Back To The Roots
 
Während der endlosen Ostwindperiode der letzten Wochen hatte ich mich ja bereits auf meine Wurzeln besonnen und war froh, dass ich in meinem Lastwagen auch noch eine Menge Windsurfstuff rum liegen hatte. Windsurfen ist ja immer noch so was von out, dass man fast alleine seinen Spaß hatte während sich die paddelnde Fraktion an diversen Seebrücken um die Ostseewellen balgte.
Trotz meiner fröhlichen Stehsegelausflüge bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen war ich aber dann doch froh, als sich endlich wieder ein Tief Richtung Nordsee auf den Weg machte. Für Mittwoch war kräftiger Westwind angesagt, der Donnerstag für ein paar Stunden auf Nordost drehen sollte. Mein Plan war ein Plan aus der Frühzeit meiner Dänemark Trips: Mittwoch erst mal nach Blavand um ein paar kleine Wellen bei sideshore Wind mit dem Windsurfer zu rippen und dann Donnerstag zur ersten Mole für eine sideoffshore Paddelsession.
Mittwoch Mittag war ich auf der Autobahn gen Norden. Zwecks latent Luft verlierendem Hinterreifen – zum Glück hab ich Zwillingsreifen so dass es nicht so tragisch ist, wenn einer davon schlapp wird – und markanten Spritpreisen in Verbindung mit notorisch leerem Konto cruiste ich mit max 100 kmh Richtung gelobtes Land. Mit der Geschwindigkeit bin ich auch in den Achzigern mit meinem T2 unterwegs gewesen.
Als ich mich der dänischen Grenze näherte wurde eine Grenzkontrolle angekündigt. Natürlich winkten mich die Dänen mit meinem unauffälligen Gefährt raus. Der Herr und die Dame beäugten mein Fahrzeug mit sehr argwöhnischen Blicken und der Meister fragte als erstes, wie lang ich noch TÜV habe. Der war allerdings noch im grünen Bereich und so mokierte er sich enttäuscht darüber, dass die Blechfarbe in meinem Van doch viel frischer sei, als die ausgeblichene Farbe außen. Er empfahl mir eine Neulackierung des Wagens. Erfreut stellte er dann fest, dass einer meiner linken Zwillingsreifen schon etwas wenig Profil hatte. Er maß gleich nach, wurde dann aber doch wieder enttäuscht, da es noch reichte. Allerdings nur, weil Sommer war und da in Dänemark nur 1,6mm minimal Profiltiefe vorgesehen waren. Er gab mir dann noch den guten Rat, sobald ich zu Geld käme mir neue Reifen zu kaufen, da ich doch auf dem Wasser surfen sollte und nicht auf der Straße. Ich bewunderte meine ungeahnten schauspielerischen Fähigkeiten und blieb tatsächlich freundlich. Endlich verdrückte sich der Ordnungshüter und ich wollte gerade weiter fahren, als seine Kollegin mit einem Hund angehechelt kam. Ahhhrg, und ich dachte ich wäre aus dem Alter raus, in dem mich jeder Halboffizielle sofort des gewerbsmäßigen Drogenschmuggels in meinem unauffälligen Fahrzeugen verdächtigte.
Also ließ ich noch mal den Hund in den Bus, ärgerte mich dabei, dass ich noch keine gebrauchten Socken drin liegen hatte, aber der Hund fand natürlich nix. Endlich ging´s weiter.
Gegen 16.00 kam ich dann endlich in Blavand an. Die Tide war noch niedrig, so dass die Nordsee trotz gut 6 bis 7 Windstärken platt wie eine Flunder war. Da ich noch viel Zeit hatte bis das Wasser auflaufen würde und es dann hoffentlich auch ein paar Wellen über die Sandbank am Blavandshuk hinweg schaffen würden, kochte ich erst mal Kaffee.
Etwas später ging ich dann mit dem 4,5 Segel raus und hatte die nächsten 4 Stunden ordentlich Spaß zusammen mit nur 4 anderen Stehseglern. Leider wurden die Wellen nicht höher als hüfthoch – seit der Windpark da draußen ist scheint die Sandbank so angewachsen zu sein, dass es selbst kräftige Windswells nicht mehr drüber weg schaffen – aber es reichte für ein paar frontside turns und cutbacks. In einem halluzinatorischen Anfall von Jugendwahn jagte ich sogar in einen Aerial im Shorebreak, den ich aber trotz nicht altersgerechter verdrehter Körper- und Bretthaltung in der Flugphase unverletzt überstand und sogar im Weißwasser landete. Teil eins der Mission war geschafft, und nach einer ordentlichen Pizza und einem Öl im Ort cruiste ich mit schweren Augenlidern nach Hvide Sande.
