Seit mehreren Jahren hab ich da dieses Filmprojekt im Kopf. "Inspiriert" durch das Corus Stahlwerk das genau hinter einem von Hollands besten Surfspots liegt, wollte ich einen Filmclip im Endzeit Stil (Vorbild ist da z. B. die Kulisse der Terminator Kampfszenen zwischen den Robotern und Menschen) machen. Dabei ist die Kulisse ständig betriebsbereit - die Schlote qualmen zumindest an jedem Werktag wie wild und diese seltsamen Maschinen sind da auch fast immer in Bewegung - während die gewünschten Surfbedingungen recht selten sind. Deftiger Nordswell und leichter Offshore waren das, was ich zum Filmen brauchte.
Für Freitag gab es nun eine Vorhersage, bei der eine gute Chance bestand die benötigten großen und sauberen Wellen zu bekommen. Auch wenn msw, gutu und Co das in hirere Spotvorhersage wieder nicht auf dem Zettel hatten, rechnete ich mir gute Chancen aus, dass der für die nördliche Nordsee angekündigte Swell mit 5m und brauchbarer Periode es auch bis nach Holland schaffen würde.
Grund genug, mir die elend lange Fahrstrecke für einen Daytrip anzutun. Dazu kam, dass ich dabei die Gelegenheit hatte, vor Ort mich mit ein paar Leuten zu treffen. Daniel hatte sich mit ein paar Surfproleten angekündigt und ich freute mich darauf den Kerl, mit dem ich seit Ewigkeiten über E-Mail kommuniziere, mal in Persona zu sehen.
Außerdem hatte ich mich mit dem holländischen Fotograf Ruben Snitslaar verabredet. Mit dem Jung skype ich seit einiger in Zeit in Vorbereitung auf einen Holland Artikel in der neuen Blue.
Mein Tagestrip versprach also sehr effizient zu werden.
Der Wecker klingelte um 2:30. In freudiger Erwartung auf einen epischen Tag war ich in Windeseile angezogen und schleppte meine Film- und Fotoausrüstung zum Bus. Den ersten Kaffee besorgte mir an der Tanke kurz vor dem Elbtunnel. Dank Tauwetter und freier Straßen rollte ich 5 1/2 Stunden später kurz nach dem was der Sonnenaufgang hätte sein sollen am Stahlwerk vorbei. Ich hielt am ersten Parkplatz und warf einen Blick auf die See. Ziemlich saubere Wellen rollten da rein, allerdings noch recht klein. Im Wasser war noch keiner. Ich nutzte die Zeit um ein paar Sequenzen vom qualmenden, ratternden, quietschenden Stahlwerk und der bizarren Haufen von Kohle, Sand und was auch immer dort gelagert und verarbeitet wird, zu machen.
Dann ging es weiter zum Parkplatz am Pier. Gespannt wie die Wellen hier aus der Nähe aussehen würden verzichtete ich erst einmal auf einen Kaffee und ging checken. Der erste Blick und auch die nachfolgenden Eindrücke waren enttäuschend. Die Wellen sahen zwar ganz nett aus, entsprachen aber bei weitem nicht dem, was ich erhofft hatte. Ein paar Jungs waren bereits im Wasser, aber die drucklosen grau-braunen Hügel ließen kaum erwähnenswerte Rides zu. Das lohnte noch nicht, die Filmkamera auszupacken.
Eher lustlos knipste ich ein paar Bilder und marschierte dann den Pier entlang um das Setup zu prüfen, das ich mit Ruben besprochen hatte. Ich hatte für den Holland Artikel ein Bild bestellt mit einem fetten Air genau vor der qualmenden Stahlwerk - Kulisse.
So ungefähr sollte die Szene aussehen:
Allerdings hatte ich besseres Licht bestellt.
Auf dem Pier traf ich dann einen Typen meines Alters mit Fotoausrüstung. Schnell stellte sich raus, dass das mein Photog Ruben war. Nach kurzer Begrüßung begannen wir - wie das bei Fotografen so üblich ist - zu vergleichen, wer das längere und dickere, äh, Teleobjektiv hatte. Ich gewann knapp.
Nebenbei linsten wir mit einem Auge durch unsere Rohren um auch ja keinen Shot zu verpassen. Ruben erzählte, dass einer seiner Kumpels draussen wäre, ein Leichtgewicht, das Airs in Serie raushauen könne. Leider wäre der aber anstatt wie sonst mit seinem Fish heute mit einem weniger auftriebsstarken Board draußen und hätte noch nichts gerissen. Die Wellen waren halt doch ziemlich drucklos.Ruben versuchte trotzdem immer wieder den Ripper durch lautes Brüllen und Gestikulieren an den richtigen Peak zu lotsen. Von der Rückseite des Lineups aus und bei der Entfernung konnte ich unseren Mann gar nicht lokalisieren und zielte ziellos in Richtung des Peaks, an dem sich am meisten Leute aufhielten. Auf einmal bewegte sich was das nicht auf einem Longboard unterwegs war. Ich folgte dem Rider mit der Linse und - bam! - haute der tatsächlich einen Air raus. Rubens Kamera hatte auch geklickt und nach kurzer Prüfung über das Display sah es so aus, als ob wir beide den Shot hätten (da der vielleicht noch gedruckt wird kann ich ihn hier jetzt leider nicht zeigen).
