Eigentlich lohnt es sich immer...  Ost- und Nordsee 14. und 15.11.15

Freitag Abend. Eigentlich wollte ich früh ins Bett. Doch die späte Nachricht von den Anschlägen in Paris hielt mich noch lange wach. Schlimm mal wieder aufgezeigt zu bekommen wozu Menschen fähig sind.
4 Uhr morgens. Der Wecker riss mich, wie zwar vorher geplant, aber trotzdem vom Körpergefühl her viel zu früh aus meinem Tiefschlaf.
Letzter Wellencheck noch im Bett per Handy. Mmm... Der Wind hatte einen Rückdreher gemacht. Könnte knapp werden. Zu Hause bleiben? Das Bett war sehr verlockend. Könnte aber auch klein und supersauber werden. Grübel... Raus aus den Federn! Auf zur Ostsee!
Die meisten Dinge hatte ich schon am Vorabend gepackt. Nur noch die Kaffeemaschine anstellen und ein paar Kleinigkeiten in den Bus bringen.
Es war stockfinster Draußen. Kein Licht bei den Nachbarn, nicht mal die Straßenlaternen waren hier auf dem Dorf schon an. Hunderunde vor Abfahrt mit Stirnlampe, um überhaupt was zu sehen.
Ich hoffe das Rattern beim Starten meines  Busses hat nicht den einen oder anderen Anwohner wachgemacht.
Beim Abbiegen auf die Haupstraße überlegte ich noch einmal, ob ich alles mitgenommen hatte. Lediglich bei meinen Booties war ich mir nicht so sicher. Umkehren?
Ich trank einen kräftigen Schluck Kaffee, um wach zu werden und lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Straße und das Radio, welches weitere schockierende Neuigkeiten aus Paris sendete.

Als ich am Spot ankam, gab die Sonne sich die größte Mühe ihre ersten Strahlen durch die dunkle Wolkendecke zu schicken.

Windstärke und Richtung hatten gereicht, um kleine geordnete Wellen an den Strand zu schicken.
Ein Dude ("der, der immer da ist") war schon im Wasser.
Rein in den warmen  Neo. Noch eben Booties und Handschuhe anzieh... Booties? Wo waren nur diese verdammten Booties? Hektisches Suchen. Ich wollte es nicht wahr haben. Hatte ich sie doch nicht eingepackt. "Grande merde!!!"
Eben mal über 2 Stunden zurückfahren und sie holen war nicht. Ich entschied mich, die 10 °C Wassertemperatur ohne Booties und Gloves anzutesten. Ich hatte zwar Handschuhe dabei, aber stilistisch wäre das eine Nullnummer gewesen.
Die ersten Schritte über den kalten Boden, das nasse Gras und den eisigen Sand ließen mich bezweifeln, dass ich es im Wasser lange aushalten würde. Bei Rauspaddeln wurde das Gefühl nicht besser. Im Gegenteil!
Irgendwann hatte ich mich dennoch so gut es ging an das kalte Wasser gewöhnt und surfte meine ersten Wellen.


Foto: Schröter
Zwei Stunden hielt ich es aus und konnte zwischendurch ein paar schöne Wände entlanggleiten.
Viel Gefühl hatte ich zuletzt nicht mehr in den Füßen. Ich surfte, wie auf Stelzen. Den Händen ging es nicht wesentlich aber "fühlbar" besser.
Ich nahm eine letzte Welle und probierte mit eistauben Füßen über die glitschigen und scharfen Steine im Uferbereich das Land zu erreichen. Harte Nummer!
Später hätte ich echt nicht rausgehen dürfen. Jeder Schritt zurück zum Bus schmerzte.

Es mussten Booties her. Zumal ich geplant hatte wegen der guten Vorhersage für den Sonntag am späten Nachmittag weiter ins Däneland zu fahren. Erst nach Hause zurück, wäre ein zu großer Umweg.
Kurzes gegoogle und ich fand heraus, dass der lokale Surfshop, eine halbe Stunden entfernt, schon geöffnet hatte.
Mit den unzähligen Ampeln kostete mich die Anfahrt viele Nerven und schließlich doch geschlagene 45 Minuten. Gut, dass ich nur 5 Minuten vom Shop entfernt parken konnte. Die letzten paar hundert Meter folgte ich meinem Handy-Navi. Fehler! Denn nun hatte auch ich wie Tom, unser Tripmaster, letztens "Scheiße am Schuh!!!" Ich probierte diese auf den letzten Metern noch irgendwie am Kopfsteinpflaster mit dem Moos das dazwischen wuchs abzuwischen. Klappte eher schlecht als recht. So tat ich einfach, so gut wie es ging, als wäre nichts gewesen. Betrat den Laden und hoffte, dass der Shop Dude meinem "Faux pas" nicht auf die Schliche kam.
Er rümpfte zumindest nicht die Nase, vielleicht roch er es aber auch und wollte nur höflich bleiben.
Egal, ich wollte nur schnell Booties und dann wieder nichts wie raus aus dem Laden an die frische Luft.
Ich musste aber feststellen, dass sich mein Wunsch einen 7mm Round Toe Bootie in Größe 9-10 zu bekommen schwieriger gestaltete als erwartet.
Wobei sich der Verkäufer beste Mühe gab etwas Passendes für mich zu finden. Schließlich gab er mit den Worten, dass das wohl heute nicht mein Tag sei, auf.
So langsam glaubte ich an das Gesagte, erstand schließlich eine 5mm Version und fuhr wieder 45 Minuten leicht genervt zurück zum Spot.

