28.03.2011 Sandy Island

 

 

Feine, helle Sandkörnchen tanzen, vom frischen Nordwind angeregt über den, von der wärmer werdenden Märzsonne beleuchteten Strand der scheinbar vergessenen Nordseeinsel in Süden von Dänemark. Hier, wohin sich kaum noch ein Wellenreiter verirrt versinken die Schuhsohlen des Flensburger Surfers ein wenig im noch feuchten Sand. Es ist das nasse Überbleibsel der vergangenen Flut. Das Meer wurde ein Stück seiner Heimat beraubt. Große, schwere Austern warten im trocken gelaufenen Strandsand und bleiben standhaft gegen die hoffnungslosen Attacken der Seevögel. Sie warten auf den nächsten Gezeitenzyklus und öffnen sich erst wieder, wenn das salzige Nass der Nordsee ihre Schalen umflutet.

 

 

Wie die Flut kehrt auch der Wellenreiter immer wieder zu „seinem Strand“ zurück. Die Nase im Wind. Die Augen geschlossen. Die Sonne wärmt das Gesicht, den Mund und die Nase. Der Wind zehrt an der Kapuze, der Jacke und der Hose. Es ist kühl aber gleichzeitig auch warm. Der Frühling beginnt und mit ihm erhöht sich auch die Häufigkeit der Besuche auf dieser Insel. Der Nordwestwind mit vier Windstärken schiebt die Nordsee sanft vor sich her. Die flachen Sandbänke produzieren ein Fuß hohe Wellen. Der Geschmack, der Geruch der salzigen See umweht den Surfer. Er atmet tief ein, und tief wieder aus. Meerwasser, Salz, Frische und scheinbar grenzenlose Weite.

 

 

Am Rand der Zivilisation stehend schweift der Blick in die Ferne. Nur ein schmales Band, welches den trockenen Boden mit dem kühlen Feucht verbindet und aus einem normalen Menschen einen Surfer macht. Nicht nur das, auch das Brett, der Anzug, der freie Willen und die Liebe zum Ozean sowie die reinigende Wirkung des Meeres. Er wartet noch eine Weile, bis sich das Meer wieder erhebt und der Gezeitenstrom ungebrochene Wellen über die Kante der ersten Sandbank schiebt. Nun wird es Zeit, sich in den dicken Winteranzug zu pellen. Im windgeschützten Bus. Ein warmes Lycra drunter, die Booties mit größter Sorgfalt und auch Mühe über die Knöchel ziehen. Sind die Füße größer geworden? Oder die Booties eingelaufen? Diese Fragen werden unwichtig, obwohl sie uns auf charmante Weise beschäftigen.

 

 

Das Meer steigt. Der Surfer summt leise vor sich hin und lächelt. Er freut sich darauf, mit dem langen Brett ein paar kleine Wellen zum Feierabend zu surfen. Vom Parkplatz der Firma sind es nicht einmal 60 Minuten bis zur Wasserkante. Entspanntes cruisen, den Tempomat bei  80km/h einstellen. Entspanntes ankommen. Zeit haben. Ja, Zeit haben. Sogar Zeit mitbringen. Ist es einigen von uns nicht allzu sehr in den vergangenen Jahren abhanden gekommen? Sind wir nicht häufig am Hetzen und können uns nie richtig entspannen? Aufs Meer schauen. Der Surfer hat an diesem Tag eine halbe Stunde aufs Meer geschaut und auf die Flut gewartet. Das Longboard aus dem Bus nehmen, die alte Wachsschicht auffrischen und zum Wasser rübergehen. Ganz leise. Mit kleinen Schritten. Lächeln. Atmen. Fühlen. Freuen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. In keiner Konferenz. In keinem Stau. Vor keinem Bildschirm. Hier sein, und jetzt. Das ist vielleicht das, was wirklich zählt. Beantworte es Dir selbst.

 

 

Die ersten Wellen laufen sanft unter dem Longboard hindurch. Das kalte Wasser der Nordsee (5°C) findet durch den Beinabschluss einen Weg in den Anzug und füllt die enganliegenden Booties. Das Meer fühlt sich kalt an. Zugleich fühlt es sich  auch frei an. Es fühlt sich vertraut an. Ich lege mich auf das Deck und paddel der Sonne entgegen. Die leichte Gischt der kurz vor mir brechenden Wellenkämme weht mir in das Gesicht. Ich schmecke den Salzgehalt des Meeres. Die Wellen haben nun eine Höhe von zwei bis drei Fuß und laufen sauber über die wenigen Sandbänke. Der Wind bleibt zurückhaltend. Die Sonne scheint und der Himmel leuchtet in einem hellen Blau.

 

 

Ich habe die Wahl zwischen zwei Sandbänken, welche eine links- und eine rechtslaufende Welle erschaffen. In der weiten Ferne erkenne ich einen Kiteschirm. Somit bin ich heute also nicht alleine im kühlen Nass. Nicht dass mir hier draußen irgendjemand helfen könnte. Man ist allein auf sich gestellt. Die Wellen sind jedoch klein und es ist keine nennenswerte Strömung vorhanden. Die Nordsee beschäftigt mich gute zwei Stunden, bevor es mir ein wenig zu kalt wird und ich das Meer wieder verlasse. Nun steht die Sonne schon tief am Abendhimmel und taucht den Strand dieser schönen, kargen Insel in satte Farben. Es ist schon ein schönes Leben, wenn man diese Erlebnisse im Alltag und mitten in der Woche mit der Natur teilen darf.

 

 

Im kalten Bus streife ich den dicken Neoprenanzug ab, versuche die enganliegenden Booties auszuziehen. Eine neue Technik hilft mir diesmal dabei, mir nicht die Finger zu brechen. Die tiefstehende, golden leuchtende Sonne scheint durch das Seitenfenster in den Innenraum. Ein Fenster zum Meer. Oder auch ein Zimmer mit Strandblick. Ich öffne ein Aftersurfbier, lehne mich zurück, schaue aufs Meer und reflektiere die erlebte Session.

 

 

Es wird etappenweise Frühling. Schon bald steht der Bulli wieder übers Wochenende im Norden Dänemarks. Ich freue mich sehr darauf. Warmes Wasser, Sonne, Freunde und Bekannte treffen, Duft vom frischen Wachs in der Nase, Grillen, Lagerfeuer, Skaten und durch die Dünenlandschaft streifen...

 

Bild von dacat

... schön, dass Du nach wie

dacat on Di, 04/05/2011 - 11:14
... schön, dass Du nach wie vor das schneller-höher-weiter einfach freundlich neugierig anlächelst (siehe Rückspiegel).
Bild von Don Diggi

alter krass, was denn mit

Don Diggi on Fr, 04/01/2011 - 11:16

alter krass, was denn mit deinen haaren...

Bild von Da Johnnie

herrlicher Tripbericht von

Da Johnnie on Do, 03/31/2011 - 15:03
herrlicher Tripbericht von meinem Lieblingssurfpoeten!!!
Bild von Tim

Dass ich da noch nie...

Tim on Do, 03/31/2011 - 07:30

... surfen gewesen bin!