Der Fähren Poker

Seit ein paar Jahren versuche ich es zu vermeiden, an Feier-Brückentagen wie Himmelfahrt oder dem 1. Oktober den Lemmingen nach Dänemark zu folgen. Manchmal wird auch einfach der Surf Entzug zu groß und in den heimischen Gewässern ist es einfach zu kalt. Auf jeden Fall resultiert daraus das immer gleiche Spiel. Die Ausgangssituation ist dabei die folgende:

Die britischen Inseln sind bevorzugtes Reiseziel (in Frankreich war ich einfach schon zu oft und oftmals sind die Surf Optionen auf der Insel einfach auch besser). Ich habe 4 bis 5 Tage zur Verfügung. Die Anfahrtsdauer ist dadurch limitiert und die Fahrstrecke auf maximal 1.300 km one way begrenzt.

Auf Grund der notorisch wechselhaften Wettersituation kann die endgültige Entscheidung über das Reiseziel und die genauen Reisezeiten immer nur extrem kurzfristig fallen. Bei atlantischen Groundswells gilt es dabei „nur“ noch die lokale Windsituation an Englands Südwestlüste zu beobachten. Ist ein Nordswell auf dem Schirm muss man neben der lokalen Windsituation an Englands Nordseeküste auch immer das die Wellen generierende Tief genau im Auge behalten. Denn die sind notorisch wankelmütig und was an dem einen Tag auf dem forecast brilliant aussieht kann sich mit dem nächsten Rechenlauf der Wettermodelle in mickrigen Windschwabbel verwandeln.

Die Kosten für die Fährüberfahrt sind extrem vom Buchungszeitpunkt abhängig. Die für eine maximale Flexibilität wünschenswerte Buchung am Überfahrtstag führt zu Preisen, die ggü. einer früheren Buchung bei mehr als dem doppelten Preis liegen. Zur Dämpfung der Überfahrtskosten sollte man immer Hin- und Rückfahrt zusammen buchen. Die Preisdifferenzen zwischen günstigster und teuerster Variante können hier schnell bei deutlich über 100 Euro liegen.

Belohnung in Yorkshire

Folgende, bei der kurzen Gesamtdauer des Trips oftmals entscheidende, Verkehrshindernisse müssen berücksichtigt werden: Berufs- und ggf. Urlaubsverkehr auf der Strecke Hamburg – Bremen (inzwischen deutlich weniger kritisch, da die Megabaustelle auf der Autobahn endlich abgeschlossen ist). Berufsverkehr in Holland und in Belgien (Nadelöhr Antwerpen). Berufsverkehr auf der Ringautobahn um London herum. In der Summe sprechen wir hier über im schlimmsten Fall 4 bis 5 Stunden zusätzlicher Reisezeit.

Erfahrene Poker Spieler beziehen auch immer noch die Option eines Zwischenstopps an der holländischen Küste in die Planung mit ein. Dies hat Auswirkungen auf die Planung der exakten Überfahrtszeiten der Fähre, die man bei der Buchung festlegen muss, und die vor Ort nur in Ausnahmefällen geändert werden können (mit Glück erwischt man am Check In im Hafen eine nette Französin oder einen nicht sonderlich pflichtbesessenen Engländer, die einen auch früher als gebucht ohne Mehrkosten auf das Schiff lassen).

An Fahrzeiten muss man kalkulieren (jeweils mit Pinkelpausen aber ohne Staus):

Hamburg - Calais: 10 Stunden

Check in und Fährüberfahrt Calais - Dover: 3 Stunden

Dover – Yorkshire Küste: 5 Stunden, alternativ Dover – Devon / Cornwall zwischen 5 und 7 Stunden

Die wichtigsten Daten für die zu treffenden Entscheidungen hole ich mir hier:

Swellforecast: http://magicseaweed.com/Vereinigtes-Konigreich-Irland-Surf-Forecast/1/

Fährkosten und Buchung: http://www.aferry.de/

Wie bereits gesagt belastet eine Buchung der Fähre am Überfahrtstag das Reisebudget erheblich. Ich habe daher bisher immer 2 Tage im Voraus gebucht, inzwischen aber herausgefunden, dass eine Buchung am Tag vor der Überfahrt mindestens genauso günstig ist. Die Konkurrenz zwischen den 3 Fährgesellschaften, die die Strecke Calais – Dover bedienen scheint groß zu sein und die Auslastung der Fähren ist zumindest zur Zeit nicht sonderlich gut. Damit wird der Tag vor der Abfahrt zum alles entscheidenden Tag.

