Naja, nicht ganz. Irland ist es geworden. Immerhin.
„Boah, was ist denn das bitte für ne miese Strömung hier?“ Stampf, stampf. „Puh, das ist noch ne ganze Weile zu laufen, naja einfach weiter…wird das denn gar nicht tiefer?“ Hief, hüpf, blubber. „Das nächste Mal nehme ich doch die Haube mit, autsch! Okay, jetzt fang ich mal an zu paddeln.“ Flutsch, hüpf aufs Board, paddel, paddel. „Mann, das Weißwasser sah vom Strand her aber kleiner aus. Egal, weiter.“ Paddel, paddel, gurgel, paddel, paddel, schnief, paddel, paddel, keuch. „Hä?! Komm ich eigentlich voran?! Ja, rückwärts ist ja auch ne Bewegung. Was ist das denn? Halloooooohooo!“ Paddel, spül, blubber, rotz, keuch. „Gibt’s nicht! Kein Durchkommen?“ Paddel, paddel, paddel, gurgel, fluch.
So oder so ähnlich spielte sich das alltägliche frühmorgendliche Ritual ab, als ich Ende April versuchte, die unfassbar lange Weißwasserbarrikade an verschiedensten Stränden im Nordwesten Irlands zu durchbrechen. Na gut, eigentlich war es nur an einem Strand so schlimm, dafür aber umso intensiver.
Was gab den Ausschlag für Irland und nicht für die Malediven? Nunja, mein Budget (was für eine arme Studentin wie meine Wenigkeit, die sich ihr Surf-Geld mühsamst durchs Jackenaufhängen verdienen muss, wohl ausschlaggebend ist) beschränkte mich auf Europa. Dann waren da die (noch) leeren Line-Ups, die schöne Natur, die Vielzahl an Spots. Somit stand die Entscheidung fest.
Hier mal eine Illustration der Wege:
Aber wenn man erstmal "das kleine bisschen" überwunden hatte, wars schön:
Gespannt ging es also am ersten Tag ins Wasser, denn ich hatte keine Ahnung, wie viel nach einer langen wellenlosen Zeit und meiner ja doch eher beschränkten Surferfahrung überhaupt noch klappen würde. So wurden die Erwartungen gleich tief gehalten. Umso positiver fiel das Urteil nach meiner ersten Welle aus: Abgesehen von akutem Oberkörpermuskelschwund klappte alles genau so schlecht wie früher, eher sogar etwas weniger schlecht. Keine Ahnung warum, ob es an den Wellen lag, an dem anderen Board oder ob ich doch unbemerkt als Schlafwandler heimlich geübt hatte.
Wie dem auch sei, ich nahm das einfach mal so hin, genoss die Wellen, die Landschaft und die Tatsache, dass wir nur zu zweit im Line-Up saßen. So konnte ich auch einfach alles auf mich wirken lassen, ohne bei jeder nicht angepaddelten Welle umgehend in Depressionen zu verfallen, weil man dies sonst als Verschwendung empfunden hätte. Und man kann es sich leisten, selektiv zu sein und nicht jeden Murks anpaddeln zu müssen, was sicherlich auch einen Beitrag zu der kleinen Verbesserung geleistet hat.
Am ersten Nachmittag traf ich dann meine neuen „One-Week-Surfbuddies“; Andrew und Owen kamen aus San Diego und sollten annähernd die ganze Woche mit mir allein im Line-up ausharren. Beide machten gerade mal wieder eine Auszeit und traten die unfassbar weite Reise nach Europa an um „mal zu schauen, was hier so los ist“. Waren auch schon von weitem als typische südkalifornische Surfer auszumachen, zum einen vom äußeren Erscheinungsbild, zum anderen aber – das muss man zugestehen – auch vom Kenntnisstand. So verbrachten wir die Tage an den verschiedensten Spots, erstaunlicherweise oft in der Sonne, wie immer ging’s mal besser, mal schlechter (auch wenn Andrew und Owen ihr bestes gaben, Fehleranalyse zu betreiben). Auf jeden Fall immer mit einer ganzen Menge Spaß. Der beste Tag sollte der Mittwoch werden, bei dem der Swell nur 7 ft betrug und uns somit cleane, kopfhohe Lefts am Tullan Strand bescherte und – man höre und staune – wir waren den ganzen Vormittag allein. Nachmittags rockten die Jungs dann noch The Peak – es waren außer den beiden noch zwei andere da – während ich pflichtbewusst ein paar Photos machte.
Am Freitagabend reisten A&O weiter in den Süden der Insel um von dort aus dann irgendwann ihre Europareise fortzusetzen. Ich hatte somit noch den Samstag, bevor es wieder nach Hamburg ging.
