Der Swell wurde bereits seit einer Woche von den Forecast Seiten angezeigt. 1 Fuß @ 14 Sekunden heißt auch für Dänemark übersetzt bis zu kopfhohe Wellen an den richtigen Sandbänken und Riffen (zu den mathematischen Grundlagen für derartige Vorhersagen siehe diesen Bericht). Wie immer würde der Wind vor Ort dann darüber entscheiden, ob es episch wird oder o.k. oder lausig. Anfangs wurde hier noch leichter Wind aus südöstlichen Richtungen versprochen, doch in den Tagen vor Tag X ging die Tendenz immer mehr zu Südwestwind. Zwar nichts sonderlich stark, aber nicht wirklich brauchbar an den Riffen, die für nordwestlichen Groundswell gemacht sind.

Da der Südwestwind aber zumindest von einigen Vorhersage Seiten recht schwach prognostiziert wird, beschloss ich den Tagestrip doch zu machen. Es gab ja schließlich Alternativen zu der Westküste. Glücklicherweise hatte ich noch einen Mitfahrer gefunden und so starteten wir Dienstag Abend den Ü50-Ausflug gen Thy. Ankunft im Wäldchen unseres Vertrauens war gegen halb zwei Uhr morgens und nach einem schnellen Bierchen wurde der Schnarch Wettbewerb gestartet. Der dauerte allerdings etwas länger als geplant, so dass wir am nächsten Morgen erst gegen neun wieder auf den Beinen waren.

Im Wäldchen regte sich kaum ein Lüftchen, was uns ein bisschen hektisch werden ließ. Ohne Kaffee und Frühstück zogen wir los und checkten als erstes die nördliche Mole. Der Wind passte für den Ort, aber der Teich war erstaunlich platt. Weiter ging es zu den Bunkern. Dort war deutlich mehr los auf dem Wasser – es ist immer wieder frappierend wie groß die Unterschiede in der Wellengröße auf die paar Kilometer sein können – aber der leichte bis mittelstarke Südwestwind blies den Grundschwell in unbrauchbaren Schwabbel. Also wieder weiter. Auf einen Check des Riffs in der Hauptstadt von Cold Hawaii verzichteten wir und fuhren gleich weiter an die Nordküste.

Ziel war ein Spot, den wir beide noch nicht gesurft hatten, der aber bei den Dänen sehr beliebt sein soll und den das Nordic Surfers Mag gerade als „Danish Trestles“ bezeichnet hat. Die Umgebung hier ist jetzt nicht ganz so pittoresk, aber für gute Wellen nimmt man ja gerne mal Abstriche in der landschaftlichen B-Note in Kauf.

Der erste Blick auf den Teich führte dazu, dass wir endgültig wach waren. Der Grundschwell wurde hier von einer Riffplatte in einen sehr netten A-Frame mit bis zu kopfhohen Wänden transformiert. Nur drei andere Surfer bevölkerten den Lineup. Der zweite Blick (zurück zum Van) brachte dann die Ernüchterung. Das Fahrzeug, das hinter uns auf den Parkplatz gefahren war, und das ich für einen Linienbus gehalten hatte, war der Bus einer lokalen Schule, die Surfen als Unterrichtsfach hat. Die Klassenstärken liegen hier mit 20 Mann im für den Schulunterricht erträglichen Bereich, 20 Männlein und Weiblein, die gemeinsam einen A-Frame Break entern ist aber weniger erträglich.

Also beschlossen wir doch erst einmal zu frühstücken und morgendliche Geschäfte zu erledigen, in der Hoffnung, dass die Klasse keine Doppelstunde hatte. Hatte sie aber doch und so paddelten wir dann doch raus zu den Massen. So galt es dann mit ein paar richtig guten Dänen um die Wellen zu konkurrieren und dabei nicht mit den Schülern zu kollidieren (mit den Klassenbesten musste man auch konkurrieren bzw. man konnte es auch bleiben lassen, denn da waren ein paar richtige Streber dabei). Erschwerend kam eine ungünstige Tide, zeitweise inkonstanter Swell und etwas seltsam shiftende Peaks dazu. Nicht die besten Voraussetzungen, wenn man einen Spot das erste Mal surft.

Nach einer Weile reichte es dann erst mal. Hektisch wurden wir noch nicht, denn der Grundschwell würde wohl den ganzen Tag anhalten. Zeit für eine kleine Spotcheck Runde. Da wo es bei Südwest immer so nach Fisch stinkt sah es von oben ganz nett aus, aber wie wir wissen sieht es da von oben immer netter aus, als es unten dann tatsächlich ist. Zumindest solange man nicht auf dem SUP unterwegs ist. Außerdem lag da eine weitere Schulklasse im Wasser.

