Was ist eigentlich die Steigerungsform von perfekt? Das fragen wir uns hier in Peniche bereits den ganzen Winter. Immer wenn wir denken, wow, das war die Session des Winters, setzt die nächste noch einen drauf. Seit Mitte November schickt der Atlantik einen Super-Swell nach dem anderen an Portugals Küste, begleitet von Sonne und, was noch wichtiger ist, konstantem Ostwind.
Ich weiss gar nicht, wieviele Welle-des-Winters, Barrel-des-Winters, Wipe-out-des-Winters, Drop-des-Winters ich in den letzten Monaten hatte, so oft kam ich völlig ausgepowered und grinsend nach einer weiteren Ultra-Session an Land gekrabbelt.
Das letzte von unzähligen Highlights tauchte dann auch noch an einer Stelle auf, wo man es am wenigsten vermutet. Lagido, Supertubos, Molhe Leste, Concelacao... bei diesen „üblichen Verdächtigen“ erwartet man ja bereits eine gewisse Perfektion ab und an. Aber in Tupatour vor Bruno´s Bar, in der Bucht von Peniche??????? Ungefähr soviele Fragezeichen standen im meinem Gesicht, als ich eines morgens von unserer Sonnenterasse im Maximum Surfcamp mit verschlafenen Augen die Bay bzgl. Windrichtung und Wellenhöhe abcheckte. Auf Höhe von Bruno´s Bar, ein bisschen weiter Richtung Middle-of-the-bay, liefen konstant Sets perfekter, endlos scheinender Lefts rein. Vor allem mein neuseeländischer Kumpel Peter war gar nicht mehr zu beruhigen, während ich weitaus skeptischer blieb. Eine pointbreak-artige Left in Tupatour? Wohl kaum. Und wenn, dann wohl kaum surfbar. Aber auf Drängen Peters setzten wir uns ins Auto und guckten uns das ganze aus der Nähe an. Die Welle brach tatsächlich in Tupatour, und sie war tatsächlich perfekt. Der mannshohe Shorebreak und der 400m Paddel, die es zu überwinden galt, um zum Peak zu kommen, waren allerdings weniger perfekt... Die Strömung da draussen konnte man nur erahnen, alles in allem blieb ich skeptisch. Peter, zum ersten Mal in Portugal und Peniche, war jedoch völlig begeistert und zwang mich quasi, mit ihm diese Welle anzugehen.
Durch den Shorebreak haben wir ca. 15 Minuten gebraucht, im hüfthohen Wasser zerschepperte bei Lowtide Welle nach Welle nur wenige Meter vor uns und versperrte uns den Weg. Danach folgten ca. 15 Minuten konstantes Paddeln Richtung Peak plus 15 Minuten Orientierung im Lineup (nicht ganz einfach ohne weitere Surfer, bei starker Strömung und einer relativ einförmigen Dünenlandschaft vor Augen).
Aber dann kam unser Set, und Peter bekam die erste Welle. Deswegen und wegen seines Beharrens auf unser Rauspaddeln habe ich diese Welle ihm zu Ehren Peter´s Left getauft.
Danach kam ich an die Reihe und fand mich plötzlich in einer knapp 3m hohen Wasserwand wieder, die ich für gut 150m absolute Perfektion entlangflog. Leider blieb es für uns beide an diesem Tag bei diesen zwei Wellen, weil uns auf der Inside Welle auf Welle tiefer in die Impactzone nagelte und wir schliesslich aufgaben und uns Richtung Strand treiben liessen.
Mit gemischten Gefühlen, einerseits gestoked durch diesen einen Wahnsinnsritt, andererseits gefrustet, dass der ganze Aufwand nur für eine Welle gewesen sein sollte, fuhren wir ins Camp zurück.
Der Lohn für unsere Mühen kam jedoch schon am nächsten Tag. Etwas kleiner aber genauso perfekt, lief Peter´s Left immer noch mit unglaublicher Präzision die Sandbank entlang, als wäre sie ein Korallenriff. Diesmal gab es kein langes Zögern, und wir kämpften uns durch den Shorebreak die gut 400m nach draussen. 2 unglaubliche Stunden lang surften wir zu zweit Left auf Left, steile Drops mit anschliessender Speedsection, dann Topturns, und 150m weiter rauskicken und grinsend zurückpaddeln.... bis das auflaufende Wasser die Welle nach und nach zu fett werden liess. Stoked bis zum Umfallen schwor ich Peter, dass das mit die besten Lefts meines Lebens waren (womit sie in eine Reihe mit Punta de Lobos, Chicama, Pacasmayo, Supertubos und einigen anderen Stationen meiner Surfkarriere gestellt wurden!).
In den Folgetagen wurde der Swell kleiner und wir haben ein paar unglaubliche Peaks an Peniches Northshore gerockt.
Mit dem nächsten grösseren Swell ein paar Tage später dann das eigentliche Wunder: die Sandbank in Tupatour war noch da und mit ihr Peter´s Left!
Natürlich waren Peter und ich bei Lowtide sofort wieder am Start, und diesmal leistete uns Max Gesellschaft. Erneut double-overhead, monströser Shorebreak und weiter Weg ins Lineup. Für jeden gab es nur etwa 4-5 Wellen, denn Strömung und das 200m-Zurückpaddeln nach jeder gesurften Welle zehrten ganz schön an den Kräften, aber es gab keinen unter den gerade mal 5 Surfern da draussen, der nicht die Worte „episch“, „perfekt“ oder „Wahnsinn“ zur Beschreibung des gerade gesurften benutzt hat.
Aber es geht ja noch weiter.... Am nächsten Tag nahm der Wind stark zu, zwar perfekter Offshore, aber an der Grenze des Surfbaren, obwohl Peter´s Left unbeirrt mit meterhoher Gischt weiter brach. Zudem hatte sich das „Geheimnis“ von „unserer“ Left bereits rumgesprochen, so dass sich der Parkplatz in Tupatour langsam aber sicher mit den bekannten Locals füllte. Etwas skeptisch aufgrund des Windes sind Peter und ich dann doch den langen Weg zum Peak rausgepaddelt und haben uns zu Seppo und Rainer gesellt, die bereits ziemlich stoked da draußen saßen. Eine gute Stunde hatten wir dann die unglaublichsten Wellen für uns vier und bereits überlegt, ob wir Peter´s Left nicht besser in „The German Left“ umbenennen sollten. Aber dann hatten wir durch unser Geschlitze in den hohlen Speedtrains endlich die Locals überzeugt und einer nach dem anderen kam ins Lineup gepaddelt. Dennoch blieben genug Wellen für die maximal 10 Anwesenden, zumal jeder Surfer mit seiner Welle erstmal für einige Zeit verschwand, und Peter und ich hatten wohl jeder über 10 Wellen von einer Perfektion, die man nicht glauben würde, gäbe es keinen Photobeweis.
Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, dass waren die Sessions des Winters, aber mittlerweile weiss ich ja, dass in Peniche gilt: Nach dem Swell ist vor dem Swell!
Fetten Fun mit den Pics, und falls jemand Unterkunft, Unterricht oder Tips in und um Peniche benötigt: www.maximumsurfcamp.com