Kaum hatte ich da gegen 10 Uhr meinen Diesel abgestellt kam schon ein dänischer Kleinwagen hupend über den Schotter des Parkplatzes geschrabbelt. Timmi scheint endlich den Führerschein zu haben…….
Am nächsten Morgen kam Jörg an und berichtete erst mal, dass sich die Prognose für heute etwas verändert hatte und statt leichtem Nordostwind nun eine mittelstarker Nordwestwind wehen sollte. Der sollte umso schwächer sein, je weiter man Richtung Norden kam. Daher machten wir uns trotz noch recht ordentlichen Wellen auf den Weg und fuhren zur zweiten Mole. Auch war Swell vorhanden, aber der Wind kam einfach noch zu sehr aus Westen. Also wieder zurück an die Mutter aller Molen in Hvide.
Dort hat sich die Sandbank nach Jahren des Grauens wieder etwas erholt, auch wenn sie noch weit weg ist von der Form, die sie um die Jahrtausendwende hatte (jaja, früher war alles besser…). Zur Zeit hat sie für ca. 2 Stunden innerhalb einer Tidenperiode sogar wieder so etwas wie eine Schulter (glaubt jetzt bloß nicht, dass ich Euch sage bei welchem Tidenstand genau das ist), die man ganz gut mit dem longboard oder fish bearbeiten kann. Der Elevator ist in Bestform und wer hier noch raus paddelt ist selber schuld.
Die Windrichtung passte immer noch nicht, aber wir sind trotzdem raus und hatten mit dem longboard ein paar Wellen. Eine Zeitlang konnte man also halbwegs surfen, bis dann nur noch Geschwabbel da war, das uns selbst nach so langer Durststrecke nicht mehr im Wasser hielt. Danach hingen wir dann noch so an der Mole rum, im Wasser war grad keiner mehr, als mit auffiel, dass das Geschwabbel weg war. Der Wind hatte etwas weiter gedreht und war noch mehr eingeschlafen. Von oben sah das sogar fast glassy aus.
Ohne groß zu überlegen sprinteten wir zum Van zurück und waren in Rekordzeit im Neo. Als wir dann raus paddelten waren zwar bereits zwei andere longboarder schon wieder draußen, aber es waren genug Wellen für uns vier da. Und die liefen tatsächlich Brust bis kopfhoch schön clean und mit Schulter rein. Die Linke war definitiv die bessere Wahl und man konnte sie bis in den Elevator rein surfen. Nach weiteren zwei Stunden verschwand zwar die Schulter, die Wellen liefen aber weiterhin im Schutz der Mole vom leichten Nordwind unbeeindruckt sauber rein und brachten der inzwischen wieder größer gewordenen crowd viel Spaß.
Zum dänischen Feierabend hin tauchte dann eine Horde von lokalen Kiteboardern auf, die sich zum Glück rücksichtsvoll verhielten und den surfer lineup mieden. Die Jungs haben sich ja inzwischen auch ihrer Wurzeln besonnen und sind bei diesen Bedingungen überwiegend mit Kiteboards unterwegs, deren Shape ganz stark an Surfboards orientiert ist. Und ich muss neidvoll zugeben: die Jungs mit den Teebeuteln fahren auf diesen Brettern die härtesten cutacks. Hätte ich mehr Zeit und Geld, würde ich damit auch anfangen.
Gegen 22 Uhr – inzwischen war auch Tim auf dem Parkplatz eingeschlagen und hatte seine 5 Stunden Fahrt von Rostock aus mit einer ordentlichen Surfsession belohnt - machte ich mich dann auf den Rückweg nach Hamburg, um über´s Wochenende die liegen gebliebene Arbeit nachzuholen. Es war kein herausragender Kurztrip aber die alten Klassiker Blavand und Hvide Sande hatten mir in den 1 1/2 Tagen ordentlich Spaß gebracht.
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