Date: 09.01.-10.01.10

Spot: L-Bay

Rating: 1+ (für Ostseeverhältnisse)

 

 

"Crazy Daisy"

Es wurde im Internet schon viel von dem legendären Wochenende berichtet. Hier meine Sicht der Dinge. 

Wochenanfang... Schon jetzt kristallisiert sich eine solide Nordost-Windlage für das Wochenende vom 09. und 10.01.2010 heraus. Konstante 6-7 Bft. werden vorhergesagt. Der Nordostfetch der Ostsee wird dabei voll ausgenutzt. Ich haue im Forum einen Surf Alert raus. "High Surf Advisory für Samstag!!!" Dem Anschein nach sollte einer der größeren Swells in die L-Bay reinrollen. Die ersten Befürchtungen einer Sturmflut machen die Runde.

Jeden kommenden Tag wieder der routinemäßig ablaufende Check. Mehrmals am Tag versteht sich. Gravierend ändert sich nichts an der Prognose. Außer, dass mitte der Woche heftiger Schneefall für das Wochenende angekündigt wird. Donnerstag sehen die ersten Wellenmodelle 3-3,5 Meter Wellen voraus. Freitag wird auf diversen Webcams die beginnende Schwellung sichtbar.

Am Freitag, den 08.01.10 um 18.45 Uhr wird eine Vorhersage für Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen für Samstag und Sonntag vom Deutscher Wetterdienst ausgegeben.

Am Sonnabend zeigt sich der Himmel bedeckt und es schneit in fast ganz Norddeutschland. Nur nördlich des Nord-Ostsee-Kanals bleibt es zunächst noch niederschlagsfrei. Höchstwerte um minus 2 Grad, im Oberharz um minus 6 Grad. Es weht ein starker, an der See stürmischer Nordostwind mit Sturmböen, dabei Gefahr starker Schneeverwehungen. An der See sind auch Unwetter durch teils orkanartige Böen nicht auszuschließen.In der Nacht zum Sonntag schneit es besonders in Niedersachsen. Der Nordoststurm lässt kaum nach. Dabei gibt es weitere Schneeverwehungen. Die Tiefsttemperaturen bewegen sich zwischen minus 4 und minus 6 Grad.

 

Am Sonntag ist es in Schleswig-Holstein manchmal aufgelockert, sonst stark bewölkt und vor allem südlich der Elbe schneit es teils länger anhaltend. Bei frischen bis starken, in Böen noch Sturmstärke erreichenden und nur langsam nachlassenden Nordostwinden gibt es weiterhin Schneeverwehungen. Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 0 Grad in Küstennähe und minus 3 Grad im südlichen Niedersachsen. (c) Deutscher Wetterdienst

 

Weitere Wetterwarnungen kündigen folgendes an:

Dauerfrost, Schneefälle und ein eisiger Nordostwind bestimmen die Situation in weiten Landesteilen am Wochenende. Die Schneefälle können generell in der Südosthälfte chaotische Dimensionen annehmen. Neuschneemengen bis zu einem halben Meter sind denkbar. Hinzu kommen Schneeverwehungen in freien Lagen. Zwar erreichen die Schneefälle in etwas abgeschwächter Form die Nordwesthälfte, aber auch dort sind durchaus 5 bis 20 Zentimeter Neuschnee möglich.

Infolgedessen muss generell mit sehr glatten Straßen durch festgefahrene Schneedecken gerechnet werden. Wer für das Wochenende plant, mit Hilfe von Verkehrsmitteln eine Reise in die Wintersportgebiete zu unternehmen, sollte vorsichtshalber warme Getränke, warme Decken und etwas Lebensmittelvorrat mit im Gepäck haben. In freien Lagen drohen massive Schneeverwehungen, örtlich sogar auch in den Niederungen. 

In der Nacht zum Samstag erreicht der Wintersturm voraussichtlich seinen Höhepunkt. Fast im ganzen Land kommt es bei starkem bis stürmischem Nordostwind zu heftigem Schneetreiben und massiven Schneeverwehungen. Es muss weit verbreitet mit starken Verkehrsbehinderungen gerechnet werden, zahlreiche Verkehrswege könnten gänzlich unpassierbar werden. Von nicht unbedingt notwendigen Fahrten mit dem PKW wird dringend abgeraten. (wetteronline.de)

Von Bekannten wurde ich daraufhin gewarnt: "Pass blos auf morgen, das wird mehr als heftig (hab grad den neuesten Windloop beim Dänen geschaut)!

Beim sorgfältigen Packen meiner Sachen, malte ich mir Abends schon in meinen Gedanken die vor mir liegenden Sessions aus.

Vor einem Surf sowieso immer schon aufgeregt, taten die o.g. Informationen und Warnungen ihr Übriges, um mich schlecht einschlafen zu lassen. So aufgekratzt war ich. Positiv zu verzeichnen war, dass dadurch das Aufstehen kein Problem war.

