Von Pustekuchen und Softeis

Die letzten Wintertage hatten es noch mal in sich. Nach langer Zeit bescherte uns "Wotan" noch einmal stürmischen Ost- bis Nordostwind, der bei dieser Richtung und Stärke für die Lübecker Bucht ordentlich Welle produzierte. Er ließ aber ebenfalls die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken. Was surftechnisch aber in der Gegenwart mal gar kein Problem mehr ist.

Drei bis vier Surftage hintereinander wären surfbar gewesen. Ich konnte davon zwei Tage freihalten.
Freitag war der erste Tag an dem es gegen Mittag direkt nach der Arbeit losgehen sollte.
Im Kontakt stand ich mit Christoph, Jabba und Falk.
Christoph meldete sich nach Blick auf die Webcam bei mir: "Arrrgh, das sieht nicht  Klasse aus. Wasser ist  sehr hoch, viel Geschwabbel und die Seebrücke ist ja noch auf der Hälfte gesperrt. Also ich denk viel Gepaddel für wenig Spaß! Ist mega viel Weißwasser! Ganz ehrlich, da gibt es bessere Tage bei moderateren Temperaturen. Ich fahre nicht los!"
Falk war schon am Wasser und meinte: "War eben gucken und habe mit'n paar gesprochen. Die fanden es Kacke! Ich muss sagen, es sieht auch Kacke aus!"

Diese Aussagen reichten alleine schon als Motivationskiller aus und dann schickte Christoph auch noch dieses Bild:

Pustekuchen beschrieb meine Lage und das Bild der Webcam ganz gut.

Eine Linie war da nicht wirklich zu erkennen, aber allzu groß sah es auch nicht aus.
Ich war gerade auf der Bahn und begann zu sehr zweifeln, zumal mit Sonntag eine zweite Chance mit einer ein wenig gemäßigteren Vorhersage winkte und ich nochmal eine Woche später in wesentlich wärmeren Gefilden surfen würde.
Nach langem Kopf Ping-Pong fasste den Entschluss meinen Bus zu wenden und nach Hause zu fahren.
Kurz bevor ich dort ankam schickte mir Jabba eine Nachricht: "Sieht etwas verwaschen aus, aber mit'm Shortboard werden ein paar kurze Dinger drin sein. Ich hab Zeit und Bock! Fahre gleich los!"

Ich lass mich ja immer leicht motivieren, so reichten diese Worte um doch noch mal meine Entscheidung über Board zu werfen und mich am nächsten Kreisverkehr einen U-Turn fahren zu lassen.

Kurz bevor ich mein Ziel erreichte meldete "Prophet" Jabba noch einmal mit folgender Nachricht: "Jetzt kommt auch noch die Sonne raus! Das wird ja richtig schön hier das Wetter!"
Ich sah weit und breit keine Sonne und musste lachen.
Jabba war gerade beim Umziehen als ich ankam und wollte ohne zu checken gleich ins Wasser. Uihjuihjui, ob dass mal die richtige Herangehensweise war. Ich beschloss es vorsichtiger angehen zu lassen, mit dem Testdummieprinzip im Hinterkopf und wollte mir zuerst ein Bild vor Ort zu machen und ging dick eingepackt mit ihm zur Seebrücke.

Die Wellen waren groß aber auch nicht außergewöhnlich hoch. Sie brachen ungefähr am Kopf der Seebrücke. Hatte hier  schon deutlich größere Dinger reinlaufen sehen. Jedoch reichte die Höhe, Richtung und die Regelmäßigkeit der Sets, um das Rauspaddeln schwer zu gestalten, zumal sich der Anleger, von dem man ins Wasser springen musste, deutlich in der Weißwasserzone befand und die Strömung einem unbarmherzig wieder zur Seebrücke zog.
Ein Dude hatte es nach draußen geschafft, war aber auch dort noch am Kämpfen. Die anderen wurden ohne eine wirkliche Chance zu haben nach unzähligen Duckdives wieder zum Strand gespült.
Auch Jabba ging es nach seinem ersten Versuch nicht anders. Beim zweiten Mal wartete er lange, bevor er erneut ins Wasser sprang. Leider erwischte ihn kurz danach, der größte Set, den ich bis dato gesehen hatte und riss ihn zurück unter die Seebrücke und hindurch, wobei, wie er mir später erzählte, sein Brett gedingt wurde.

Ich hatte genug gesehen und war nun gar nicht mehr motiviert diesen Spot selbst in Angriff zu nehmen. Zumal ich wusste, dass Jabba ein erfahrener und fitter Surfer ist.
So entschied ich mich zum Auto zu gehen und potentielle Alternativen anzusteuern, wobei mir Falk, der diese Tour schon hinter sich hatte, wenig Hoffnung machte: "Ich bin wieder los! Das ist alles nicht geil gewesen. Versuche es Sonntag noch einmal."

Spaßbremse!!! Ich musste und wollte aber noch einmal in die Ostsee hüpfen, um nicht vollends umsonst losgefahren zu sein.

Der erste Ersatzspot, den ich anfuhr musste geschützter liegen. Leider habe ich zuerst noch zu weit entfernt davon geparkt, so dass ich noch ungefähr eine Viertelstunde durch den schneidend kalten Wind marschieren durfte.
Endlich am Spot angekommen, sah ich dann bereits zwei Surfer im Wasser sitzen, von denen der eine gleich eine nette Linke erwischte. Ich nahm aber auch eine fiese Strömung wahr, gegen die, die Jungs nahezu ständig anpaddeln mussten um ihren Platz im Line Up auch nur halbwegs zu halten.
Trotzdem überzeugte mich, dass sie relativ regelmäßig eine Welle surften und auch der Einstieg über  eine Rampe die von der Brücke zum Wasser führte, sah angenehm aus.

