La Grande Boucle
Juli 2012, Frankreich, 4 Wochen Familienurlaub (kein Surftrip!). 5960 km via: Paris – Chambord - La Rochelle – La Flotte - Ars en Ré – Les Portes – St. Martin – Meschers – Capbreton – St. Jean de Luz – Lafitenia – Bayonne – St. Jean Pied de Port – Col d´Haritzcuruche – Sainte-Engrace – Mauléon-Licharre - Sauveterre-de-Béarn - Capbreton – Mimizan – Cap Ferret – Lacanau – Royan - La Rochelle – Chateaubriant – Les Tourailles – Putanges – Ste. Croix sur Orne – Flers – Cerisy Belle Étoile – Villedieu – Coutances – Pirou – Granville – Vauville – Cap de la Hague – Barfleur – Les Tourailles – Trouville / Deauville – Etretat – Amiens – Lille
Ein paar Eindrücke von unserer großen Schleife in Stichworten:
Alkoholtester: seit 1. Juli muss man die Dinger im Auto mitführen. Ist wohl eine Folge der Sparmaßnahmen im Zuge der notwendigen Sanierung des französischen Haushalts. Allerdings waren die Dinger mit Stand Anfang Juli ausverkauft, nächste Lieferung frühestens Mitte August.
Autowaschanlagen: An fast jeder größeren Supermarkttankstelle gibt es Do-It-Yourself Waschanlagen mit Dampfstrahler, in die auch ein IVECO (Ducato, Sprinter etc.) mit höherem dach einfahren kann. Sehr praktisch, wenn die Karre in Hamburg wochenlang unter einem stark Blütenstaub absondernden Baum stand.
Van with a view. Etretat.
Camping: Meistens voll, selten nicht sauteuer. Inzwischen gibt es auch in Frankreich ziemlich viele WoMo-Stellplätze, an den touristischen Hotspots an der Küste zwischen Biarritz und der Charente, mit bis zu 12 € pro Tag nicht gerade billig (vor allem wenn mein kein Luxusmobil mit Stromanschluss und Whirlpool hat und zum Erledigen bestimmter Geschäfte dann mangels sanitärer Anlagen doch wieder in die Dünen muss). Günstiger bis zu kostenlos wird das Ganze mit zunehmender Entfernung zu dieser Gegend, sei es Richtung Landesinneres oder Richtung Kanal.
La Piste am frühen Morgen. Sieht machbarer aus, als es war.
Capbreton: Bei Swell mit ausreichend Dampf und Offshore immer noch grenzwertig zwischen super schnellen Barrels und super schnellen Closeouts gratwandernd. Bei Low Tide auch für richtige Surfer nur eine von 20 Wellen machbar. Bei kleinem Swell, höheren Tiden und leichtem Onshore dagegen klassischer Spaß Beachbreak, an dem man mit ein bisschen den Strand entlang Laufen auch leere Wellen findet (siehe „Timing“).
Der Chef.
Geier: Wenn man von der Cote Basque aus ca. eine Stunde in die Berge (siehe „Pyrenäen“) rein fährt und auf einem der vielen Pässe anhält, kann es schon mal passieren, dass die Viecher knapp 20 Meter über einem ihre Kreise ziehen. Dabei gleiten sie extrem entspannt mit kaum mal einem Flügelschlag mit Hilfe der Thermik sauschnell von Gipfel zu Gipfel, immer auf der Suche nach Rennradlern, die eine der Haarnadelkurven der Passstraßen zu schnell genommen haben.
Futter: immer wieder ein Fest für die Sinne ist der Besuch der um diese Jahreszeit überall stattfindenden Wochenmärkte und der täglich genutzten Markthallen. Erstklassige Lebensmittel, oft aus der jeweiligen Region. Auf jeden Fall den – allerdings auch sehr hochwertig bestückten – Hyper-, Super-, Mega-Marchés vorzuziehen. Ausnahme: regionale Produkte von der Cotentin Halbinsel würde ich liegen lassen, auch wenn sie noch so verführerisch aussehen (siehe „La Hague“).
Ile de Ré: Immer noch hübsch, ab dem ersten Tag der französischen Schulferien immer noch zu voll, natürlich immer noch zu teuer (Kugel Eis ab 2,80 €, für ein Pint Bier hab ich in Les Portes 8 € gezahlt). Zur Zeit ungewöhnlich viele Häuser zu verkaufen, allerdings zu immer noch absurd hohen Preisen so um die 5.000 E pro m2. Salinen haben sich von der großen Überflutung vor zwei Jahren immer noch nicht erholt. Surfen weiterhin sehr tricky und extrem von der Tide abhängig. Bei Ebbe geht wegen zu seichten Küstengewässern gar nix, kann sich aber ab dem richtigen Tidenzeitpunkt extrem schnell ändern. An einem Tag bin ich bei hüfthohen Wellen am Strand losgepaddelt und hab dann im Lineup über Kopf hohe Wellen auf den Deckel gekriegt. Länge der gepaddelten Strecke: 20 Meter. Selbst bei meiner chronischen Paddelschwäche ist das eine sehr abrupte Zunahme der Wellenhöhe.
Kulturnation: für mich hat Frankreich diesen Status verloren. Siehe „La Hague“.
Lacanau: Deftige Angriffe auf die Riechorgane während der Anfahrt an der Papierfabrik vorbei. Kaum auszuhalten der Gestank. Weiß nicht, wie das die Anwohner aushalten. Ansonsten mit fast schon deutscher Ordnungsliebe gestaltet, sehr sauber, den luxuriösen Campingplatz in Strandnähe haben wir für eine umfangreiche Waschaktion genutzt. Am morgens akkurat planierten, super breiten Sandstrand tummelten sich eine Yoga Gruppe und ein paar Surfschulen. Wellen waren durch den Onshore mushy, nach der Großwäsche sind wir wieder abgereist.
