Tropical – Gar nicht Cold Hawaii

Mittwoch Mittag. Ich sitze im T-Shirt und barfuß auf den Sichtbeton Blöcken vor dem Cold Hawaii Hauptquartier und schaue den Gondoliere dabei zu, wie sie die knie- bis hüfthohen letzten Zuckungen des Ex-Hurrikan Christobal bearbeiten. Hin und wieder tropft mir Salzwasser aus der sonnenverbrannten Nase. Ein dickes Grinsen verzerrt mein Gesicht.

Der Qeull meiner Freude kam aus der Karibik und mit Ansage. Der Hurrikan mit dem schönen Namen Christobal schaffte es an der Ostküste der USA vorbei und dann nordöstlich über den Nordatlantik bis in die Gegend von Island. Dabei war er permanent am Wellen anschieben und bescherte der Westküste Europas dringend benötigte Schwellungen.

Damit davon etwas in der Nordsee ankommt müssen die Zugbahn und die Windrichtung des Ex-Hurrikans schon genau passen. Dieses Mal zeigten die relevanten Bojen die richtigen Werte von immer noch respektablen 1,5m und um die 15 Sekunden. Für Thy schwankte die Vorhersage zwischen leichten umlaufenden Winden mit einer zwischenzeitlichen Tendenz zum Ostwind. Die Near Shore Forecasts trauten sich, einen knappen Fuß Wellen anzukündigen.

Da ich solche Forecasts inzwischen ganz gut kenne, wusste ich, was ich zu tun hatte. Dienstag und Mittwoch mussten von Arbeit freigeschaufelt werden. Montagabend fuhr ich dann los, natürlich mit einer kleinen Restunsicherheit. Obwohl der Swell nicht mehr aufzuhalten war, konnte er doch durch falschen Wind unbrauchbar gemacht werden. Um 2 Uhr morgens schlug ich dann mein Nachlager kurz vor den anvisierten Spots auf.

Gegen neun rollte ich dann an der Ferienhaussiedlung aus dem letzten Weltkrieg ein und hetzte mit pochendem Herzen auf die Düne, extrem gespannt was Christobal hier abliefern würde.

Es war brauchbar. Sehr brauchbar sogar. Echter Groundswell, mit sehr langen Pausen zwischen den Sets, die dann aber kopfhoch rein rollten. Der Wind fächelte leicht aus Südost. Allerdings war der Lineup rappelvoll, was besonders bei niederfrequenten Schwellungen ein Problem ist, da sich die Horde nach den langen Setpausen immer wieder vollständig in Position gebracht hatte. Da es zwischen den Sets oft lange völlig flach war und eine leichte Strömung konstant nach Norden zog, verursachte jedes neu ankommende Set einen Massenpaddelsprint gen Süden.

Etwas nördlich vom Kurzbrett Lineup brach noch eine andere Welle, meistens sogar deutlich größer, aber schwieriger zu nehmen. Daher weilten hier nur ein paar Longboarder, die dann aber mit ordentlich großen und lang laufenden Wellen belohnt wurden. Ich entschied mich für den Kurzbrettfahrer Peak und dort für die nicht gar so lang laufenden Linken, die aber nicht so viele andere Liebhaber hatten. Als dann der Wind weiter im Uhrzeigersinn drehte hatte ich fürs erste genug.

Ich fuhr dann in die Cold Hawaii Bucht, die den süd-südwestlichen wind deutlich besser abkann. Hier brachte der Grundschwell sonst kaum beachtete Untiefen zum Leben. Obwohl noch müde griff ich mir mein Longboard, paddelte an den äußersten Peak, griff mir eine der sanften aber immer noch bis zu kopfhohen Wellen und surfte sie einmal quer durch die Bucht. Das langte mir, ich musste jetzt dringend was futtern.

Da der Südwestwind inzwischen etwas zugelegt hatte, beschloss ich mir den North Shore anzuschauen. An der Fischfabrik zauberte Christobal endlose Lines in die Bucht, die aber nur einen einzigen Gondel fahrenden Abnehmer fanden. Ich fuhr weiter an Tims Privatstrand. Dort kamen die Wellen leider nur noch hüfthoch rein und der nun aus West blasende Wind machte sie nicht besser. Zeit für eine Siesta. Der Wind sollte später ja wieder zurück drehen.

Das tat er dann auch, und er nahm dazu wie prognostiziert ab. Ich fuhr wieder zu den massiven alten Ferienhäusern. Hier war Christobal immer noch am pumpen und der Wund wurde jede Minute schwächer. Darüber freuten sich neben mir noch rund 30 andere Wellenhungrige. Darunter viele Dänen, die vom Büro direkt an den Strand gefahren waren. Leider waren viele durch Drop Ins verschwendete Wellen dabei, aber da das Niveau insgesamt ziemlich hoch war, wurde auch ordentlich gerippt. Das Sahnehäubchen war dann ein fast schon tropischer Sonnenuntergang.

Apropos tropisch: 3-2er Anzug war völlig ausreichend. Ziemlich ausgehungert fuhr ich dann gegen Neun in den Ort, wo ich dann zusehen konnte, wie die Pizzeria, in die ich wollte, gerade abgeschlossen wurde. Sämtlich anderen Läden waren auch schon dicht. Mc Doof in Thysted war so meine letzte Hoffnung, und ich wurde nicht enttäuscht.

Mittwoch morgen schien die Sonne und ein ganz leichter Südostwind fächelte über die Tundra. Von Christobal waren noch ein paar letzte Zuckungen auf dem Teich erkennbar und ich paddelte ohne Frühstück raus in den Lineup. Der war natürlich nicht leer, aber deutlich dünner besiedelt als gestern. Das ein und andere hüfthohe Set lief noch rein und bot noch mal Spaß, bis der Wind gegen Mittag wieder auffrischte. Da ich inzwischen schon die ersten Wadenkrämpfe zu überstehen hatte, machte ich Feierabend, fuhr in die Bucht und setzte mich in die Sonne.

Die Periode war wieder einmal der entscheidende Faktor gewesen und es hatte sich gelohnt, mal wieder den Treck in den Norden zu machen. Tropische Wirbelstürme und Cold Hawaii können eine erstklassige Symbiose eingehen.

Bild von coldwaves

arrrgh...

coldwaves on Do, 09/04/2014 - 11:12

...klasse Tom :-)

Bild von boerni

Tom,

boerni on Mi, 09/03/2014 - 20:12

ich beiße mir wie der Don gesagt hat grad so in den Allerwertesten... Ich verwöhntes Luder!
Schöne Bilder und selbst was abgegriffen! THUMBS UP!

Bild von tripmaster

p.s.

tripmaster on Mi, 09/03/2014 - 17:30

nach der ganzen Schreiberei musste ich doch noch mal raus. waren dann zu dritt am Peak. sets hatten noch brusthohe Faces. auf der 4. Welle teilte mir mein Körper dann durch einen fiesen Krampf im Oberschenkel mit, dass es jetzt reicht. ich gehorche jetzt mal und fahr jetzt zurück. Wartet eh ein Haufen liegen geblieberner Arbeit auf mich.....