Seit gut 19 Jahren bin ich jetzt mit ihr zusammen. Anfangs war ich skeptisch, doch bald begann ich ihre Orangenhaut zu lieben. Mit der Zeit fand ich dann heraus, dass sie auch Tage hatte, an denen sie sich auch mit wohlgeformten Falten und sogar stattlichen Hügeln schmückte. Anfangs hielt ich diese Pracht noch für Ausnahmeerscheinungen, die sie nur an ganz wenigen Tagen zuließ. Diese gingen auch noch einher mit einer eisigen Ausstrahlung, fast so als ob sie das Geheimnis dieser wunderbaren Formen für sich behalten wollte. Über die Jahre lernte ich sie dann besser kennen und fand heraus, dass sie diese makellosen Formen überraschend häufig trug. Echte Liebe entstand.
Doch wie das so ist mit den langjährigen Beziehungen, man fängt an sich weniger zu bemühen und betrachtet den Partner immer kritischer. Ihre Tage mit Orangenhaut konnte ich nicht mehr ertragen und die immer noch häufig eiskalte Ausstrahlung begann mich abzutörnen. Am schlimmsten aber fand ich, dass sie ihre schönen Seiten immer häufiger immer mehr anderen Männern und Frauen präsentierte - darunter seltsame Typen mit langen Paddeln - und sich an der Zuneigung unzähliger anderer Verehrer ergötzte.
Auch deswegen begann ich im letzten Jahr heiße Flirts mit einem flachen Mauerblümchen, an dem ich ein paar ungeahnt wohlgeformte Stellen entdeckt hatte, sowie einer wilden Kleinen, die urplötzlich ziemlich drall werden konnte.
Meine alte Liebe merkte natürlich, dass ich immer seltener bei ihr vorbei schaute und es schien ihr nicht zu gefallen. Schon bei meinen wenigen Besuchen im letzten Jahr präsentierte sie sich eher aufgewühlt und zeigte mir nur ihre Orangenhaut. Ich hatte natürlich weiter ein Auge auf sie und hoffte auf eine Auffrischung der Liebe in diesem Frühling. Doch sie legte ihre Sahnetage immer auf Termine, zu denen ich mich nicht auf den Weg zu ihr machen konnte.
Nun stand das lange Himmelfahrtswochenende an, und um ehrlich zu sein, schielte ich nur mit einem halben Auge auf die Nordsee. Ich war mir sicher, dass sie wieder ganze Horden von Verehrern zu sich rufen würde oder mich mit der Maximalstrafe einer zwar glatten, aber dafür völlig faltenfreien Haut für meine Seitensprünge abstrafen würde. Daher hatte ich meinen Focus auf die flache aber an manchen Stellen sehr wohlgeformte Ostsee gelegt. Ich schwankte bis wenige Stunden vor der möglichen Abfahrt zwischen den beiden.
Letztlich lockte jedoch die Nordsee mit deutlich wärmerer Ausstrahlung und dem leisen Versprechen auf einen Tag mit kleinen, aber sehr wohlgeformten Falten. Ich entschied mich für die alte Liebe.
Der Donnerstag würde eher orangenhäutig sein und so fuhr ich nicht am frühestmöglichen Zeitpunkt, dem Mittwochabend, los, sondern Donnerstagnachmittag. So stand ich auch nicht zusammen mit all den anderen Verehrern im Stau und konnte gemütlich bis an mein Ziel rollen. Das lag auf halber Höhe, sozusagen in der Nähe des Bauchnabels, und ich hatte die Hoffnung, dass sich dort nicht ganz so viele Konkurrenten tummeln würden. Als ich dort am frühen Abend ankam, war der Wind eingeschlafen und die Orangenhaut hatte begonnen sich in kleine, aber bereits wohlgeformte Falten zu verwandeln. Die tiefstehende Sonne tauchte sie in wunderbares Licht und alleine schon wegen der schönen und warmen Stimmung paddelte ich raus und wurde tatsächlich mit ein paar wenigen aber recht wohlgeformten Hügeln belohnt. Sie schien mir verziehen zu haben und ich freute mich darauf, dass sie ihr Versprechen für den nächsten Tag einhalten würde.