Dort waren die Wellen jetzt ein wenig kleiner. Longboardtechnisch aber noch potentiell surfbar und super sauber.


Foto: Sluga

Langbrett aus dem Bag geholt, wieder rein in den nassen Wettie, sowie in die Gloves und die neuen Botten.
Kleinen Klönschnack mit Falk, der seine Session gerade beendet hatte.

Plötzlich kamen zwei weitere Surfdudes zu uns gerannt. Die Nachricht, welche sie mir brachten konnte ich kaum glauben und blieb ersteinmal wie festgefroren auf der Stelle stehen.
Mein Longie, immerhin ein 9'8"er und sauschwer, sei vom Wind durch die Luft gewirbelt worden und liege nun im benachbarten Feld.
Das konnte ich einfach nicht glauben und schaute letztendlich doch über den Wall auf dem ich es abgelegt hatte.
Leider hatten die Jungs recht. Dort lag es im Modder des Ackers. Schnell begutachtete ich die Schäden.
Zwischen dem Acker und dem Wall gab es noch einen Weg mit Steinen, die das Brett, den Dings nach zu urteilen, mit der Nose und dem Tail erwischt haben musste.
Das tat mir in der Seele weh, denn seit ich das Brett besitze, und das sind schon einige Jahre, hat es noch keine Dings und Dongs abbekommen.
Für das was mit dem Board passiert war, hielten sich die Dings  in Grenzen. Danke "Austin" für die "Quali" dess Brettes.
An eine zweite Session mit dem Board war nun nicht mehr zu denken. Zu dunkel für den Solarez Einsatz und zu großes Ding für eben einfach Duck Tape drüber kleben.
Heiß darauf mit dem Groveler noch ein wenig abzugreifen war ich nun auch nicht mehr. Innerlich wollte ich nun nur noch nach Hause, um den Abend ruhig in den eigenen vier Wänden ausklingen zu lassen.
Statt Weiterfahrt nach Däne machte ich mich nun auf den Nachhauseweg, demotiviert vom heutigen Tagesverlauf und im Hinterkopf die viele Arbeit, welche sich bei mir in den letzten Wochen aufgestaut hatte.
Auf halben Weg nach Hause Nachricht vom "Fugator". O-Ton: "Morgen geht's auf jeden Fall nach DK!!!" Auch die L-Townies nahmen Sylt in Angriff!
Erneutes Grübeln. Ich gönnte mir ein wenig Ruhe und parkte auf dem Seitenstreifen. Sammelte meine Gedanken und checkte ein weiteres Mal den Forecast...
Der sah immer noch Bombe aus!
"Man lebt nur einmal!", schoss es mir durch den Kopf und programmierte das  Navi um.
Destination DK!
Das Glücksgefühl kehrte in mich zurück und Vorfreude auf den kommenden Tag stieg in mir auf, diesen guten Surftag miterleben zu dürfen.
Das weiß ich seit einiger Zeit wieder mehr zu schätzen. Bewusst genießen und Chancen nicht vorbeifliegen lassen. Weniger Grübeln! Einfach machen!

Nach 2 Stunden überwältigte mich die Müdigkeit und ich haute mich für eine halbe Stunde am Straßenrand auf's Ohr.
Halbwegs fit ging es auf die nächste und hoffentlich letzte Etappe. Wenn ich 2 weitere Hunderunden, Pinkelpausen und eine Betankung nicht mitzähle, war sie es auch.

Gegen 22.15 Uhr erreichte ich schließlich den von mir ausgewählten Küstenstreifen an dem ich die Wellen des kommenden Tages entgegen nehmen wollte.
Ich parkte in erster Reihe, um in der Morgendämmerung gleich einen guten Blick auf die Wellen werfen zu können. Jetzt konnte ich die Brandung eher hören als sehen. Es donnerte heftig, der Wind pustete mehr als kräftig.
Ein Grog verlieh mir die nötige Bettschwere.
Erstes Licht war Weckzeit. Hunderunde inklusive Wellencheck, Frühstück mit ordentlich Kaffee.
Einschätzung der Situation: Wellen mehr als dick, schon offshore aber morning sickness schadete den Wellen. Abwarten und Kaffee trinken. War ja noch früh.
Blick aus dem Fenster auf dem Spot. Lange geschah nichts, außer dass eine Bombe nach der anderen auf die Sandbank krachte.
Doch was sahen meine müden Augen nun?
Keine Surfer... Zwei Saunagänger waren die ersten im Wasser!