8:00 Uhr: Abfahrt, von Wetterchaos nichts zu vernehmen...

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...bis irgendwo zwischen Hamburg und Lübeck diese graue Wand vor mir auftauchte und ich voll und ganz von ihr aufgenommen wurde. Heftiger plötzlicher Schneefall, stark eingeschränkte Sicht. Nur die Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge waren auszumachen, kurz bevor sie an mir vorbeifuhren. Die Fahrbahnen in Minuten mit einer dicken Schneeschicht bedeckt.

Doch so schnell ich von dieser Wolke eingefangen wurde spuckte sie mich wieder aus. Vor mir einer der vielen Orangenen-Engel, die fleißig und mit großem Einsatz im Winter ihren Dienst leisten.

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Kurz vor 10 Uhr Ankuft in Timme. Zwei hartgesottene Surfer, die mit der Bahn angereist waren gerade auf dem Weg vom Bahnhof zum Strand.

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Erinnerungen an alte Trips, Jahre zurück mit der Bahn nach Sylt kamen auf.
Meinen Bulli parkte ich zum Checken gegenüber dem Hundesalon. Die Skiunterwäsche sollte sich jetzt bezahlt machen. Beanie auf, Schal um und Jacke bis oben dicht zugeschnürt war ein Muss bei dem Sturm vor Ort, der mir den Grieselschnee trotzdem waagerecht genau in die Augen bließ. Zwischen den Gebäuden kurz vor der Seebrücke, musste man sich schon ohne Board gegen den Wind lehnen.

Schließlich der mit Spannung erwartete Blick auf die Ostsee. Ich hoffte es würde nicht viel zu groß sein bzw. ging bei der Vorhersage davon aus, dass der Spot bestimmt nicht mehr surfbar sein würde.
Leichte Erleichterung bzw. Enttäuschung machte sich breit. Groß war es, aber noch lange nicht so groß wie eigentlich erwartet. Auf der Seebrücke traf ich auf zwei Jungs aus Hamburgs Mitte. Wir waren heiß, wie Lumpi, denn die Wellen liefen trotz des starken Windes für Ostseeconditions noch sauber rein. Es konnte nur größer und schwabbeliger werden. Außerdem war noch niemand im Wasser, so dass wir uns schnell auf die Socken machten, um uns umzuziehen. Beim Rückweg die Hardcore-Zug Dudes gesehen, die sich gerade unter freiem Himmel hinter der Hütte der Strandkorbvermietung umzogen. Ich wollte mal gar nicht an den Windchill auf nackter Haut denken, den die beiden Dudes gerade erlebten.
Auf dem Parker trafen so langsam, "Die, die man immer in Timme sieht" ein.
Ich war so glücklich ins kalte Nass springen zu dürfen, obwohl mein letzter Surf grad' mal eine Woche her war. Der ersten Wellen begannen jetzt kurz vorm Kopf der Seebrücke zu brechen und es kostete mich eine Viertelstunde, bis ich mich aklimatisiert hatte und die erste Welle gesurft bin.
Im Wasser wurde es jetzt immer voller, ich denke aber mehr als 12 Jungs waren nie gleichzeitig im Line-Up. Die Stimmung war jetzt, wie auch im gesamten weiteren Tagesverlauf Granate. Alle waren stoked, diesen Tag mitzuerleben und man rief sich gegenseitig ind die Wellen rein und grölte vor Freude. Malte "Lord Helmchen" scorte schöne Wellen aber auch den fettesten Wipe-Out des Tages. Wobei jeder der Dudes bestimmt seine eigenen Erfahrungen mit der "Waschmaschine" Ostsee an diesem Tag gemacht hatte. Nach einer Welle beschloss ich für den Rückweg ins Line-Up die Seebrücke zu nehmen. Jedoch wurde die gerade in dem Moment als ich wieder hinausgehen wollte gesperrt. Aus sicherer Entfernung beobachtete ich, wie die Holzbarriere angekettet wurde, nicht ohne im eisigen Wind ordentlich auszukühlen. Endlich verließen die Jungs vom Ordnungsamt den Ort des Geschehens, so dass ich schnell über die Barriere kletterte, um vom Ende der Seebrücke wieder ins Line-Up zu springen. Verhältnismäßig warm war es dort. Die Sets nahmen immer mehr an Größe zu und fette Wellen wurden gesurft. Hatte selbst neben ein paar heftigen Drops, viele gute Wellen. Unter ihnen eine schöne "Partywave" mit Don Ganter. Hansi probierte, obwohl er leicht angeschlagen war und seine Gloves Wasser ließen so lange wie möglich im Wasser zu bleiben. Hut ab! Kalte Hände sind nähmlich mehr als Schiete!!! Mit der Zeit leerte sich der Line-Up, bis ich schließlich alleine im Wasser war. Ich hatte meine "2te Wärme", leider nahmen die Wellen an Qualität ab. Nach einem Sturz mit heftigen Vollwaschgang, der ohne Ende an meinen Kräften zeehrte und mich auskühlte, machte auch ich mich auf dem Weg zu meinem Bus. Dort wärmten sich auch die anderen Jungs bei heißen Getränken und Suppen auf, um wieder zu Kräften zu kommen. P.S.: Welcher Sack hat ohne meine Zustimmung seinen Sticker auf meine Heckscheibe geklebt? (P.S., P.S.: Is schon O.K. Jungs! Ich will noch einen! Denn der Sticker hat sich gestern vom Fenster gelöst)  Einen Kaffee und eine weiße Schokolade für den Zuckerhaushalt (Danke, Marc für die Einladung.) und es sollte auf die Seebrücke für ein paar Fotos gehen. Heftig! Wenn einem nicht der Schnee auf die Linse flog, dann war es die Luft, die mit Gischt getränkt war oder die gegen die Seebrücke klatschenden Wellen. Seit diesem Tag, ist die Seebrücke auch unter dem Namen "Orgelpfeife" bekannt. Fotos nur unter schwersten Umständen möglich...