Die Vorhersage sah kritisch aus; Swell 16,5 ft. Am Samstagmorgen: Alles closed out, der Peak lag einsam und verlassen da. Auf Nachfrage im Surfshop wurde mir empfohlen, einen Strand ca. 40 Minuten weiter südlich aufzusuchen, den wir schon am Dienstag besucht hatten. Somit schmiss ich mein Brett bei der gerade zu diesem Strand aufbrechenden Surfschule mit in den Bus und fuhr zusammen mit ihnen an den Strand.
Dort angekommen, war der gesamte Parkplatz voll mit Leuten. „Oha“, dachte ich, „das riecht nach Kalifornien!“ Aber als ich über die Dünen schaute, durfte ich feststellen, dass die Wellen, nunja, sagen wir mal nicht gerade anfängerfreundlich waren. Im Weißwasser tummelten sich ca. 150 Leute, aber draußen sah ich noch niemanden und das obwohl die Wellen zwar ziemlich groß, dafür aber meist recht clean waren.
Nach einer endlosen Paddelreise (siehe erster Absatz…) dort angekommen, stellte ich fest, dass immerhin noch zwei andere Surfer mit mir draußen saßen. Ich platzierte mich etwas weiter draußen, um das Geschehen aus der Ferne zu inspizieren; ich hatte wenig Lust, von einem großen Set überrascht zu werden.
Tja, viel passierte nicht. Die anderen paddelten einige Wellen an, zogen aber immer zurück. „Pff, alles Feiglinge...“ wähnte ich. „Lasst mal das Californian Surfer Babe durch, ihr Luschen!“ Mit „Tschaka“ im Gemüt startete ich meine erste Welle an... und ließ sie elegant ohne mich ihren Weg zum Strand fortsetzen. Die war aber groß. Viel zu groß. Möglicherweise waren die anderen doch nicht so feige. Kicher. Entschuldigendes Lächeln. Geschäftig tun. Dann kam glücklicherweise ein vierter Surfer zu uns; er war der erste, der schließlich eine Welle surfte. Uns Hasenfüßen blieb nichts anderes übrig als nachzuziehen. Konnte doch nicht so schlimm sein. Als Dritte bekam dann auch ich meine Welle –Tschaka, zitter, tschaka, tschaka – und blieb tatsächlich auf dem Brett. Gestoked wurde auch die zweite Welle so gesurft. Beides Linke, aber durch meine neuen Backside-Kenntnisse war mir das egal. Ich hatte es ja wohl so was von drauf. Jawoll! Dann kam meine dritte und letzte Welle, denn diese machte nach zwei, drei Sekunden einfach zu, spülte mich in einem Bilderbuch-Wipeout vom Brett und verprügelte mich noch eine Weile. Als ich auftauchte, hatte ich die Wahl: Zurück ins Line-Up oder an den Strand. Ein Blick über die Schulter fällte die Entscheidung oder vielmehr nahmen mir die riesigen und für mich unüberwindbaren Weißwasserwalzen die Entscheidung ab. So wurde noch ein wenig im Seegras gespielt und am nächsten Morgen um 6.30 Uhr die Heimreise angetreten, bei der natürlich ausgiebig der nächste Urlaub geplant wurde (aber vorher kommt noch stundenlanges Lächeln an der Garderobe…).
Fazit: Ein gelungener kleiner Ausflug.
Wellen: Erstaunlich viele Lefts, leere Line-Ups (!!!), ich konnte jeden Tag ins Wasser, allerdings war der Swell die ganze Woche (bis auf den Mittwoch) im zweistelligen Bereich, was wirklich viel Paddelarbeit bedeutete
Wasser: kalt, aber ich hatte mit einem alten 5-4-3, der zu groß war, kein Problem. Haube und Handschuhe Geschmackssache
Kosten: Flug aufgrund diverser Billigfluglinien zwischen 70 und 150 Euro, Boardtransport zumindest bei Air Lingus auch nicht teuer; weitere Anreise entweder mit Mietwagen (ab 150 Euro die Woche) oder Bus (3,5 Stunden, 30 Euro hin und zurück); Unterkunft diverse B&B (in der Nebensaison meist geschlossen!) oder Hostel, übliche Rate
Surfinfrastruktur: Einige Surfshops, gut ausgestattet, verleihen auch
Sonstiges: Sehr nette Leute, Kopfschmerztabletten gegen Guinness-Konsum nicht vergessen ;-)
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schöner Blog
coldwaves on Di, 05/19/2009 - 14:48hätte ich mich doch bloß in der Schule mehr angestrengt und wär auch Student geworden, that's life.
Jaja,
maleika on Mi, 05/20/2009 - 16:33dafür...
coldwaves on Mi, 05/20/2009 - 20:17...kommst du aber reichlich rum in der Welt, weiter so.
Lächeln...
maleika on Do, 05/21/2009 - 19:56Das Into...
boerni on Fr, 05/15/2009 - 22:22Maleika ist der Hammer! Ha, ha, ha!!!! Ich hab mich schlappgelacht! Gruß Börni
Schlapp...
maleika on Mi, 05/20/2009 - 16:32