Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE Da in letzter Zeit hier viel aus Portugal zu lesen war – allerdings nur aus dem Süden und Zentralportugal – will ich passend zum NORDsurfsyndikat auch mal aus dem kaum beachteten Norden Portugals berichten und ein paar Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten zwischen den Regionen aufzeigen und Werbung für „kleine Wellen“ machen.

Die Sache mit den kleinen Wellen ist uns (Sara und mir…) in Peniche mal wieder aufgefallen. Wir wohnen zurzeit eigentlich in der Altstadt Aveiros, etwa 5 Minuten Autofahrt vom Strand entfernt. Bei großen Swells oder Südwinden ist Aveiro aber nicht so super zum Surfen, da die Strände hier wahre Swellmagneten sind, es bei Westswells wenig Schutz in Nordportugal vor diesen gibt und Südwinde in Portugal für schlechtes Wetter und Onshore stehen. Daher sind wir im März häufig in Peniche gewesen, um trotz der vorherrschenden starken Südwestwinde und großen Swells („o pior inverno de sempre“ – der schlechteste Winter aller Zeiten - titelte die SURF Portugal), gute Wellen zu bekommen.

Saras Lieblingsort zum Surfen in Portugal (und auf der Welt?!) - Peniche, Baía...

In Peniche war im März eigentlich alles wie immer: Irgendwie etwas „busy“, viele Leute im Wasser (nur nicht an Stellen, für die man mehr als drei Minuten fahren muss und an denen es etwas größer ist) und einige bekannte Gesichter und natürlich konstant gute Wellen – wie fast immer zu der Jahreszeit. Aufgrund der Swellrichtung ist es aber oft kleiner als angesagt, worüber sich viele gerne und ausgiebig beschweren. Als die angesagten fünf Meter dann eintreffen, begleitet von stürmischen Winden, hat sich die Zahl derjenigen, die im Wasser sind, schlagartig um 90 Prozent verringert und man ist vorwiegend mit Portugiesen im Wasser. Zwei Tage später sitzen dann wieder über 100 Leute in der Bucht – wo waren die an den vorherigen Tagen? Ich dachte das war ihnen vorher nicht groß genug? Irgendwas an deren Logik habe ich nicht verstanden. Als es groß war gab es auch den ein oder anderen Spot der brauchbar war, den ich mir mit einem knappen Dutzend (älteren und schlecht gelaunten) Portugiesen geteilt habe.

Leider ist das an bekannteren Spots als einziger, blonder und den Locals Unbekannter manchmal stressig. Man wird schnell mit Leuten gleichgesetzt, die grade einen Surfkurs gemacht haben und sich in der Richtung geirrt haben und bei der falschen Welle rausgepaddelt sind. Dementsprechend ist das Verhalten einiger (insb. Bodyboarder in Supers…) ein bisschen respektlos. Stehe ich irgendwie nicht mehr so drauf: Zwei Stunden Arbeit für zwei bis drei Setwellen in Supers, bei denen mir keiner reindroppt oder mir an der Leash zieht. Die paar Wellen sind dann zwar geil, aber an einem anderen Spot habe ich mit weniger Stress in der Zeit fünfmal so viele Wellen und damit auch mehr Spaß. Was solls – es gibt noch genug gute Wellen in der Gegend und Portugal ist nicht nur Peniche…

Turn 1, Turn 2, Reentry auf 20 Metern - auf einer großen Welle wäre da höchstens ein Turn drin gewesen...

In der Woche vor Ostern waren wir dann an der Algarve, einfach um mal etwas anderes zu sehen. Aufgrund der zu großen Wellen an der Westküste ballten sich die massiven Crowds an nur 3-4 Spots an denen es „klein“ war. Horden von unentspannten Spaniern mit sehr bescheidenem Surfniveau und richtig asozialem Verhalten, viele Deutsche und ohnehin ansässigen Engländer ließen Portugiesen zur  Minderheit an den Spots werden. Ich bin jedes Mal, wenn ich wieder an der Algarve bin, geschockt, wie sehr die Portugiesen ihre wunderschöne Küste von geschmacks- und identitätslosen Appartement- und Hotelkomplexen zubauen (lassen). In den letzten zehn Jahren scheint das Portugiesische an der Südalgarve immer mehr zurückgedrängt zu werden, so dass kaum noch ein Unterschied zwischen einem Dorf in Andalusien oder an der Algarve erkennbar ist. Man muss sich nicht mal bemühen die Landessprache oder auch nur ein bisschen der Kultur zu kennen, da die Algarve international und wirklich kaum noch portugiesisch ist. Natürlich ist der Tourismus wichtig für die lokale Wirtschaft, aber auf Dauer sollte man sich doch von der Costa del Sol oder dem Ballermann abgrenzen, um die lokale Identität zu bewahren.

Ostern: Spanier an der Algarve auf der Suche nach... Ostereiern? Ich wüsste nicht wer "priority" hat...