Doch die ersten "Testdummies" ließen nicht lange auf sich warten und probierten den Paddle-Out ins Line-Up. 80 % der Dudes bekam eins auf den Löffel und fuhr Karussell bevor sie einen neuen Versuch starteten. Ein Teil von ihnen probierte den Einstieg über das "Psycho-Becken" (Danke Hansi! Das Becken trägt diesen Titel mit Berechtigung, wie ich später selbst feststellen konnte.) Ein Teil schaffte es dort rauszupaddeln... aber nicht alle...

Drei Kaffee später, gen späten Vormittag, noch nicht echt super saubere Lines. Trotzdem weiterhin fett mit Druck. So langsam "durfte" auch ich für die erste Session ins Wasser. Andernfalls müsste ich die Zweite sausen lassen. Nicht gut für das Fahrerei-Surfzeit-Verhältnis.
Keine 15 Minuten später stand ich am Einstieg und paddelte zwischen zwei Sets raus.
Fast!!!! Wenn mich nicht doch noch eine "Saugende" voll erwischt und ebenfalls ins Karussell geschickt hätte.
Attempt 2 übers "Psycho Becken"! Ordentlich Respekt vor den dicken Dingern aber irgendwie habe ich es geschafft und wurde durch die Nord-Süd Strömung direkt in den Line-Up getrieben. Wellen waren nicht allzu leicht zu nehmen, da sie an diversen Punkten zu stark ansaugten und sich teilweise schnell aufbauten. Zu lang durfte man sie ebenfalls nicht surfen, da man andernfalls wieder Probleme mit dem Rauskommen hatte. Trotzdem ein paar Welen auf der Haben-Seite.

Pause! Chillen auf dem Beifahrersitz. Den Leuten im Wasser mit nem weiteren Kaffee in der Hand zuschauen. Selbst die Sonne kam jetzt teilweise raus.
Leider drehte der Wind auf Nordwest, so dass die Wellen sich nicht weiter sortieren konnten.

Würde er noch mehr auffrischen? Lieber nicht abwarten und ein letztes Mal rein!
Auch diese Session stand unter dem Motto "Geben und Nehmen"!
Ordentliche Waschgänge wechselten sich mit nicht allzu langen, diffizilen und schön schnellen Wellen ab. Wieder raupaddeln, jedes Mal keine Freude!

Mit dem Sonnenuntergang nahm ich die letzte Welle, auf die ich wegen meiner Plattheit lange warten musste.
Hunderunde vor Abfahrt im letzten Tageslicht.

Abfahrt mit dem Gefühl die richtige Entscheidung am Vortrag getroffen zu haben, doch noch hochgefahren zu sein.
Ankunft L-Town: 22.15 Uhr.

Retrospektive: Dienstag 17.11.15 Arbeit aufgeholt! Kein schlechtes Gewissen mehr! Longboard wird bei kommenden guten Wetter repariert.
Scheiße, Forecast für die Ostsee sieht für Mittwoch gut aus!
"Man lebt nur einmal!"
Aber Mittwoch ist es auch für mich definitiv nicht zu schaffen.
Wer irgendwie kann wird hoffentlich Gas gegeben! Eigentlich lohnt es sich immer!

Klickt hier für mehr Bilder von den Tagen.

Bild von Til Stranden

Eigentlich lohnt sich die

Til Stranden on Sa, 11/21/2015 - 14:33
Eigentlich lohnt sich die Fahrt nach Dänemark immer - außer am letzten Sonntag...
Bild von coldwaves

eigentlich...

coldwaves on Fr, 11/20/2015 - 19:44

...hast du sowas von recht. Klasse das du das durchgezogen hast Börni.

Bild von tripmaster

starke Aktion

tripmaster on Mi, 11/18/2015 - 22:03

und starker Blog Börni!
so will ich das haben ;=)

Bild von boerni

Jo

boerni on Do, 11/19/2015 - 07:27

Cheffe!

Bild von Bastii

danke für den netten

Bastii on Mi, 11/18/2015 - 21:47
danke für den netten Bericht:) ich hab den Wochenendforecast kommen und dann leider an mir vorbeiziehen sehen.. am heutigen Mittwoch lief es im Ostsee ganz gut, zumindest für die Frühaufsteher. Aber selbst in der Abenddämmerung gab kam hier und da noch ein kleines Set fürs Longboard rein. Daher ist es wie du sagst: einfach machen (und aus dem Wasser siehts eh größer aus)