Grundvoraussetzung ist natürlich ein ansprechender Forecast für die Küsten von Devon, Cornwall oder Yorkshire. Sollte der passen, checke ich noch einmal den Forecast für Holland. Läuft da am Anreisetag was gutes, buche ich die Fähre für die späteste mögliche Abfahrtszeit um Mitternacht herum (danach fährt bis gegen 6 Uhr morgens keine Fähre mehr). Ich fahre dann am gleichen Abend noch los bis an den Spot meiner Wahl in Holland und nehme eine Session mit. Spätestens am späten Nachmittag muss ich dann von hier aus aufbrechen, um durch den Berufsverkehr der holländischen und belgischen Großstätte durch die verbleibenden rund 400 km bis nach Calais zu absolvieren.

Belohnung in Yorkshire

Sollte in Holland nix gehen, buche ich die Fähre für 21 Uhr und fahre am Reisetag gegen 6 Uhr in Hamburg los. Auf die Weise vermeide ich den Berufsverkehr in Hamburg und Bremen und passiere die holländischen Großstadthindernisse zu einer verkehrsarmen Zeit. Ankunft in Calais sollte dann am Nachmittag sein. Alternativ kann man dann versuchen, auf eine frühere Fähre zu kommen oder sich eine Mütze Schlaf zu holen (sehr wichtig, da bei solchen Trips mit einem tendenziellen Schlafdefizit zu kämpfen ist).

In jedem Fall muss man es nach Ankunft auf der Insel  noch schaffen, an London vorbei zu fahren und es bis auf eine Entfernung von maximal 4 weiteren Stunden Fahrzeit an die Küste der Wahl heran schaffen.

Die Fähre für die Rückfahrt buche ich dann für den frühen Morgen des letzten Reisetags. Auf der Überfahrt checke ich dann noch einmal die Forecasts für Holland. Wenn die passen, kann man noch einen kleinen Umweg machen und dort eine Nachmittags- / Abendsession einlegen. Die verbleiben knapp 500 km Nachtfahrt werden dann allerdings recht hart.

Wenn alles zusammenpasst kommen so bei einem 6-Tage Trip netto 3 ½ Surftage in guten bis exzellenten Wellen in England zusammen, plus ein paar Bonus Stunden auf der holländischen Nordsee. Kosten bei optimalem Ablauf: Fähre rund 120 Euro (meine Karre läuft in der Kategorie bis 8m Länge und bis 2,80m Höhe, kleinere Fahrzeuge kommen entsprechend günstiger) plus Diesel für rund 500 Euro. Für mich eine Kosten – Surfzeit Ratio, die definitiv besser ist, als das, was ich an einem typischen Brückentagswochenende in Dänemark erzielen kann.

Belohnung in Cornwall

Bild von tripmaster

high surf alert!

tripmaster on Mo, 05/20/2013 - 13:34

wer es sich einrichten kann, sollte JETZT anfagen zu pokern.
Forecast für die Nordseeküste Yorkshires am Mittwoch / Donnerstag / Freitag peakt mit kanpp 15 Fuß @ 10 Sekunden und kräftigem NNW-Wind.
Ich wüsste da eine Bucht, in der diese Konstellation feinste Point Break Lefts kreieren wird.....

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vielen Dank, das ist doch

leiferikson on Mo, 05/20/2013 - 08:43
vielen Dank, das ist doch mal eine Alternative für den sommer. torsten
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Tom....

boerni on So, 05/19/2013 - 22:20

du bist nichht nur der TRIPMASTER, sondern auch der CHEF!!!!
Vielen Dank!
Ich beziehe das Pokerspiel auf jeden Fall in meine Tripplanungen für den Herbst mit ein.

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super...

malte 2 on So, 05/19/2013 - 21:26
blog...super ideen, super tips. Nur sag mal, wie kommt man "insel-affen" laie mit dem linksverkehr zurecht. klappt das schnell, oder hattest du da anfangs probleme?
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seitenwechsel

tripmaster on Mo, 05/20/2013 - 13:31

auf linksverkehr ist anfangs sehr schwierig, man gewöhnt sich aber sehr schnell daran.
zum glück ist die Insel übersäht mit Verkehrskreiseln, bei denen das Abbiegen auch beim linksverkehr deutlich vereinfacht ist, oder aber die straßen sind so schmal, dass es eh wurscht ist, auf welcher seite man fährt.
Im Ernst: beim ersten mal hatte ich da schon auch Probleme mit, man muss ständig höchst konzentriert fahren. aber nach einem Tag ging das und inzwischen hab ich gar keine probleme mehr, mich umzustellen.
überholen auf Landstraßen bleibt ein bisschen tricky, weil man auf der falschen Seite sitzt und so entgegenkommenden Verkehr erst sieht, wenn man schon in Straßenmitte ist.

Wenn man mit Mietwagen und damit rechts gesteuert unterwegs ist, ist das Schalten extrem gewöhnungsbedürftig. hab mir da beim ersten mal fast eine Sehenscheidenentzündung im linken Unterarm geholt, weil ich so verkrampft umgerührt habe....