Also fuhren wir weiter zu den Feuerstein Riffen. Als das V-förmige Tal den ersten Blick auf die See gestattete wurde zumindest ich hektisch. Saubere glasige Lines liefen da rein, nicht sonderlich groß, aber wie ich wusste zumindest mit dem Longboard sehr nett surfbar. Ich war dann recht schnell wieder im Neo und paddelte raus. Die durchschnittlichen Wellen waren dann aber doch etwas klein und saftlos, so dass die Session ein kleines Geduldspiel wurde. Markierung am Steilufer suchen, immer wieder gegen die leichte Strömung paddeln um die exakte Position über dem Riff zu halten und warten bis die Sets kommen. Lange Periode heißt lange Abstände zwischen den größeren Sets, aber es lohnte sich.

Da ich völlig alleine da draußen war, konnte ich mir entspannt die Wellen aussuchen. Die hatten eine schnelle Section nach dem Take Off im Angebot, wurden dann aber nach 20 bis 30 Metern schnell wieder rund. Das Riff 400 Meter weiter westlich sah besser aus, aber mein Energie Level war irgendwie doch ziemlich weit unten und so nahm ich die fünfte Welle bis zurück ans Ufer. Dort gab´s dann erst mal eine Portion Nudeln mit selbst gemachter Tomatensoße und zum Nachtisch baskische Salami. Beste Voraussetzungen für einen weiteren Versuch den Dänen am Spot vom Morgen noch ein paar Wellen abzuluchsen.

Dort stellten wir dann fest, dass zwar offensichtlich Schulschluss war, aber gleichzeitig eine erkleckliche Anzahl von Dänen offensichtlich früh Feierabend machen kann. Heißt: es waren immer noch deutlich über zwanzig Leute im Wasser. Mein Buddy war heiß und paddelte trotzdem gleich raus während ich erst noch einmal der Wand einen Besuch erstatten wollte. Denn ich meinte aus der Ferne ein paar Surfer gesehen zu haben, die am Wallriden waren. Am Schrottplatz hatte ich dann einen besseren Blick auf die Mauer und stellte fest, dass da tatsächlich Surfer – also ohne Paddel – draußen waren. Die Kombo aus recht großen Longboards und dem ein oder anderen ordentlichen Set erlaubte es ihnen 400 Meter immer an der Wand entlang zu fahren und in der Inside sogar noch einen stylischen Hang Five auszupacken. Ich hatte mich ja schon öfters gefragt, ob diese freakige Welle surfbar ist. Nun wusste ich es.

Zurück am A-Frame war es immer noch sauvoll aber die Wellen liefen nett. Ich schaute mir das dann eine Zeitlang vom Van aus an während der Kaffee kochte. Der gab mir dann den noch fehlenden Energie Kick und ich schlüpfte noch einmal in den Neo. Die Crowds waren zwar nur unwesentlich kleiner geworden, aber es waren nur noch knapp eineinhalb Stunden bis es dunkel werden würde.

Die Wellen peakten nun sehr regelmäßig am immer gleichen Punkte und boten eine schnellere Rechte die ab und zu recht lang lief sowie eine langsamere aber auch sehr nette Linke. Leider waren ein paar Chefs draußen am äußeren Peak und ich merkte recht spät, dass es eine gute Idee war, sich an der Linken in die Inside zu setzen und dort die Wellen abzugreifen, die die Bosse nicht wollten. Die waren zwar kleiner, liefen aber zumindest an der Linken fast besser als die Setwellen von der Outside. Schön war´s dann trotzdem, trotz ganztägig graugrünem Himmel und Meer und auf der 5-stündigen Rückfahrt mit schmerzenden Muskeln wussten wir wenigstens, wofür wir uns das angetan hatten.

Mehr Bilder gibt es hier demnächst.

Bild von coldwaves

wieder mal...

coldwaves on Fr, 09/09/2016 - 06:40

...den richtigen Riecher gehabt Tom. Klasse. Das Grau im Hintergrund gibt den Fotos was besonderes, Hammer.

Bild von Tim

Northshore at it's best

Tim on Do, 09/08/2016 - 20:27

Wurde ja mal Zeit, dass die Thyrer die Nordküste für sich entdecken, nachdem wir dort jahrelang Alleinunterhalter waren. Nur die Sache mit den Chefs habe ich noch nicht so richtig verstanden...

Bild von tripmaster

Chefs

tripmaster on Do, 09/08/2016 - 22:18

Chefs gleich lokale Surfer auf Longboards die auf den Zentimeter genau wissen, wo sie sitzen müssen und dazu noch ziemlich gut surfen. Plus ein gewisses Maß an Gier ;=)