... und eine Küste, an der an jeder Ecke ein mehr oder wenig bekannter Spot bilderbuchmäßig seine Wellen produziert, das waren nun also die Fakten.

Was sich auf den ersten Blick nach einem echten Luxus-Problem anhört, kann aber auch schnell die Anspannung steigern. Die Sonne steht zunehmend tiefer, der Anteil der Leute mit Board im Gepäck, die nach (manche wohl auch vor) Feierabend die Küstenstrasse entlang fahren, und ein persönlicher Anspruch jetzt aber auch den besten Spot finden zu müssen, legen nah, dass es nun eine hektische, frustrane Kurzenschlossene (meist falsche) „egal ich muss jetzt irgendwo ins Wasser“ Entscheidung geben wird. (geiler Satz).

Und ganz ähnlich fing es dann bei mir auch. Hektisch erinnerte ich mich an meine Online-Recherche über die Spots der Region.

Hatte ich wirklich alles im Umkreis gesehen?

Wie lange ist es eigentlich hell?

Wo fahren die andern eigentlich alle hin?

Diese Fragenwirwarr schlug sich schnell in meinem Verhalten nieder. Nach ca. 3-5 U-Turns auf der Landstrasse entschloss ich mich doch noch einmal weiter südlich zu suchen. Gängige Internetseiten weisen daraufhin, dass es hier ein Vogelschutzgebiet gibt, so dass es in den Wintermonaten untersagt ist hier Wassersport zu betreiben.

Dies war wohl auch der Grund, warum ich diesen Küstenabschnitt schnell von meinen Surfspot-Suchen ausgeschlossen hatte. Mit einem kurzen „We don´t care about that“ hatte Rune mich am Anfang des Tages allerdings schnell überzeugt dies zu vergessen.

Also ging es gen Süden, ein „perfekter Punkt“ sollte eine grobe Orientierung bieten, und nach einigen Baustellen mit nicht nutzbaren Abbiegungen fand ich mich bei schon recht tief stehender Sonne auf einem fast leeren Parkplatz wieder.

200m Fußweg entlang der Küste, eine kurze Kletterpartie durch ein paar Felsen und schon war der Blick frei auf den erhofften „Jackpot“.

Ganz ehrlich, die Wahrscheinlichkeit war eher gering, aber sämtliche Sprichwörter über blinde Hühner, Glück und dumme Leute etc. haben wohl doch irgendwo einen wahren Kern.

Was ich also sah beim Blick über die Felsen war so ziemlich genau das, was ich erhoffte hatte.

Ein leicht südlich versetzt liegender Beachbreak, nahezu vollkommene Windstille, leichtes rauspaddeln entlang einer natürliche Mole, und ein anderer Surfer, der sich gerade auf machte sich im Lineup zu positionieren.

Brachen die Wellen zum Strand hin eher Closeout, so waren es die großen Set-Wellen die weiter draußen einen schönen langsamen Takeoff ermöglichten um sich dann zumeist nach links etwa Kopfhoch ihren Weg zu bahnen. Insgesamt eine perfekte Kombination in Bezug auf mein Surflevel und das vorliegende Board.

Der Rest ist schnell erzählt, im Spurt zurück zum Auto, rein in den Neopren und zurück über die vereiste Wiese Richtung Strand. 1,5 Stunden feinster Wintersurf zu zweit in einmaliger Kulisse bei untergehender Sonne. Definitiv ein perfekter Abschluss des Tages.

Und da die Fotodokumentation bei so einem Stress schnell zu kurz kommt, nutzte ich den nächsten Tag um mit Hilfe meiner Freundin meiner Pflicht der Beweissicherung nachzukommen.

Das Lineup war Tags darauf jedoch deutlich voller. Zu dritt musste um jede Welle verbittert gekämpft werden, der Wind blies leicht Offshore, und Null Grad mit Sonnenschein ließen mich fast etwas schwitzen.

Leider hatte der Swell jedoch wirklich etwas nachgelassen, die Setwellen waren etwas kleiner, und mit der Zeit wurde es zunehmend seltener, dass ein schöner Takeoff gelang (siehe den einzigen Dokumentierten Aktionshot unten).

So konnte ich den Tag jedoch nicht ausklingen lassen. Zum Glück war es ein Einfaches meine frierende bereits in 7-10 Lagen Klamotten eingepackte Freundin doch noch zu einer zweite Session am Spot No1. zu überreden.

Die Wellen waren auch hier etwas kleiner als am Vortag, bei leichtem Offshore und einer Periode von immer noch 15sec war ich trotzdem zunächst der einzige im Wasser, was mich per se immer etwas stutzig macht. Aber heute war es dann auch egal.

Und siehe da, der gefürchtete Paddelmarathon blieb bei 15sec Periode nahezu aus. Trotz Schwierigkeiten sich zwischen Setwellen und Inside zu positionieren (Surfen ist auch irgendwie ein Geduldsspiel habe ich das Gefühl s.o.) gelang der ein oder andere schöne Ritt. Sonnenschein und Traumkulisse inklusive.

Nach Klamottenwechsel und kurzzeitigem Verdacht auf Erfrierungstod wurde der Rest des Nachmittags mit einem Strandspaziergang und Fotodokumentation der nun anwesenden Surfer beendet, was so manche Woge glättete…

Das Fazit zweier Surftage im Winter in Südnorwegen kann damit auch nur wie folgt ausfallen:

Das Wasser ist bitter kalt, es ist so gut wie den ganzen Tag dunkel, akzeptable Swells gibt es extrem selten, die Spot Auswahl ist gering, ohne eigenes Material ist man total aufgeschmissen in einem Land voller wortkarger und reservierter Menschen. Somit muss ich festhalten: See you next Winter in Marokko!!

Und um meinen ersten Blog auch mit etwas OFFTOPIC zu füllen: Nach 2 Surftagen konnte ich einen weitern Vorteil dieser Region genießen und vertiefte meine Snowboard und Ski-Fähigkeiten den Rest der Woche.

Eine Stunde zum Meer und 10min zum nächsten Skilift lassen das Auswandern echt interessant werden.