherereien bringen können.

Kaum am Swimmingpool angekommen erwartete mich der nächste Schreckensmoment. Liegt da doch ein dicker schwabbeliger Kerl auf dem Wasser mit dem Gesicht nach unten. Wie eine tote Flunder.

Gott sei dank musste ich keine Rettungsaktion starten, er bewegte sich! Wenn auch nur ganz zögerlich. Sich über einen Schnorchel mit Luft versorgend, suchte er so scheinbar Entspannung. Anders konnte ich mir das nicht erklären. Es gibt doch wirklich interessantere Orte zum Schnorcheln.

 

Nach einem leckeren Fischessen ging es uns besser. Vielleicht war es aber auch der Marihuana Geruch, der die Luft am Abend extrem schwängerte. Und das in einem Land, in dem auf Drogenbesitz die Todesstrafe steht.

Ich musste mich unbedingt mal  per e-mail bei meinen Freunden melden und suchte das Internetcafe auf. Ein kleiner Computer mit Modem im Wohnzimmer einer balinesischen Großfamilie wartete auf mich. Das Schlafzimmer war nur durch einen Vorhang vom „Internetcafe“ getrennt. Großvater und Kinder schauten Fernsehen, während ich die verklebte Tastatur des Rechners bediente. Es roch nach Reis und Hühnchen. Die Dame des Hauses kochte neben an. Als ich mich unsicher umblickte nickten mir alle ermutigend zu.

 

Sanur war nur eine kurze Zwischenstation. Von hier stachen wir ganz früh morgens in See. Auf nach Nusa Lembongan. Mit unserem Gepäck gar nicht so einfach, ins Boot zu kommen. Für die Leute mit Surfboard noch schwieriger. Damit die Sachen nicht vollkommen durchnässt im Boot ankommen, bieten Träger ihre Hilfe an. Kostet natürlich wieder extra. Mein Reisekumpan kaufte sich noch ein paar Fleischspieße auf die Hand. Ich verzichtete. Morgens um 7 Uhr Fleisch ist dann doch eine Nummer zu hart. Außerdem werde ich so schnell seekrank.

Aber das Meer war ruhig.

An der Südküste lief um die Jahreszeit (April/Mai) nicht viel an Welle. Es dominierte mehr der Westswell. Ansonsten kann man im Winter auch bei Sanur gut surfen.

Ich freute mich sehr auf Nusa Lembongan, versprach es wieder etwas ruhiger zu sein, nach den letzten Tagen. Die Südküste ist doch im Vergleich zur Nordküste sehr viel touristischer.

Eingeklemmt zwischen wellenhungrigen Australiern und Amis saß ich in dem kleinen Boot. Um uns herum türkises glasklares Wasser. Bali wird kleiner, nur der Agung war immer gut zu sehen. Vater und Sohn, beide mit Boards ausgestattet, fachsimpelten über die besten Spots der Insel.

 

Lembongan im Morgengrauen

Angekommen auf Lembongan suchten wir uns eine nette Herberge direkt am Meer. Morgens konnte ich den Inselbewohnern beim Ernten des Seegrases, am Nachmittag mit einem Fernglas den Surfern am Riff zuschauen. Wir saßen entspannt auf der Terrasse, aßen Pfannkuchen und wie sollte es anders sein? Da war er schon wieder. Der nicht vermisste selbst ernannte Reiseführer, der uns eine Fahrt mit seinem Boot schmackhaft machen wollte. Keine schlechte Idee. Aber warum muss er mich erst danach fragen, wie viel Kinder ich habe und ob ich verheiratet bin. Inzwischen habe ich alle Hemmungen verloren und schwindele was das Zeug hält. Drei Kinder hört sich doch gut an und zweimal verheiratet und zweimal geschieden auch. Auch neugierig geworden, fragen wir zurück. Damit hatte er nicht gerechnet und kommt ganz schön ins schwimmen, als wir ihn nach seiner Frau fragen.

Er machte uns schnell ein Sonderangebot für einen Ausflug mit seinem Bötchen. Ich fragte, ob der Preis auch die Rückfahrt beinhaltet. Ich hatte schon so einige Stories gehört, das Surfer mit dem Boot zum Spot gebracht wurden, aber dann nur unter der Prämisse wieder mit zurück genommen wurden, wenn sie noch mal eine weitaus höhere Summe zahlen. Da man ja dann keine andere Wahl hat, zahlen natürlich alle.