Ich ging zu meinem Bus zurück und fand schließlich auch einem Parkplatz direkt am Spot. Gegen Bezahlung natürlich!!!
Es war bereits halb Vier als ich endlich selbst im Wasser saß. Glücklich, doch einen surfbaren Spot gefunden zu haben.
Wobei die Strömung extrem zog und man nach einer gesurften Welle lieber gleich am Strand zur Einstiegstelle zurückgehen sollte, um nicht vollends abzutreiben.

Da die Session sehr kräftezehrend war, dauerte sie nicht allzu lang, reichte aber mich zufrieden aus dem Wasser steigen zu lassen. Im Blick schon den Sonntag an dem ich bereits wieder surfen würde.

 

Sonntag wollte ich früh am Wasser sein, um dort mehr Zeit als am Freitag verbringen zu können. Da meine Geburtstagsfeier am Samstag sehr gesellig ausfiel, schaffe ich schließlich erst am späten Vormittag loszufahren. Diesmal schien wirklich die Sonne, der Wind hatte ein wenig nachgelassen. Es war aber auch nochmal ein paar Grad kälter geworden. Na ja, wie gesagt kein Problem für die Neoprentechnologie heutzutage.

Dick eingepackt ging es abermals zum Check der Conditions auf die Seebrücke, die aufgrund der Kälte und den großen Wellen an den Vortagen total in Eis eingepackt war. Große Eiszapfen hingen herunter und die Pfosten am Anleger sahen aus als wären sie mit massig Softeis überzogen.
Auf der Brücke traf ich Chrischan und später auch Christoph.

In bester Delling und Netzer Manier schätzen wir die Qualität der Wellen ein, feierten die zwei bereits im Wasser paddelnden Testdummies ab (Hahaha!!!!) und unterzogen sie einer harschen Kritik.
Die Wellen waren kleiner als am Freitag. Leider immer noch ziemlich schwabbelig. (Will mich aber nicht beschweren, ist ja eigentlich zu 90 Prozent der Surfs dort so.) Regelmäßig brachen viele Weißwasserwalzen vor dem Anleger und die Jungs im Wasser hatten immer noch einige Arbeit zu verrichten bevor sie den Line Up erreichten und dort eine Welle nehmen konnten. Gründe dafür wurden von den "Besserwissenden" auf der Brücke, in der durch die Wellenrichtung erzeugten Strömung, dem Schwabbel, der noch nicht ausgefeilten Duckdivetechnik sowie der mangelnden Wahl des  Paddelweges und der Positionierung ausgemacht.

Mir wurde so langsam kalt und ich wollte endlich selbst ins Wasser, so dass ich trotz der amüsanten Zeit mit den beiden Jungs auf der Seebrücke, den Rückweg zum Bus antrat, um mich kurz aufzuwärmen und umzuziehen.

 

Später ließ ich es bei dem Einstieg über den Anleger beim ersten Versuch extrem vorsichtig angehen. Auf der Treppe war es schweineglatt, das Geländer bot aufgrund des Vereisungsgrades wenig Halt und auch der eigentliche Absprung endete eher einem ängstlichem Hüpfen.
Nachdem die Sonne später das Eis angetaut hatte löste sich dieses Problem glücklicherweise.

Ich entschied mich wegen der vorhandenen Strömung für die Wellen an der Westseite der Seebrücke. Konnte dort auch ziemlich schnell und im Anschluss regelmäßig Wellen erwischen.

Nach knapp einer Stunde nahm die gefühlte Qualität der Wellen leider immer mehr ab. Nicht, dass sie kleiner wurden. Sie wurden einfach immer schwabbeliger und liefen nicht. Vielleicht hätte ich zu dem Zeitpunkt die Seite wechseln sollen. Weil die andere Seite der Seebrücke für die Jahreszeit und Temperaturen bereits gut gefüllt war beschloss ich dort auszusitzen, wo ich mich befand. Surfte aber nicht mehr wirklich eine erwähnenswerte Welle und saß viel rum, so  dass mir immer kälter wurde.
Es war an der Zeit den Teich zu verlassen und mich aufzuwärmen.

Dank Standheizung und einem heißen Tee, taute ich  in Nullkommanichts wieder auf.


Vor der Rückfahrt ging es ein letztes Mal ans Wasser. Ein paar Bilder wollte ich mit nach Hause nehmen.
Dort war jetzt aber nur noch ein Surfer im Wasser, der grüne Wellen surfte. Die anderen kloppten sich mit dem Weißwasser rum. Also musste ich lange warten bis ich ein paar Bilder zusammenhatte.


Wieder einmal musste ich feststellen, dass es bei diesen Temperaturen um Einiges kälter und härter war Fotos zu machen und auf der Seebrücke dem Wind ausgesetzt zu sein als im Wasser im dicken Neo zu sitzen.
Deswegen ging ich  mich zwischenzeitlich in einem Zelt am Strand, wo  für Kinder und Touristen Kinofilme gezeigt wurden, aufwärmen. Dort war es angenehm und ein Glühwein ließ mich schnell wieder aufheizen, bevor ich mich ein letztes Mal der schneidenden Kälte aussetzte.
Als die Sonne hinter dem höchsten Hotel des  Ortes verschwand, lies ich es gut sein und fuhr mit Blick auf wärmere Temperaturen und Wellen, welche mich in der kommenden Woche im Süden am Atlantik erwarten würden nach Hause.

Börnis Pics vom Freitag und Sonntag

Christophs Pics vom Sonntag

Bild von coldwaves

Was soll man sagen...

coldwaves on Fr, 03/23/2018 - 11:35

...besser ging es an dem Wochenende nicht. Starker Bericht. Und nun ab in den Süden Börni.