Entschuldigung, ich schweife ab. Die Wellen waren wie gesagt in Ordnung und wenn man früh morgens kurz nach Sonnenaufgang im Wasser war, hatte man den Lineup für sich alleine. Zavial war ein paar Tage sogar richtig ordentlich und groß und schien zu der Zeit einer der besten Spots im Land zu sein, was die Anwesenheit von portugiesischen Surfprominenz (Ruben Gonzalez, Frederico „Kikas“ Morais, u.a.) aus dem Norden bewies.

Sara bei einer einsamen Morgensession...

Die Crowds, die vielen Touristen und nicht zuletzt die für Sara wieder beginnende Uni nach den Osterferien, veranlassten uns nach einer Woche, durch das wunderschöne Alentejo, wieder gen Norden zu fahren. Hier gibt es kaum Ausländer, geschweige denn Surftourismus. Dafür aber unzählige leere Strände, Pointbreaks und vieles mehr, was es sich zu entdecken lohnt. Lissabon und Ericeira, sowie Peniche links liegen lassend (alle drei Regionen verfügen bekanntlich auch über ausgezeichnete Wellen) ging  es wieder in den unbekannten Norden.

Oft schon wurde ich nach der Qualität der Wellen hier oben gefragt, ob es nicht zu kalt sei (KALT?!? Ich surfe auch bei Eisgang in der Ostsee – das ist selbst im März wie Sommer hier für mich!). In Figueira da Foz war 1998 ein WCT-Contest. Das sagt glaube ich genug. Die Wellen von Cabedelo und Buarcos (Bilder liefere ich nach) sind europaweit bekannt und gehören zu den Besten des Landes (außerdem sind sie fast immer leer, wie ich festgestellt habe…). Auch Nazaré und Espinho als Big-Wave-Spots haben internationale Bekanntheit. Und dazwischen gibt es unzählige Beachbreaks, die bei kleinen Swells traumhafte Sandbänke an Molen bilden. Und von Molen gibt es hier wahrlich genug: An der Hafenausfahrt von Aveiro gibt es eine Sturmmole, die etwa dreimal so lang ist wie die „lange Mole“ in DK. An den gut 60 Kilometern einsamen Sandstrand bis runter nach Figueira gibt es geschätzte 40 weitere Molen, hinter fast jeder von diesen sich Paradiese für Regulars befinden: Häufig tubende, schnelle Wellen die morgens nahe der Perfektion brechen (es gibt auch andere Wellen, die gemütlicher sind…).

 

Kleinwellensurfen macht Spaß! Bilder einer Session im Norden (Costa Nova), an einer X-beliebigen Sandbank. Und der Unterschied zu der Zusammenstellung oben aus Südportugal? Nicht vorhanden, das Wasser war nur kälter und das war Solosurfing! 

Das Beste daran ist, dass bei einer Hochdruckwetterlage hier morgens immer Offshore ist. Der hält dann bis etwa 13 Uhr an, dann ist es eine Stunde glassy und danach setzt der Nortada ein, so dass es bis abends Onshore ist. Gelegentlich lässt der Wind gegen 18 Uhr nach, so dass es abends bis zum Sonnenuntergang wieder glassy ist. Da Portugiesen hier aus Prinzip nicht vor 9 an den Strand kommen (kein Wunder, wenn Partys erst um 1-2 Uhr richtig losgehen) sitzt man selbst bis 11 Uhr selten mit mehr als fünf Leuten im Wasser, auch wenn die Wellen perfekt sind oder dies der einzige Peak ist der funktioniert! Dazu kommt noch, dass die Surfer hier Ausländer außerhalb der Sommermonate nicht gewohnt sind und einem wirklich ernsthaftes Interesse entgegengebracht wird. Ich hatte alleine in der letzten Woche etwa ein knappes Dutzend an Gesprächen über die besten Spots hier in der Gegend, Surfen in Deutschland und einiges mehr. Man wird hier schnell als Teil der lokalen Surfergemeinde aufgenommen. Auf dem Wasser grüßen sich fast ausnahmslos ALLE mit einem Shaka (das mag man mögen oder nicht – habe ich hier allerdings zum ersten Mal so gesehen!), ich schüttel während der Sessions etliche Hände, werde gefragt wie es geht, man unterhält sich und das alles nur nach wenigen Wochen. Ich war/bin angenehm überrascht…  

Trotzdem ist das Niveau unter den Surfern hier ansprechend. Es gibt zwar nicht viele sehr gute Surfer, aber ein durchschnittlich höheres Niveau als z.B. an französischen Stränden. Die beste Zeit zum surfen hier ist meiner Ansicht nach April-Mai und dann wieder im September. Es ist angenehm warm (jetzt grade etwa 22°-23°), das Wasser hat momentan 16° und mehr und die Swells sind nicht zu groß. Das ist hier eigentlich das einzige Problem. Wenn es stürmisch ist gibt es (außer für Nordwinde) keine Ausweichspots und die Strände hier saugen Swells nur so auf. Am Freitagmorgen z.B. war eine Vorhersage von 0,9m auf 10 Sek. Das Ergebnis waren spittende Tubes, kopfhoch. Ab einer Vorhersage (Windguru) von 2,x gibt es nur noch eine Hand voll Spots die funktionieren, da die Wellen an den offenen Stränden mindestens 500m draußen, Double-Overhead brechen.