(der ortskundige Fotograf nimmt das Fahrrad mit um auf dem Pier in Position zu kommen)
Dieser erste Erfolg stimmte uns zuversichtlich. Leider war dann aber unser Mann irgendwie nicht mehr wieder zu finden und die größte Action lieferte der Besitzer vom Aloha Surfshop auf seinem SUP.
Dann klingelte mein Handy und Daniel von den Surfproleten war dran. Die Jungs waren gerade angekommen und hatten kurz die Wellen am Pier gecheckt. Höflich wie Surfproleten halt sind wollten sie aber nicht gleich zu fünft den Lineup entern und beschlossen erst einmal eine Sandbank weiter nördlich zu checken. Ich überlegte noch, ob ich da auch hin sollte, aber das eh schon miese Licht wurde noch schlechter und so beschloss ich, erst einmal selber ins Wasser zu gehen.
Denn nun hatte es die perfekten Surfbedingungen für Fotografen. Mittelmäßige bis lausige Wellen, keine Action und grauer Himmel. Ruben zog sich in den Surfclub zurück und ich schlüpfte in den Neo. Als ich es gerade voller Stolz ohne fremde Hilfe in den Anzug und vor allem in die Handschuhe geschafft hatte, kam ein Local vorbei und meinte, ich solle noch eine halbe Stunde warten mit dem ins Wasser gehen. Dann würde nämlich die Tide drehen und die Wellen besser werden. Da ich aber keinen Bock hatte in voller Montur eine halbe Stunde zu warten und bessere Wellen außerdem wieder die Chance auf Filmen bieten würden, ging ich trotzdem raus. Die Wellen waren dann recht schwabbelig und für mich als ortsunkundigen schwer zu kriegen. Der beissende offshore machte es auch nicht einfacher und so hab ich mal wieder nicht viel gerissen.
Als ich dann wieder raus ging, kam mir der freundliche Local von vorhin entgegen und fragte, ob ich schon aufhören wollte. In einer weiteren halbe Stunde würden die Wellen seiner Ansicht nach richtig gut werden. Da ich meine Paddelkräfte aber bereits verausgabt hatte und bessere Wellen die Chance auf - sabber - gute Bilder bedeuten könnten, ging ich trotzdem zum Bus und pellte mich aus dem Neo. Kaum war ich draussen rief Daniel an und berichtete, dass es bei Ihnen auch Scheiße gewesen wäre. Die Jungs kamen vorbei und wir gingen erst mal in das Beach Cafe um uns am offenen Feuer aufzuwärmen.
Von dem kuscheligen Platz am Feuer aus schienen die im Nebel nur schemenhaft zu erkennenden Wellen plötzlich viel verlockender auszuschauen. Und wie das bei jungen testosterongesättigten Kerlen wie den Surfproleten so ist, baute sich Peer Pressure auf und verführte die Jungs dazu, nochmal in die nasskalten Neos zu schlüpfen. Den älteren und weicheren Herren der Gruppe linderte ich das Leiden etwas mit warmem Wasser für die Booties und Handschuhe.
Dann ging´s wieder an den Strand und tatsächlich waren die Wellen nun deutlich besser. Allerdings war der Lineup nun auch voll. Dafür gab´s nun auch ordentlich Action, die aber im Nebel kaum zu erkennen war.
Ich knipste dann noch ein bisschen rum, wäre aber letztlich doch besser selber nochmal in den nassen Neo geschlüpft.
Es war dann bald ganz duster und somit Zeit für mich, mich auf den Rückweg zu machen. Um 23:00 Uhr war ich dann in Hamburg, zog noch schnell die Bilder auf die Festplatte und beendete dann den langen Tag in dem Wissen, die Mission wieder nicht erfüllt zu haben.
Muss da wohl noch mal hin.
Hier gibt´s noch ein paar mehr Bilder.
Wie die Proleten das gesehen haben könnt ihr hier lesen.
Bilder von Ruben findet ihr hier.
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Das ertste Foto...
coldwaves on Mo, 01/10/2011 - 20:10....hat was magisches, irrrationales...ein SUP'ler vor Holland? ne, das ist es nicht, eher diese wahnsinnsAnlage im Hintergrund...der Hammer.
Auf alle Fälle schöne Foto Tom, besser als zuhause rumzusitzen ;o)
warte nur
tripmaster on Mo, 01/10/2011 - 23:25bis du das Bild mit dem Air vor der Kulisse siehst ;=)
ja, ist schon eine strange location, erschreckend und doch irgenwie faszinierend.
Die Wellen...
boerni on Mo, 01/10/2011 - 16:18sehen doch aber eigentlich sehr annehmbar aus! Ich wäre gern mal reingesprungen. Wie voll war es denn zu HOCH-Zeiten?
Trotzdem, n Mörder-Trip für einen Tag!
als die Wellen dann liefen
tripmaster on Mo, 01/10/2011 - 16:32waren auf nen Schlag um die 30 Leute im Wasser.
für Holland wohl eher leer ;=)