Ich erzählte unserem Mann davon. Er wurde daraufhin rot und nickte eifrig. Natürlich ist auch die Rückfahrt enthalten.

Gut ist es auch, eine feste Zeit auszumachen. Sonst kann man da draußen, wenn man Pech hat, lange schmoren.

Gesagt, getan. So bekamen wir doch einen viel besseren Eindruck von den Spots vor Ort und wir konnten herrlich schnorcheln. Surfen war natürlich für mich nicht drin. Die Wellen sahen extrem anspruchsvoll aus. Hier wollte ich mich ganz bestimmt nicht blamieren und mir auch nicht wehtun.

 

   

bei Ebbe                                                                 bei Flut

blick auf das Riff

 

Nach drei Tagen ruhiges Leben auf der Insel ging es zurück nach Bali. Wir wollten noch nach Uluwatu und außerdem war ich heiß aufs selber surfen.

Vorbei an dem hässlichsten Ort Balis, Nusa Dua, vorbei an halb überfahrenden Hunden am Straßenrand, vorbei an zahlreichen Hinweisen zu einzelnen Spots ging es nach Uluwatu. Meine Reisekumpel gespannt auf den zu erwartenden Tempel direkt am Felsen, ich total neugierig auf den Spot, der immer wieder als so spektakulär beschrieben wird.

Okay, nachdem wir Makaken mit Bananen überfüttert haben und einige Colas am Tempel konsumierten, durfte ich endlich ans Wasser! Überall am Wegesrand Hütten die eine günstige Übernachtung anpriesen. Bei einer Bretterbude stapelten sich kaputte Shortboards. Umso näher wir an den Spot kamen, desto mehr Surfer. Alle in Standartkleidung: Boardshorts und Booties.

Aufgeregt stiegen wir die Leiter zum Riff hinunter. Es war Ebbe, also kein Problem trocken unten an zu kommen. Ich war schon erstaunt wie dicht die Surfer entlang des Korallenriffs surften. Es schien sehr flach zu sein. Einige kamen mit Schnittverletzungen aus dem Wasser.

 

  

 

Es war schon kurz vor Sonnenuntergang. als wir uns auf den Rückweg nach Seminyak zu unserer Herberge machten. Unsere letzte Woche war angebrochen. Da kam schon ein wenig Wehmut auf.

 

Ich verbrachte die letzte Woche tagsüber mit surfen. So viel es ging. Dort traf ich auch die Frau aus England wieder, mit der ich zusammen in der Surfschule gewesen war. Sie hatte sich inzwischen August, meinen ehemaligen Surfboardträger, „gekauft“. Er übernachtete bei ihr mit im Hotel, bekam Unterhalt und Taschengeld, dafür stand er ihr „zur Verfügung“.  Als ich mit August, während wir im Wasser waren, redete, erzählte er mir, dass er davon träumt, nach England zu können, und dass sie ihn bestimmt nachholt.

Ich habe ihm die Illusion nicht genommen.

Um meinen Freund bei Laune zu halten, „musste“ ich mit ihm die Nächte auch noch zum Tag machen. Wir suchten einige Diskotheken auf, checkten die Clubs in Denpasar. Ab dem dritten Cocktail konnten wir über die Karaoke lachen.

Die sogenannte „Szene“ sollte natürlich auch noch ausfindig gemacht werden. Ganz in der Nähe unserer Unterkunft wurden wir fündig. Eine Straße voller Schwuler und Transen aus allen Herren Länder versprach Abwechslung.

Ich fühlte mich da etwas Fehl am Platze, war aber natürlich neugierig. Während ich an der Bar von einem Javanesen in ein Gespräch über Homosexualität auf Java verwickelt wurde, versuchte mein Kumpel etwas aufzureißen. Völlig enttäuscht kam er nach einer Weile wieder. Genügend Angebote hatte er bekommen, allerdings sollte er bezahlen. Wie ärgerlich.

Wer hier wirklich schwul ist und wer es nur aus Geldnot macht ist unklar.

So war das Thema dann auch gegessen.

 

Nach vier Wochen ging es zurück in die Heimat. Für mich war klar, gleich wenn ich zuhause bin, wird die nächste Surfreise gebucht.