Hauptsache Rutschen
Winterferien. Jedes Jahr müssen wir uns entscheiden, ob wir die beiden Ferienwochen Anfang März im Schnee verbringen wollen oder doch lieber den Winter mit etwas südlicher Wärme abkürzen sollen.
Als ehemals süddeutscher und in der Jugend Mann der Berge gehört für mich Ski fahren zu den Grundkompetenzen eines aufwachsenden Menschen. Nachdem die Gaudi im Schnee für meine Tochter die letzten Jahre ziemlich kurz gekommen ist, wurde im Familienrat beschlossen, dass dieses mal eine längerer Aufenthalt in den Bergen her muss. Um den Sonnen- und Wärmefaktor nicht ganz außen vor zu lassen, wurden die Pyrenäen als Reiseziel ausgewählt.
Die erste Woche war für Barcelona und die Mittelmeerküste an der französisch-spanischen Grenze sowie ein paar Katharer-Burgen reserviert, für die zweite Woche hatten wir ein Appartement in Ax-les-Thermes gebucht, am Fuße eines größeren Skigebietes in den französischen Pyrenäen, nicht weit von Andorra. Ich spekulierte dabei darauf, dass ich am Mittelmeer ein paar Wellen mitnehmen könnte und auf der Rückreise einen Abstecher an den Atlantik einlegen könnte.
Meine beiden Damen flogen wieder gepäckfrei und günstig voraus nach Barcelona während ich den Lastwagen runter kutschierte. Leider kam dann der Tramontana nicht in der notwendigen Stärke von den Bergen und schaffte es nicht, brauchbare Wellen um das Cap de Creus zu schieben. So verbrachten wir die Zeit mit Sighseeing in Barcelona – inklusive eines Besuchs im Camp Nou, der Stätte des letztjährigen Halbfinal Triumpfs meines Lieblings-Fußballvereins – einem Abstecher an die Costa Brava und dort in den Jardin de Cap Roig, einem wunderbaren botanischen Garten, von dem aus man auch sehr gut das Wellenpotenzial der Küste begutachten konnte sowie der Besteigung von ein paar Burgen der Katharer. Die erste Woche ging so schnell und abwechslungsreich rum und dann ging es schon in den Schnee. Der lag in den Pyrenäen im Gegensatz zu den nördlichen Alpen reichlich. Es folgten 5 Tage mit Dauersonnenschein und T-Shirt Temperaturen im Tal. Oben lag genug Schnee, der auf Grund der vielen südlichen Sonne allerdings nicht mehr den Powder-Zustand hatte.
Spaß hatten wir trotzdem und an die Verbindung von weißen Bergen und Sonne kann man sich gewöhnen. Ich war drei Tage auf dem Snowboard unterwegs, bevor ich mir Ski auslieh und die Buckelpisten als Freudenbringer wiederentdeckte. Die waren schon zu meiner aktiven Skifahrerzeit neben dem Tiefschnee meine liebsten Spielwiesen.
Freitag brachte ich dann meine Mädls zum Flughafen in Toulouse. Abflug war um 14 Uhr, was für mich bedeutete, dass ich noch eine Chance auf eine Spätnachmittagssession an der Cote Basques haben würde. Die war übrigens während unserer Zeit auf den Pisten permanent am feuern (was mir gar nicht passte, aber man kann halt nicht alles haben), zum Wochenende hin sollte der Swell aber deutlich runter gehen.
Für Freitag waren noch 3-4 Fuß mit 13 Sekunden bei leichtem Offshore und Sonne angesagt. Die musste ich auf jeden Fall noch mitnehmen. Also verließ ich den Airport gleich nachdem ich die Mädls abgeladen hatte. Ich beschloss die direktere Route über die Landstraße von Toulouse über Auch, Mont de Marsan nach Bayonne zu nehmen. Es musste schnell gehen und die Zeit für Routenchecks auf der Landkarte nahm ich mir nicht (bin kein freund von Navis…). In Auch folgte ich dann dem ersten Wegweiser, der irgendwie nach diesem Mont de Irgendwas klang.