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Eine mutige Vertreterin der "Lübecker Nachrichten" war auch vor Ort und löcherte die Jungs auf der Brücke mit ihren Fragen à la "Ist das nicht kalt?" usw. und konnte sogar ihr Schreibgerät und ihren Block bei vorherrschenden 8 Bft. und regelmäßigen Ostseeduschen bedienen. Chapeau!

14:00 Uhr:Zweite Session. Eigentlich nicht geplant, aber als ich immer größere Wellen reinrollen sah, die in die Bucht rollten, weit vor der Brücke brachen, um dann teilweise mit voller Wucht dagegen zu klatschen, war die Entscheidung gefallen. Schön nochmal in die kaltnasse Neoprenausrüstung steigen, das Brett unterm Arm an das Ende der Seebrücke vorgelatscht. Dort umspülte einem das Wasser teilweise bis zu den Kniekehlen. Viel dicker durften die Wellen nicht sein, sonst hätte man die Brücke als Einstiegsspot vergessen können.

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Nach dem Sprung ins Wasser hieß es weiter nach draußen paddeln, denn jetzt brachen die Sets um einiges vor der Seebrücke. Für den Ostsee waren das die größten Klopfer, die ich an diesem Spot bis dato miterleben durfte.  Wahnsinns Druck auf unserem Teich und immer noch ordentlich surfbar. Es wurden auf jedenfall mehr Wellen gerippt als an so manchen kleineren Tagen.

15:30 Uhr: Ich war platt, aber es pumpte weiter. Nach einem letzten Straight-Drop machte ich mich vom Acker. Glücklich an diesem Tag vor Ort gewesen zu sein und noch einmal die Neopelle übergestreift zu haben.

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16:00 Uhr: Rückfahrt mit den Gedanken bei den erlebten Sessions und bei dem kommenden Tag, der laut Prognosen noch einmal zulegen sollte.

Sonntag 8:00 Uhr: Ausgeruht und motiviert packte ich meinen Van für eine weitere epic Session. Ordenlich Schnee war über Nacht gefallen. Warnungen im Radio über gesperrte Straßen und heftige Schneeverwehungen. Der Nordost ballerte weiter. Und dann das...

Schon in unserem Wohngebiet, wo die Straßen mal gar nicht geräumt werden blieb ich mit meiner Kufte stecken. Arrrrrrgggghhhh! Scheiße! Ich konnte es nicht glauben! Erst eine Stunde später hatte ich meinen Bulli wieder ausgegraben und beschloß, so was von gegen meinen Willen, den Trip abzublasen. Das war hart! Wusste ich was mir entgehen würde...

Das Entgangene wurde mir schon tagsüber per Live Berichterstattung von n-tv und am Abend von den ersten Berichten inklusive Fotos und auch bewegten Bildern schonungslos vor Augen geführt. Wellen wohl noch größer als am Vortag, die so sicher so schnell nicht wieder kommen werden...
Im Internet immer mehr Infos, welche die Besonderheit dieses Tages wiedergiebt.

Ich glaube ich werde dieses Wochenende lange nicht vergessen. Thanx Huey!!! ...und dass obwohl  ich gar nicht getanzt habe. Stoked to be a Ost-See-Surfer!

Leider hat es die Seebrücke zerblasen! Hoffentlich wird die schnell restauriert. Ansonsten Spenden an börni@nordsurf-syndikat.de ich werde mich dann ins Zeug für unser gutes altes "Sprungbrett" legen! ;)

Diverse Features im Internet von diesem gigantischen Wochenende findet ihr hier:

nordsurf-syndikat.de/specials/daisylicious

 

 

Bild von aquaman

Right words :-)

aquaman on So, 01/17/2010 - 02:07
Ein unvergessliches Wochenende nicht nur für watermen ;-) und guat das Daisy nicht noch mehr Druck von sich gab.....Hang5, aq ,)