Verzweiflungstat
Hinweise des Vorstands: dieser Blog wurde von einem älteren Herrn geschrieben, der Stehsegeln immer noch als ernsthafte Alternative zum Surfen betrachtet. Die Beschreibungen des Herrn spiegeln nicht die Meinung des Syndikats wieder und werden hier nur wegen der Meinungsfreiheit veröffentlicht.
Könnte ich mir meine Zeit frei einteilen, hätte ich wohl das Wochenende an Dänemarks Westküste verbracht. Ordentlich Hack aus West bis Nordwest und kräftige Windwelle versprachen sehr spaßige Windsurfbedingungen und mit Glück die ein oder andere Surf Session im Schutz einer Mole. Doch meine freien Zeitfenster waren zu klein, es blieb nur die Ostsee als Option. Für die kam der Wind aber Samstag und Sonntag zu südlich, mit Ausnahme von gegen Abend prognostizierten Winddrehern auf Nordwest, die dann in Regel erst nachts Realität werden.
Nur für Montag sah die Vorhersage besser aus. Sie sah sogar richtig gut aus. Sehr kräftiger Wind aus West sollte kommen, mit genau dem Ticken Nordanteil in der Richtung, der in Ostholstein für richtig viel Spaß sorgen kann. Also blieb ich am Wochenende zu Hause und hielt mir den Montagnachmittag frei.
Ein letzter Check der Windmessdaten gegen Mittag machte Hoffnung. Um die 6 Bft. Wurden da angezeigt, Richtung WNW. Das sah gut aus. Windsurfen in der Hohwachter Bucht war der Plan, mit der kleinen Hoffnung auf eine Sideoffshore Longboardsession als Sahnehäubchen.
Am Ziel angekommen dann erst einmal Ernüchterung. Sideoffshore kam der Wind, aber mit zu viel Offshore und die Wellen, die es an den Strand schafften waren maximal kniehoch. Aber es bestand ja Hoffnung. Laut dem Dänen und dem Windfinder sollte der Wind Nachmittags mehr in Richtung Nord drehen und ausreichend stark bleiben. Nach ein bisschen Zeit tot schlagen wurde ich dann aber doch nervös und fuhr zum Schloss. Hier kam der Wind überraschender Weise dann schräg auflandig. Laut Aussage eines Windsurfer Kollegen draußen mit sehr ordentlichem Druck, allerdings mit einer ca. 200m breiten Schwachwindzone im Uferbereich. Dafür wollte ich nicht die 3 Euro pro Stunde Parkgebühr zahlen, um an den Windsurfer Parkplatz zu kommen.
Am Surfer Abschnitt schwappte zwar ein bisschen was rein, die Wellen brachen aber immer da, wo grad kein Surfer Kollege im Wasser trieb. Ich halte diesen Spot sowieso für maßlos überbewertet und geh da nicht paddeln. Also entschied ich mich, motiviert durch die hier deutlich mehr Nord beinhaltende Windrichtung, zurück zu fahren an den Ort, den ich grad verlassen hatte. Doch dort konnte ich nur das gleiche Bild feststellen, wie vor einer Stunde. Der Wind kam zu ablandig. Unfassbar, wie sich die Windrichtungen auf den vielleicht 15km Luftlinie so unterscheiden konnten.
Langsam wurde ich richtig pestig. Windsurfen konnte ich wohl abschreiben. Und „surfen“ am Schloss? Am Ende entschied ich, dass ich doch verzweifelt genug war, um da raus zu paddeln. Also warf ich wieder die Karre an und fuhr die Strecke wieder nach Osten. Wenigstens kann man da vernünftig parken. Ich nahm dann den 5-3er Neo und das Longboard und paddelte, pardon, latschte raus in den „Lineup“. Inzwischen strömender Ragen aber wenigstens angenehme Wassertemperaturen. Es folgte dann eine Abfolge aus Welle anpaddeln, 10 Meter rutschen, wieder raus latschen, bisschen gegen die Strömung paddeln, versuchen zu verstehen, wo und wie das Windgeschwabbel wohl brechen würde, anpaddeln, 10 Meter rutschen etc.
Ehrlich: da ist 1m Ostwindschwabbel an der Seebrücke noch spannender als das, was hier passiert. Trotz eigentlich gar nicht so schlechtem Küstenverlauf schafft es der Untergrund nicht, die Windwelle auch nur halbwegs passabel in Form zu bringen, geschweige denn auch nur ein Minimum an Druck zu generieren. Der Spot ist und bleibt in meinen Augen völlig überbewertet, was das Surfen betrifft. Ich will hier jetzt niemandem nachträglich die Session mies reden, aber bevor man regelmäßig die Anfahrt von Hamburg aus oder noch weiter entfernt auf sich nimmt, um hier zu surfen, sollte man sich überlegen, ob man sich da nicht doch ein Segel oder einen Drachen in den Kofferraum legt.
Mir ist es wenigstens gelungen, den Ärger halbwegs wegzuspülen, einfach deshalb, weil ich dann doch noch im Wasser war und ein paar alte Kumpels getroffen habe. Aber es bleibt eine Verzweiflungstat, die ich so schnell nicht wiederholen werde.
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würd ma sagen, das ist
leiferikson on Mi, 09/11/2013 - 08:11Minderheitenvotum
tripmaster on Mi, 09/11/2013 - 09:30würde das beim Verfassungsgericht heißen ;=)
oder aber die nackte Wahrheit zu einem überhypten Spot.....
Ich bin froh...
coldwaves on Fr, 09/13/2013 - 17:17....das da mal wieder ein paar Leute ins Wasser gehen, die letzten Jahre war es recht einsam dort ;-) fehlen nur ein paar Leute die auch aus dem letzten Scheiß noch was rausholen, hey, der Spot hat potenzial :-)
Hab' mir
boerni on Mi, 09/04/2013 - 14:52auch schon unzählige Male gesagt. Dort surfe ich nie wieder! Bin natürlich wenn ich derbe auf Wellenentzug war verzweifelt wieder hingefahren. Zuletzt durfte ich feststellen, dass man dort durchaus auch in rudimentären Bedingungen seinen Spaß haben kann.
Ist aber bestimmt nicht der am leichtesten zu surfende Spot, der einen schöne Wellen auf dem Silbertablett präsentiert.
Silbertablett
tripmaster on Mi, 09/11/2013 - 09:25Silbertablett muss schon sein, sonst find ich das nicht gut ;=)
Jederzeit wieder...
coldwaves on Mi, 09/04/2013 - 09:45...Hauptsache im Wasser ;-)
yep!
olliolliolli on Di, 09/03/2013 - 17:49