Das Timing ist gut. Erste Lichtstrahlen treffen irgendwie (wahrscheinlich reflektiert durch die Stratosphäre) auf die Vulkaninseln obwohl die Sonne noch östlichere Gefilde bescheint. Die schnarchnasigen Locals kuscheln sich noch mindestens 2 Stunden in ihre Kopfkissen. Heute ist der Swell voll da. Knappe 2m, 15s Oha. Nichts kann mich aufhalten. Der Zafira rollt mit meinem 6'6'' S-Core die Hotelmeile zu den Breaks runter. Gestern Morgen (Freitag) waren wir zu dritt am Peak als die ersten Zuckungen des frischen Swells über die Riffe stolperten. Zum Ende der Dawn-Patrol zu fünft. 3 Nordeuropäer zu 2 Locals. Ich wusste doch daß die Südländer lange knacken. Kein Wunder mit der Euro-Krise :).
Ich biege voller Zuversicht in meine Parkbucht und - Hoppla, was ist denn da los? Ein quergeparkter Reisebus steht in der ersten Reihe mit Absperrungen davor. Und – Oje in meinem Gesichtsfeld springen jetzt auf einmal 5 bereits umgezogene Ripper herum. Am Rechts-Peak sitzen auch schon 15 im Wasser. Heute ist Contest-Tag, die Putzi in unserer Wohnanlage hat mir gestern schon davon berichtet, als sich mit meinem Brett unterm Arm sah. Hab ich irgendwie verdrängt.
Aber egal wenn man nicht auf die Sets warten muss, weil die normalen Wellen gut surfbar sind entzerrt sich die Crowd-pressure ein bißchen.
Bis ich umgezogen bin ist an den beiden schönen Peaks von gestern die Meute auf jeweils 25 Surfer angewachsen, und das Niveau … Na – Contest-tauglich eben. Ich schätze meine Chancen hier was abzugreifen sehr gering ein und paddele zum Anfänger Schwabbel Peak. Hier angekommen werde ich schnell wieder heiterer denn alle scheinen es auf die dicksten Setwellen abgesehen zu haben, die auch häufig zumachen. Ich schnappe mir in kurzer Folge ein paar kleinere Wellen, die immerhin Hüft bis Brusthohe Wände zu bieten haben, und auch bis zu 40m perlen. Nach 45min verläßt mich der Schwung, und auch ein bißchen das Glück.
Eine ganze Weile beobachte ich schon den Linkshänder, der zwischen mir und dem Contest-Peak perlt. Nur 5 Surfer sitzen drauf, obwohl er sehr schön perlt. Ok der Drop sieht etwas hohl und saugend aus, aber zumindest möchte ich mir das mal aus der Nähe anschauen. Ich paddle also rüber und setze mich schön draußen an der Schulter hin. Schon kommt auch ein gutes Set rein. Holla – die Welle stolpert mächtig über die Riffkante und schwappt sich zu einer deutlich überkopf-hoher Gestalt hoch. Ich sitze noch 5m weiter draußen als die Anderen, von denen auch nur einer weit genug drinnen sitzt um ideal reinzupaddeln und trotzdem geht er over-the- falls. Ich müsste also noch ein gutes Stück weiter rein - aber auch schon von dieser Position aus ist es wirklich nicht weit bis zum trockenen Riff auf dem die kleineren Wellen mit Weißwasser nach hinten explodieren. 10 Brettlängen oder eher 8? da gibt es nix zu beschönigen – ich hab Muffen! Und wie paddelt man an wenn man Muffen hat? Wie ein Schluffi. Und was kommt dabei heraus? Ein Knick fürs Ego.
