Wie bereits angedroht wollen wir euch zum 10-jährigen Jubiläum mit ein paar alten Geschichten aus der Kreidezeit des Nordsurfens beglücken. Beim rumstöbern im Archiv bin ich nun auf ein paar Bilder aus dem September 2008 gestoßen. Es war die Zeit zu der wir langsam verinnerlicht hatten, dass Dänemarks Küsten relativ häufig mit Swells beglückt wird, die aus dem Nordatlantik kommen und es schaffen trotz einer 90 Grad Richtungsänderung an der Nordspitze Schottlands bis an die Nordseestrände hier zu laufen. Niederfrequente und bestens sortierte Groundswells mit erstaunlich viel Kraft sind das, die bei passenden Windbedingungen für unglaublich sauber laufende Wellen sorgen. Selbst 2008 sorgt das noch für viel ungläubiges Staunen in der nordischen Surfergemeinde. Dazu kam, dass diese Swells damals noch recht schwierig aus den Wellenvorhersagen ablesbar waren. Deshalb nannten wir sie „Ghostswells“.
Ich hatte damals eine Obsession für diese Swells entwickelt, versprachen sie doch super cleane Wellen mit kaum jemand anderem im Lineup. Doch die Jagd nach diesen Geistern war nicht einfach. Minimalste Schwankungen bei der vorhergesagten Swellhöhe und Richtung sowie eine Winddrehung um ein paar Grad in die falsche Richtung entschieden zwischen „epic“ und nicht surfbar. Alles oder nichts war die Option, dazwischen gab es keine Abstufungen.
Ende September 2008 war ich wieder einmal auf einem Tagestrip für so eine Mission unterwegs. Ich übernachtete am Spot und das morgendliche Öffnen der Schiebetür war wieder einmal mit großer Spannung begleitet.
Nun, der Wind spielte mit, ein leichter offshore fächelte über die See. Die glatte Oberfläche des Teichs wurde dazu in regelmäßigen Abständen von wie mit dem Linieal gezogenen Swell Linien aufgehübscht. Also, Grundswell war da, Wind passte, das sah gut aus. Leider liefen aber die gut hüfthohen Lines irgendwie an den Stränden hier vorbei. Irgendetwas passte nicht. Swell Richtung, Tide, Sandbänke oder eine Kombination aus allem.
Auf jeden Fall manifestierte sich der Swell da, wo es darauf ankommt, nämlich an den Sandbänken als nicht einmal kniehohes, kraftloses Geschwabbel. Ausnahme: so ca. alle 20 bis 30 Minuten brach ein Set mit gerade so surfbar aussehender Wellengröße und Sortierung. Es war gerade so viel, dass Hoffnung blieb. Hoffnung auf einen Zuwachs der Wellengröße um wenige Dezimeter oder eine Veränderung der Tide. So blieb ich in der Gegend, checkte andere Strände und hoffte. Hoffte lange doch bis zum Nachmittag änderte sich nichts. Draußen zogen Lines vorbei, am Ufer passierte nichts.
Irgendwann verlor ich dann jegliche Hoffnung und machte mich auf den Rückweg Richtung Hamburg. Mehr aus alter Gewohnheit denn aus Hoffnung legte ich an der südlichen Mole einen letzten Stopp ein, um noch einmal einen Blick auf den Teich zu werfen, bevor es ins Landesinnere ging.
Damals war da „nur“ diese eine südliche Mole, die uns bereits ein gutes Jahrzehnt lang ziemlich zuverlässig mit brauchbaren bis guten Wellen versorgt hatte. Allerdings hatte sie bereits seit ein paar Monaten etwas geschwächelt, wohl weil Sand falsch lag. Nun, wie gesagt ich hielt da ohne Hoffnung. Beim Weg vom Parkplatz über die Düne sah ich einen großen aufgeregten Schwarm von Möwen an einer Stelle herum flattern. Es war das Ende eines dieser Stahlrohre, die hier verlegt waren und mit denen manchmal Sand aus der Hafeneinfahrt an die Strände südlich davon gepumpt wurde.
Aus dem Stahlrohr sprudelte ein dicker Strahl eines Sand-Wasser-Gemischs, das offensichtlich eine ganze Menge an kleinem Getier enthielt, das sonst gut im Schlick versteckt ist. Für die Möwen war das ein Festmahl, an das sie sonst nicht so einfach rankommen. Auf den zweiten Blick dämmerte mir, dass das auch für mich ein Fest werden könnte. Denn während die Fahrrinne vertieft wurde hatte der neben der Mole ablaufende Schlick offenbar eine neue und ziemlich gute Sandbank gebildet. Diese Bank schaffte es, den winzigen Groundswell in das umzuwandeln, wonach ich den ganzen Tag gesucht hatte. Extrem saubere und langlaufende Wellen in surfbarer Größe.
In Nullkommanix war ich im Neo und lief raus zum Peak. Dort saß nur eine Handvoll von Surfern, die wohl eher zufällig hier waren und noch dazu überwiegend absolute Anfänger waren. Die Pausen zwischen den surfbaren Sets waren lang aber die kleine und unerfahrene „Crowd“ da draußen erlaubte es mir, mir genau die Setwellen zu nehmen, die ich haben wollte. Für ihre Größe – maximal hüfthoch – hatten die Wellen erstaunlich viel Kraft und sie liefen schier endlos entlang der perfekten Sandkante entlang.
Es war ein kleines Longboard Paradies. Das Warten draußen auf die Setwellen wurde noch dazu versüßt durch Delfine (oder Tümmler), die sich in gut 20 Meter Entfernung von mir den Bauch vollschlugen an dem, was die Sandspülung nach draußen schwemmte. Robben waren ja häufige Besucher in diesem Lineup, aber die Flipper hatte ich hier noch nie gesehen.
So verwandelte sich ein bereits abgeschriebener Tag in ein wunderbares Surferlebnis, das ich zusammen mit den anderen Kollegen da draußen auskostete bis das Licht ausging. Es ist nicht immer die Größe, die entscheidet wie gut ein Surftag ist. Aber ich hatte auch verdammt viel Glück, dass genau passend zu dem Swell hier gespült wurde. Die Sandbank verschwand dann sehr schnell wieder in den darauf folgenden Tagen, doch die Erinnerung an dieses Geschenk Hueys ist geblieben
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traumhafte Bedingungen...
coldwaves on Di, 02/21/2017 - 09:18...die man gerne öfter erleben möchte, aber dann wären es ja keine magischen Momente mehr. Ein Teufelskreis :-)