Männerballett und Roxy Girls.

„Die Fehmarnsundbrücke ist wegen des Sturms für leere LKW und Wohnanhänger gesperrt“

Das ist eigentlich meine liebste Verkehrswarnung. Ich hörte sie auf der Strecke von Hamburg an den Strand 6 Mal. Noch schöner, dass sich das Ganze auch noch bei strahlendem Sonnenschein abspielte, auch wenn der erst kurz vor Kiel einsetzte und mich dabei völlig überraschte. Sonnenbrille hatte ich keine dabei, Sonnencreme auch nicht, dafür konnte ich am Ende des Tages als rote Ampel herhalten.

Gegen Mittag war ich am Spot meines Vertrauens. Wellen waren noch recht klein, aber das entsprach ja der Vorhersage. Kurz darauf rollte der erste der Kollegen, die aus der Windvorhersage die gleichen Schlüsse gezogen hatten, ein. Es war Zwanni, wer auch sonst. Die nächste Stunde bestand dann aus regelmäßigem Wellencheck, Diskussion ob es an der Präsidentenvilla nicht doch besser sein könnte und Fachsimpelei über Familiengerechten Busausbau. Zum weiteren checken fuhr dann keiner weg, denn wir waren alle schon etwas älter und hatten die Erfahrung gemacht, dass man am Ende doch wieder an den ersten Spot zurückkehren würde.

Irgendeiner musste dann den Testdummi machen – diesmal war das ich – und ich blieb nicht lange in der Fahrrinne allein. Vor der Mole wär´s zwar auch nicht schlecht gewesen, aber hier war eine Batterie von Angeln aufgestellt, deren Haken durch die Strömung genau da hin getrieben wurden, wo man sie als Surfer nicht haben wollte. Meine Session endete dann nach einer Weile mit einem Wadenkrampf. Der 5-3er war bei dem inzwischen deutlich stärkeren Wind doch nicht die beste Wahl.

Durch den Wind hatten die Wellen aber auch deutlich an Größe gewonnen. Außerdem hatten die Angler das seegras-Fischen inzwischen aufgegeben, so dass nun der Break vor der Mole in den Focus des Lineups geriet. Als erste hatten das aber drei jüngere Mädls gemerkt, die wegen ihrer Bretterpalette der Einfachheit halber vom männlichen Teil des Lineups als die Roxy Girls bezeichnet wurden.

Im Gegensatz zu den meisten dieser Spezies konnte aber zumindest eine der Damen richtig gut surfen. Mit beeindruckender Paddelpower ausgestattet zog sie sich regelmäßig die Setwellen und ritt diese smooth und cross-steppend knapp 100m von er Sandbank bis zum Lineup der älteren Herren mit den langen Planken in der Fahrrinne.

Das konnten die aber nicht lange auf sich sitzen lassen und so zog die Truppe auch bald um. Für eine gute Stunde war das dann – für Ostsee Verhältnisse – richtig nettes Surfen. Ich sah mir das Ganze dann eine Zeitlang mit der Filmkamera in der Hand an – ich brauch ja noch Material für meinen Clip für das Nordnordwest – Filmfestival – bis der Akku den Geist aufgab.

Am frühen Abend ließ dann der Wind etwas nach, aber Huey schickte trotzdem noch das ein oder andere Setchen. Die Roxy Girls waren inzwischen abgereist und so wagte ich mich auch wieder in den nun auch für mein Alter wieder passenden Lineup, in dem der Bluemag - Jens, der inzwischen auch angekommen war, mit Abstand der Jüngste war. Dort merkte ich dann schnell, dass nur Fahrradfahren die Paddelmuskeln nicht ausreichend trainiert, ließ das Paddeln gegen die Strömung sein und stellte meine Taktik auf paddeln, rutschen, laufen, paddeln etc. Dann erwischte ich aber eine Phase, an der der Wind nur noch choppiges Minigeschwabbel ablieferte und machte Feierabend.

Als dann die tief stehende Sonne unter den inzwischen etwas mehr gewordenen Wolken durchlugte und zauberhaftes Licht produzierte, setzte ich mich noch einmal mit der Kamera an die Mole. Der Wind war inzwischen fast weg, trotzdem rollte noch das ein oder andere Wellchen rein und die 4 verblieben älteren Herren auf den langen Planken führten noch ein bisschen Wasserballett auf. Kein schlechter Tag, für den Ostsee.

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