Fast täglich krieg ich zu hören, wie schlecht das Wetter in diesem Sommer ist und dass es endlich Zeit wird, dass es richtig Sommer wird. Eine Sicht der Dinge, die wellenhungrige Norddeutsche – seien es Windsurfer, Kitesurfer oder Surfer - möglicherweise eher nicht teilen.

Denn der viele Regen kommt ja nicht von selbst, sondern wird meistens durch Wind herbeigepustet. Und der gibt sich in diesem Post El Nino Jahr mal wieder besonders viel Mühe. Eher herbstlich knackiger westlicher Wind paart sich mit äußerst angenehm temperiertem Wasser auf Nord- und Ostsee sowie entspannten Lufttemperaturen.

Für letzten Freitag war wieder so ein Herbststurm angesagt. Zeit, mal wieder meine Taktik für diesen Sommer anzuwenden, die da heißt: wenn es bläst, losfahren. Irgendwas wird schon gehen, surfen oder stehsegeln oder beides. So kroch ich dann am Freitagmorgen aus meinem Van auf dem Parkplatz der ersten Mole und der erste Blick über die Düne hatte etwas Nostalgisches: Feiner Nordwestwind blies im 45 Grad Winkel an den Strand und brachte Wellen mit gut 2 Meter Höhe mit.

Fast wie früher, bevor die neue Mole etwas zu lang und etwas zu sehr gekrümmt gebaut wurde und das unbrauchbare Hafenbecken entstand. Und südlich der Mole waren tatsächlich ein paar Sandbänke auszumachen, die es schafften den Nordwest Swell in brauchbare Wellen zu transformieren. Immer noch nix im Vergleich zu Anfang 2000, aber doch soweit ansehnlich, dass ich das erste Mal seit gut 10 Jahren hier wieder mein Windsurfbrett zu Wasser ließ.

Surfen ohne Segel wäre auch gegangen – teilweise lief da eine durchaus brauchbare Rechte – aber ich hatte mehr Bock auf Stehsegeln. Gegen Mittag – der Wind war gerade dabei entsprechend der Vorhersage einzuschlafen – beendete ich die Windsurf Session und schaute mir die surf Breaks noch einmal genauer an. Könnte ja sein, dass nach Abflauen des Windes noch eine Longboard Session drin war.

An der Rechten südlich der Mole waren bereits zwei liegend paddelnde drin. Leider war die Tide aber bereits am Drehen und das tat der Sandbank gar nicht gut, so dass die Rechte schon wieder sehr in den Schwabbelzustand verfallen war. Im Hafenbecken waren ein paar mehr Surfer im Wasser, wobei mir auch nach längerer Observation nicht klar wurde, warum. Das, was es an Falten noch in den Hafen schaffte brach zu 95% close-out entlang des kompletten Strandes. Die Linken, die tatsächlich einmal offen blieben, waren extrem selten.

Ich beschloss weiter zu ziehen. Vielleicht würde ich ja die Superbank so passend erwischen, dass das nach Norden ziehende Windfeld bereits durch war und vielleicht für eine Zeitlang schwacher Wind mit nicht so schwachem Windswell zusammentreffen würde. Dem war dann leider nicht so. Der Swell war zwar noch kräftig da und die Sandbank sah auch gut aus aber der Westwind war doch zu stark. Also schmiss ich die Karre wieder an und machte mich auf den Weg an den Northshore Thys. Dort sollte das Windfeld laut vorhersage erst am späten Nachmittag ankommen, was es dann auch exakt so tat.

Da mein Körper signalisierte, dass er immer noch mit dem Verarbeiten der Vormittags-Session im Süden beschäftig war, parkte ich meinen Van strategisch günstig – heißt so weit im Luv, dass ich den Gestank der Müllverarbeitungsanlage nicht abbekam und nah genug am Wasser, um den perfekten Blick auf das Geschehen zu haben – und schaute bei einer kleinen Brotzeit dem Stehsegel Geschehen einfach nur zu. Das Licht war wunderbar, die Wellen amtlich, der Wind ausreichend und eine erkleckliche Anzahl an Afficionados belegte wieder einmal, dass Windsurfen lebt (wen Stehsegeln interessiert: hier klicken für mehr Bilder).