Freitag war ich sehr früh auf den Beinen, um mit möglichst wenigen anderen Verehrern mit ihr spielen zu können. Doch sie hielt ihr Versprechen nicht. Die versprochenen kräftigen Falten waren maximal kniehoch und kamen äußerst selten hereingelaufen. Wie zum Hohn wurde dieses viel zu kleine Elend dann auch noch den ganzen Tag über in strahlenden Sonnenschein getaucht und war sehr angenehm temperiert.
Ich hielt Rücksprache mit meinem Beziehungsberater Timo und der berichtete, dass sie bereits mit Selfies aus dem Norden angab, in denen sie stolz makellose Falten und wohlgeformte Hügel zeigte. Selbstverständlich hatte sie auch eine erkleckliche Anzahl an Verehrern nach oben gerufen. Ich war beleidigt und beschloss, ihr nicht hinterher zu laufen. Stattdessen tat ich so, als ob ich mit dem mir gebotenen völlig zufrieden sei und paddelte sogar einmal kurz raus zu ihr. Ansonsten verbrachte ich den Tag mit Spaziergängen am Strand.
Ein bisschen Hoffnung hatte ich noch für den Samstag. Doch der präsentierte sich erneut warm und sonnig und ihre Haut blieb weitestgehend faltenfrei. Ein weiterer Strandspaziergang war die einzige Option und dieses Mal bekam ich ein schlechtes Gefühl angesichts all des Mülls, der im Sand lag und früher oder später zurück in die Nordsee gespült würde. Alle möglichen Sorten von Plastik waren darunter, viele Reste von Seilen und Tampen, große Plastiktüten, Alkoholika-Flaschen unter anderem aus Rußland, Griechenland und einer nicht identifizierbaren Whisky-Herstellungsnation, eine ganze Reihe US-amerikanischer Spraydosen mit Rostschutz-Wundermittel, Tuben mit holländischem Schmierfett, Arzneimittelflakons ebenfalls aus Holland und seltsame klebrige Klumpen wahrscheinlich aus Bauschaum.
Ich erschrak bei dem Gedanken, dass sie all das früher oder später wieder schlucken musste. Also griff ich mir einen zwei Meter langen Sack aus solidem Kunststoff und begann den Müll einzusammeln bis der Sack so voll war, dass ich ihn kaum mehr tragen konnte. Die gesammelten Beweisstücke menschlicher Dummheit schleifte ich dann den Strand entlang bis zu einem Feldweg, der mit meinem Bus erreichbar war und den Abtransport und die Entsorgung der Beute ermöglichte.
Mir war klar, dass das ein Tropfen auf dem heißen Müllstein war, aber ich hoffte wenigstens mein Karma verbessert und die alte liebe Nordsee mir wieder etwas gewogener gestimmt zu haben. Für die mir an diesem langen Wochenende verbleibende Zeit würde es sicher noch nicht helfen, aber vielleicht in den folgenden Wochen.
Auf dem Rückweg Richtung Süden widerstand ich der Versuchung, noch mal kurz zur Ostsee rüber zu schauen und blieb strikt an der Westküste (nebenbei sparte ich mir dadurch auch einen 20 Kilometer langen Stau auf der A7). Konsequenter weise machte ich dann noch einen Abstecher auf das Sylt für Arme und kam in den Genuss eine pottebene und absolut faltenfreie Haut der Nordsee bewundern zu können. Wenigstens schien wieder die Sonne und es hatte gute 20 Grad.
Das Ganze war mir eine Lehre und ich gelobe, nie wieder eine andere anzubaggern, als die Nordsee. Obwohl, die knackige wilde Kleine könnte demnächst wieder…..
Und die Flache, jetzt ist doch Ostwindzeit……
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