Ein baltisches Sommermärchen

Dienstag, 12. Juli

Große Aufregung in der norddeutschen Surfer Szene. Ein deftiger Nordostwind ist angesagt. Das ganze bei Wassertemperaturen von 17 Grad und knapp 20 Grad Luft. Ich lass mich anstecken und bereinige im Geiste bereits meine Termine für Mittwoch Nachmittag. Ist zwar bloß Onshore Geballere angesagt – was sonst am Ostsee – aber mit ordentlich Größe und, wie gesagt, bei milden, fast schon tropischen Temperaturen.

Mittwoch, 13. Juli

Der Tag ist wieder viel zu voll mit Arbeit. Gegen 15:00 checke ich noch mal die Vorhersage. Sieht in der Ansicht mit den Windpfeilen recht seltsam aus. Ein paar Bilder zeigen knapp unterhalb der dänischen und schwedischen Küste schreiend bunte Flächen mit Windpfeilen, die nach WSW zeigen, während es in der Lübecker Bucht hellblaue Flächen zu sehen gibt, mit Pfeilen, die verschämt Richtung NO gucken. Die hellblaue Zone mit den seltsamen Pfeilen soll dann von West nach Ost wandern. Die gelborangen Flächen auch.

Schnell noch meinen zweiten Forecaster des Vertrauens gecheckt. Windswell mit bis zu 3 Meter (vor Polen) aus ONO und an den deutschen Küsten schnell auf SW drehender Wind? Ostsee mit Swell und Offshore Wind? Muhahaha, genau, an Weihnachten kommt der Osterhase….

Trotzdem. Ich hatte auf einmal keine Lust mehr, mich Mittwoch Abend mit 200 meiner besten Freunde in 2m Onshore Geschwabbel an der Seebrücke zu stürzen. Der wilde Osten wäre das Ziel meiner Wahl gewesen, aber ich konnte Donnerstag höchstens ein paar wenige Stunden verschwinden. Also checkte ich, wann hier zur Zeit die Sonne aufgeht und fasste einen sehr Early Bird Trip an die Brücke ins Auge. Aber he, auf eine Offshore Wind plus Wellen Session am Ostsee zu spekulieren schien mir immer noch sehr abstrus. Außerdem konnten sich die beiden Forecaster meines Vertrauens nicht auf den Zeitpunkt einigen, an dem der Wind drehen sollte. Der eine meinte, dass es gegen 8 passieren sollte, der andere sah den Dreher erst um 11 kommen. Gegen 22:00 checkte ich noch mal die Windmessstationen. 9 Bft aus ONO. Immerhin schob es noch.

Ich entschied mich für einen Kompromiss und wollte gegen 6 aus Hamburg los.

Donnerstag, 14. Juli

Es gießt in Strömen. Kaffee gemacht und noch mal Wind gecheckt. Satte 8 Bft aus ONO an den Stationen, die wichtig waren. Zumindest Onshore Geschwabbel sollte es geben. Ich machte mich auf den Weg.

Nach drei Viertel der Strecke war zwischen dem Regen kaum mehr Wind auszumachen. Kurz vor 8 rollte ich an der Eishalle ein und hetzte zum Strand. Kaum ein Lüftchen regte sich. Als ich endlich an der Brücke war fächelte ein leichter Offshore und ab und zu liefen ein paar Wellen rein. Deutlich kleiner als erhofft, aber in Sets immer noch hüfthoch und super clean. Ich knipste ein paar schnelle Fotos und lief zurück zum Van. Schnell das Longboard gewachst und in den Neo geschlüpft (5-3 ist übrigens viel zu warm…) und zurück an den Strand. Die junge Dame, die mich auf dem Weg zur Brücke begleitete bat mich noch, den Shortboardern ein paar Wellen übrige zu lassen. Ich beruhigte sie, indem ich sie aufklärte, dass ich gelegentlich auch auf Kurzware unterwegs bin und daher schon weiß, wie ich mich mit der langen Planke zu benehmen hatte. So suchte ich mir einen Peak für mich alleine, paddelte ins Lineup und…

Wartete. Wartete und wartete auf ein Set in der Größe von vor 15 Minuten. Nix mehr ging. Ich „surfte“ dann noch ein paar Anklesnapper und ließ es bald bleiben.

Surfbare Wellen und offshore Wind an der Ostsee? Erzähl das mal Deiner Großmutter…..

Zu den gefakten Bildern geht´s hier.

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