Als ich die Stadt endlich erreichte, suchte ich nach der laut Karte hier beginnenden Autobahn und fand auch schnell eine. Allerdings verwirrten mich die Wegweiser vor der Autobahnauffahrt etwas. Ich fand weder einen Hinweis auf Bayonne noch sonst einer Stadt der Coté de Basques. Ich hielt an und warf einen genaueren Blick auf die Schilder und die Karte. Dabei stellte ich fest, dass ich mich in Montauban befand, was erst mal wie gewollt klang, sich bei einem Check der Karte als der völlig falsche Ort heraus stellte. Ich hatte das falsche Mont de Irgendwas angesteuert und befand mich nach einem 140 km langen Bogen nun 40 km nördlich von Toulouse. Ich war kurz davor, ins Lenkrad zu beißen und kochte vor Wut über mich selbst. Die Coté de Basques war damit gestorben. Ein weiterer Blick auf die Karte, ein Check der Uhrzeit und eine grobe Kalkulation der Fahrzeit ließen dann Hoffnung auf einen Plan B aufkommen.
Lacanau und eine freie Autobahn nach Bordeaux könnten den Tag retten. Mit Glück könnte ich noch eine Stunde Surfen rund um den Sonnenuntergang schaffen. Somit jagte ich mit im Mittel 140 kmh die 200 km nach Bordeaux und war bis kurz vor der Stadt auch perfekt im Zeitplan. Auf der Peripherique brach mir dann aber der Wochenend – Megastau das Kreuz. Als ich endlich völlig entnervt in Lacanau Ocean ankam konnte ich lediglich im letzten Tageslicht begutachten, was ich verpasst hatte. Ich setzte nun alle Hoffnungen auf den Samstag, der laut Vorhersage noch um die 3 Fuß bei 11 Sekunden bringen sollte, das allerdings mit leichtem Sideshore Winde.
Samstag morgen pilgerte ich dann vor Sonnenaufgang nach einem Frühstück bestehend aus einem Kaffee und sonst nix mit dem Longboard an den Strand. Es war grau, nebelig und kalt, aber es hatte ein paar Falten auf dem Wasser. Nach viel Strömungspaddeln stellte ich dann fest, dass ich die falsche Sandbank gewählt hatte. Wie so oft sah das von oben an dem sandigen Haken der Küste gut aus, aber über die Sandbank schwappte so viel Querströmung, dass der Peak kaum zu halten war.
Ziemlich durchgefroren – die Sonne hatte sich immer noch nicht blicken lassen und die Lufttemperaturen blieben einstellig - gab ich erst einmal auf und genehmigte mir ein Frühstück.
Es blieb weiterhin saukalt, aber die auflaufende Tide hatte die Wellen zumindest nicht schlechter gemacht und so paddelte ich zu einer zweiten Session raus, nun im 6-4er Neo. Ich wählte dieses Mal eine andere Sandbank und lag damit deutlich besser. Die Linke dort lief trotz des Sideshore Windes ziemlich gut. Die Welle war schnell und hatte dabei genügend Schulter für ein paar Turns. Es erstaunt mich jedes Mal wieder, wie schnell doch ein paar gelungene Wellen den Frust von vorherigen verbockten Sessions – und in diesem Fall meine dilettantische Navigation auf der Herfahrt – auf einen Schlag wegwischen können. Der Himmel war zwar immer noch grau und warm war es nur durch den dicken Neo, aber Scheiß drauf, gute Wellen gehabt, mehr braucht´s nicht!
Der Sonntag war dann mehr ein Ostsee-Wiedereingewöhnungstag. Sehr kleiner Restswell mit leichtem Onshore ergab ein eher unergiebiges Geschwabbel. Da ich aber schon mal hier war, sprang ich – wieder mit dem Longboard – rein und schnupperte noch ein bisschen Salzwasser, bevor es auf den langen Treck zurück nach Hamburg ging.
Fazit: für einen Nicht-Surftrip relativ viel gerutscht. Snowboarden / Skifoarn war nach so langer Zeit mal wieder nett, ist aber weiterhin eine Sache, die ich schon seit langem nicht mehr unbedingt brauche. Auf nicht gefrorenem Wasser rutsche ich lieber, auch wenn ich zugeben muss, dass die Buckelpisten längst verloren geglaubte Reflexe in mir wieder erweckt haben. Allerdings können meine Knie das nicht mehr wirklich ab.
Ideal wäre es gewesen, die erste Woche in den Bergen und die zweite Woche an der Cote Basques verbracht zu haben. Nachher ist man immer schlauer…..
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