Ich hole mir meinen Ego-Knick also direkt ab, ziehe den Schwanz ein und paddele zurück zum Schwabbel-Peak. Hier kommt es mir danach natürlich unwürdig schwächlich und schwabbelig für meine ja doch gar nicht so bescheidenen Skills vor und ich surfe in Konsequenz weniger und mit schlechterer Laune als vorher. Kurze Zeit später sitze ich immer noch am Anfänger-Peak, etwas weiter drinnen um die kleineren Wellen mit Perl-Potential abzugreifen, da kommt ein dickes Set rein. Fünf surfer starten zum Take-Off, ich paddele entgegen in eine der sehr kleinen Lücken zwischen den Startern. Einer der Fünf paddelt genau auf mich zu, ich habe die Hoffnung, dass er flink steht, und dann den rechtshänder von mir weg in hoher Linie surft, aber Pustekuchen. Er steht einen etwas wackeligen Take-Off und rast gerade runter auf mich zu. Ich tauche lieber ohne Brett, tauche auf und hoffe, ihn in großer Entfernung nach einem eleganten Ausweichmanöver die Welle entlangsurfen zu sehen, aber nein: er taucht neben meinem Brett auf, entschuldigt sich und fragt ob alles OK ist. Eine echt nette Geste, denn eigentlich hab ich mit meinem inside-gehocke ja eine solche Aktion in Kauf genommen. Mein Board scheint auch heil geblieben zu sein. Abends erst entdecke ich dann eine Schadstelle an meiner rail. Als Ding kann man es nicht wirklich bezeichnen, eher ein großflächiger Ratscher. Tolle Session!
Die folgenden Tage bringen dann Ablenkung: Wandern in den Bergen, Schwimmen, Grillen bei Onkel Klaus. Aber auch eine verkackte Dawn-Patrol und die Erkenntnis: Nord-Swell kommt nicht an in Las Americas.
Dafür bekommen meine El Medano -Windswell-Phantasien neue Nahrung. Die Vorhersage verspricht 3,5m 10s Welle aus NO. Und dazu hat die grundsätzlich SSO ausgerichtete Küste ein paar Setups von denen man als Nord- und Ostsee Surfer immer nur träumt:
a) der Hafen von Medano: ein schönes Linkshänder Riff im Hafenbecken, das selbst schon die kleineren (1m 5s auf exponiertem Riff) Wellen um 180 grad drehen, reinschwenken und knöchelhoch perlen.
b) Play la Tejita: 20min Fußmarsch westlich hier gibt es amtlich shelter vor dem wind, denn der Strand liegt in Lee des Montana Roja, der so ein bißchen das Wahrzeichen der Gegend und immerhin ca. 150m hoch ist.
Montag war ich zu einem Jogging + Open-Ocean-Swim-Quickie (nach 25min ist es ohne Neo zu kalt) an eben diesem Playa la Tejita, mit der Mission die Sandbänke zu erkunden, denn eigentlich fällt der Meeresboden extrem steil ab, ca. 150m draußen ist eine Ankerstation für Kerosin-Tanker. Ich breche auf in der Bucht von Medano, wo ein wilder wind-chop von 1m von einigen Kids gesurfed wird. Das Wasser hinter dem roten Felsen ist spiegelglatt und trotzdem kommt ein kleiner aber druckvoller Shore-break rein, der von zwei sehr speziellen Surfern getestet wird. Der eine war noch nicht so exotisch: ein Skimboarder mit (logisch) Boardshorts überm Neo. Bei dem zweiten aber handelte es sich um einen niedlichen Vierbeiner, der auf Herrchen Bodyboard den Shore-Break so routiniert meisterte, als wäre er schon seit dem Welpenalter im Wasser zu Hause. Die Inspektion der Sandbänke ergab ein sehr befriedigendes Ergebnis. Bei Ebbe sollte hier was abgehen. Glassy druckvoll, so zumindest in meiner Phantasie.
Auf dem Rückweg der sandbar-check-mission bin ich zum kleinen Hiper-Dino Supermercado um die Öffnungszeiten zu checken. In meinem Jogging-Outfit mit Schwimmbrille in der einen - und Badehose in der anderen Hand biege ich mit progressiven Vorfußlauf in das Mikro-Einkaufszentrum ein und - Karamba ein heftiger wipe-out und ich liege komplett ausgestreck auf den glatten Granit-Fliesen. Ruck-Zuck aufgerappelt (nicht dass noch einer der hilfsbereiteten Einheimischen mir sein Mitleid spendet) und schon habe ich die Unfallursache ergründet. An dem Eingang erhebt sich ein ca. 5cm hohes Stüfchen, dass sich in demselben Granit-Look tarnt wie seine Umgebung. Dios-Mio! Ein hoch auf die deutsche Treppen-DIN.
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sehr schön, sehr schön. lass
Babetis on Mo, 02/13/2012 - 22:16