Und schon sind wir wieder beim Thema „kleine Wellen“. Eigentlich surfen doch alle kleine Wellen lieber als große – nur die wenigsten geben es zu, oder? Was kann man denn als „Otto-Normal-Surfer“ in großen Wellen machen? Die wenigsten wissen ansatzweise wie man richtig Top-To-Bottom surft (ich auch nicht) und rasen daher das Face runter und werden entweder geschluckt, springen irgendwann über die Lippe oder werden bei einem vermasselten Turn ziemlich zerhauen. Bei kleinen Wellen bis 2m kann man dagegen etwas ausprobieren. Floater, Off-the-Lips, 360er, Cutbacks oder auch Airs und man muss sich keine Sorgen über das rauspaddeln nach einem Wipeout machen. Und daher ist meine Ansicht, dass man kleine Wellen zu sehr unterschätzt, nur weil sie weniger Power haben. Und kleine Wellen gibt es zu den entsprechenden Zeiten überall – also auch außerhalb des Winters in Nordportugal. Nur eben ohne Crowds.

Nachdem es seit gestern Mittag bis -  meiner Hoffnung nach so ziemlich bis jetzt - flat war und ich den Tag bisher nur rumgegammelt habe, werde ich mich ins Auto setzen und die fünf Minuten zum Strand fahren und den neu ankommenden Swell nutzen. Die Wellen werden sich heute wohl noch unter einem Meter bewegen und Onshore wird vermutlich auch sein. Aber darum geht es ja auch gar nicht – wichtig ist doch nur, dass man zum surfen kommt, Spaß und ausreichend Wellen hat. Die Größe und Qualität und wie „krass“ die Wellen sind, ist im Endeffekt egal. Sonst würden heute auch nicht einige Dutzend Leute an die Lübecker Bucht fahren und in die Ostsee hüpfen, um den heiß geliebten NO-Windswell zu surfen und einfach Spaß haben (Grüße an die üblichen Verdächtigen – schade dass ich beim BfG nicht dabei sein kann. Ich bin gespannt auf die Videos!).  

Manchmal sind kleine Wellen auch zu klein, was selbst bei der bekennenden Kleinwellenliebhaberin Sara zu Frusttration führt. Aber ein paar Meter weiter, übers Feld und über die Düne hatten wir dann immerhin noch hüfthohe Wellen. Den ganzen Vormittag alleine... The early bird catches... ;)

In diesem Sinne will ich eigentlich nur sagen, dass es immer nur um den Spaß am Surfen geht bzw. gehen sollte. Den kann man überall haben und daher rufe ich dazu auf, auch mal andere Regionen abseits der bekannten Spots aufzusuchen, da die meisten von uns eh nicht den Point in Arrifana bei 4m, Coxos bei 3m oder Supertubos bei 2,5m surfen. Und wer das gerne mit nur einer Hand voll Leuten im Lineup oder ganz alleine machen will und dabei noch ursprüngliche, portugiesische Kultur kennen lernen möchte, sollte auch einmal für ein paar Tage in den Norden Portugals fahren. Er oder Sie wird nicht enttäuscht werden! Und „Qualitätswellen“ gibt es auch.

 Morgen sind 1,1m auf 13 Sek. vorhergesagt – das wird sicherlich wieder nett und Ende der Woche soll es Südwinde geben. Mal sehen – ich denke, dass ich dann nach Peniche fahren werde. Es ist halt nicht perfekt hier. Aber bei den richtigen Bedingungen ist es das häufig und es reicht meinen Ansprüchen meist mehr als aus.....

 

 

Wenn ich nochmal blogge gibts dann die Monsterwellen, Rodeo-Flip-Fotos und sonstigen Nonsens... ;)

Bis denn!
Jens-Ph.

 

Bild von boerni

Toller Blog!

boerni on Mi, 04/14/2010 - 19:58

...wie recht du doch in vielen Punkten hast!!!

Viel Spaß weiterhin dort unten!

Börni

Bild von AX

Astreiner Bericht und geile

AX on Di, 04/13/2010 - 16:06
Astreiner Bericht und geile Bilder!
Bild von Leif

sehr geiler blog dschensen

Leif on Mo, 04/12/2010 - 18:42
sehr geiler blog dschensen
Bild von tripmaster

sehr feine Story!

tripmaster on Mo, 04/12/2010 - 16:41

aber gib´s doch zu:
Du trainierst da nur für den BFG und fliegst dann überraschend ein ;=)

Bild von jens

Kopfhoch, Druck und ne

jens on Mo, 04/12/2010 - 09:38

Kopfhoch, Druck und ne einsame Sandbank, was besseres gibt es kaum, da geb ich dem Dschensen recht.

Bild von holiday

!

holiday on Mo, 04/12/2010 - 13:29
Schöner Blog - interessante Ecke. Anmerkung: Ich surfe ebenfalls am liebsten 3-6 ft.