Lafitenia: War ich zum ersten Mal. Sehr nett und sogar bezahlbar der Campingplatz oberhalb des Breaks mit exquisitem Ausblick auf eine wunderschöne Küste. Swell war auch groß genug, um den Point zum Laufen zu bringen, allerdings paddelte ich genau dann raus, als der Onshore nur noch Schwabbel von Ostseequalität (allerdings mit etwas mehr Power) produzierte (siehe „Timing“).
La Hague, Cap de la: eines DER landschaftlichen Highlights Frankreichs. Grandiose Radtouren ausgeschildert entlang der Küste und um das Kap herum, sportlich anspruchsvoll durch ständiges rauf und runter, hin und wieder mit 20% Steigung. Diverse wunderschöne Buchten mit Riffen und Sandstränden. Das ganze leider eingerahmt von einer Wiederaufbereitungsanlage und einem Atomkraftwerk mit nachgewiesenen, nicht ganz so erfreulichen Auswirkungen auf Wasser und Böden der Gegend. Absolut barbarisch und ziemlich zynisch (siehe „Kulturnation“), die Platzierung dieser Anlagen in dieser Gegend. Aber wohlkalkuliert. Die Schönheit der Landschaft verleitet dazu, die nicht seh-, riech- und hörbare Belastung zu verdrängen, Risiken von lokalem Widerstand waren in dieser unterentwickelten und verarmten Region minimiert, die am Eingang in den Kanal starke Tidenbedingte Strömung verteilt die Belastung im Wasser schnell woandershin.
Richtig grätzig wurde ich hier, als ich auf meiner Radtour um das Kap 200 Meter von der Wiederaufbereitungsanlage entfernt auf eine Kuh Herde traf, die mit prall gefüllten Eutern von ihrer Wiese vor dem Hochsicherheitszaun der Anlage in den Stall zum Melken gebracht wurde (siehe „Futter“). Auch die Meeresfrüchte aus der Gegend – insbesondere Farmen von Muscheln, die schön das Meerwasser filtern – würde ich eher nicht essen. Wellen kann es hier ganz nette geben, in ihrer Qualität stark tidenabhängig und oft durch starken Wind beeinflusst. Auf Grund der hohen Wahrscheinlichkeit, mehr oder weniger radioaktiv kontaminiertes Wasser zu schlucken, immer eine schwierige Abwägung hier raus zu paddeln……
La Rochelle: der Stopp hier ist für uns Pflichtprogramm. Der alte Hafen ist einfach wunderschön, die Moules an dem Stand auf der Kaimauer sind Weltklasse und dieses Mal gab´s als Zugabe noch eine Traditionsregatta mit olympischen Segelbooten (fragt mich bitte nicht nach der Klasse) aus den letzten 50 Jahren, bestückt mit Größen des Regattasports aus eben dieser Zeit geboten.
Mimizan: Mimizan halt.Nicht gerade einsam am Strand. Sandbänke halten aber auch größeren Onshoreschwabbel. Da hier fast nur Surfschulen im Wasser sind konnte ich es mir leisten, kurz in Boardshort raus zu paddeln und in 10 Minuten zwei Setwellen abzugreifen um dann so erfrischt micht wieder ans Steuer zur Weiterfahrt zu setzen.
Pyrenäen: Wenn´s an der Cote Basques zu heiß / zu voll / zu flat oder alles zusammen wird sollte man einfach mal eine Stunde Richtung Südosten fahren und in die Pyrenäen eintauchen. Grandiose Landschaft und Natur (siehe „Geier“), hübsche Dörfer und das spezielle baskische Flair. Die spanischen Basken werden ja als die Deutschen Spaniens bezeichnet, weil sie so arbeitsam und fleißig sind. Die französischen Basken würde ich als die Schwaben Frankreichs bezeichnen. Selbst das hinterletzte Dorf ist extrem sauber und Vorgärten und Häuschen sind akkurat gepflegt.
Timing: mit nicht surfender Familie nicht ganz so einfach, was das Surfen betrifft. Erschwerend kommt hinzu, dass die lokalen Thermiken die meiste Zeit des Tages Onshore Schwabbel produzieren. Early Bird bringt auch nicht immer Erfolg wenn die Tide nicht passt (siehe Capbreton) und / oder die wenigen Stunden mit morgendlichem Offshore alle aus der näheren Umgebung nutzen wollen. Muss man dann halt nehmen, wie´s kommt, und raus gehen, wenn man grade am Strand ist. Ist bei den Sommercrowds manchmal sogar die bessere Variante, bei suboptimalen Bedingungen raus zu gehen (siehe „Mimizan“ und „Capbreton“).
Mehr Fotos gibt es hier.
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Ich fand es eine...
coldwaves on Do, 08/02/2012 - 12:34...klasse übersicht. Merci Tom
fetter blog!! Aber hört sich
Da Johnnie on Di, 07/31/2012 - 18:45perfekte Sommerdestination?
tripmaster on Mi, 08/01/2012 - 16:24ist natürlich eine Frage, was man unter perfekt versteht. Wenn Surfen = Party + spät aufstehen + in mushy Waves erste Surferfahrungen sammeln bedeutet, ist es um die Zeit perfekt.
Für mich ist der Trip um die Jahreszeit halt eine gute Combo für Familienurlaub plus ein bisschen nass werden.
Außerdem schau ich mir auch gerne mehr von dem Land an, als "nur" die Strände.