So hatte ich dann noch großes Kino bis zum Sonnenuntergang. Die weitere Vorhersage für das Wochenende war nicht gar so prickelnd, leichte bis mittlere Winde aus West-Südwest und niedrig periodischer Windschwabbel bis knapp 1,5 Meter hätten mich normalerweise eher nicht nach Thy gelockt. Aber nun war ich schon mal hier und beschloss zu bleiben.

Da ich keinen Bock auf nächtliches Gehassle wegen unerlaubt in der Pampa rumstehen hatte, checkte ich im Nystrup Camping in Klitmøller ein. Die sind dort extrem Stehsegler und Surfer freundlich – insbesondere die Dame am Empfang scheint Menschen in Neos zu lieben oder aber regelmäßig bei der Kommune in der Gegend einkaufen zu gehen – und bieten einen Surfer Stellplatz für 100 Kronen pro Nacht an.

Das ist exakt so viel, wie man für das Übernachten auf dem Parkplatz in Hvide Sande zahlt, mit dem Unterschied, dass man hier oben auf einer netten Wiese mit Grillplätzen steht und nebenan ein großes Gemeinschaftshaus mit freiem WLan, gut 10 Kochstellen und noch mal so viel Abwaschplätzen hat sowie ausreichend Toiletten, Waschräume und Duschen. Der Deal ist echt fair! Einziger Nachteil: vor 7 Uhr und nach 22.30 Uhr kommt man nicht mehr vom / auf den Platz.

Samstag war dann den ganzen Tag wie angesagt kleine und schwache Welle bei leichtem Südwest geboten. Ich blieb dann den ganzen Tag in dem Fischerdorf weiter südlich. Es schwabbelte wie erwartet ziemlich müde, aber im Underground konnte man ganz gut rutschen. Ich zog mich aber lieber an die Stummelmole zurück. Diese läuft derzeit nur bei Winzlings-Swell brauchbar, liefert dann aber eine ganz nett laufende Linke für´s Longboard. Für zwei entspannte Sessions reichte es.

Sonntag früh dann erst einmal strahlender Sonnenschein. Erster Check war Klitmoeller Bucht. Swell hier überraschend „groß“, aber wie so oft nur weit draußen in der Bucht brechend. Ich zog weiter an die Fischfabrik. Der erste Blick von oben sah richtig einladend aus, der zweite Blick ebenfalls. Allerdings bedeutete die aktuelle Windrichtung beißenden Gestank im Lineup und sehr zweifelhafte Wasserqualität. Trotz Spezialtherapie hatte ich meine Infektion immer noch nicht ganz überwunden und zog schweren Herzens wieder ab, das Ganze mit dem frevlerischen Gedanken, dass so eine SUPpenschüssel manchmal doch eine Option sein könnte, insbesondere, wenn man nicht so viel im Wasser rumliegen will.

Also zog ich weiter und lief wieder das Fischerdorf an. Die Stummelmole konnte den „größeren“ Swell wieder nicht ab und war das absolute Schwabbelgrauen, dazu noch tierisch voll. Am Underground stand zu viel Wind drauf. Dafür lief an der langen Mole wieder die Linke, nicht groß aber Longboard-bar und vor allem leer. Da ging ich dann rein und hatte noch ein paar nette Wellen.

Kaum hatte ich meine Session beendet ging aber bereits die jährliche Rettungsboot Show los, der Strand war brechend voll, am Wasser dümpelte das Seenotrettungsschiff und ein Retter-Schlauchboot zog seine Kreise. Ich beschloss, dass es genug sei und machte mich auf den Weg gen Süden, nicht ohne an der Westküste noch ein paar Optionen zu checken, die sich aber allesamt nicht wirklich spannend erwiesen.

Fazit: geregnet hat es die drei Tage kein einziges Mal. Der sommerliche Herbstwind hatte ein paar nette Falten aufgeworfen und insbesondere der Freitag war brillant, zumindest, wenn man Stehsegeln was abgewinnen kann. Von meiner Seite gibt es keinerlei Beschwerden über das Wetter!

Ein paar mehr Bilder gibt es hier zu sehen.

Bild von coldwaves

Bisher...

coldwaves on Fr, 07/22/2016 - 18:39

...fand ich den jetzigen Sommer auch ganz nett. Und wenn man das Glück hat so oft aufs/ins Wasser zu kommen wie du, Daumen hoch ;-)