Gestern war Deutschlandpremiere von JJF´s in der Surfwelt mit Spannung erwartetem Surfmovie „View From A Blue Moon“. Mit einer Stunde Dauer endlich wieder ein richtiger Surffilm, mit großem Budget über 3 Jahre hinweg gedreht, natürlich an exquisiten Locations. Das zumindest konnte man aus dem, was vorher über den Film bekannt gegeben wurde, erwarten. Manche Medien sprachen auch von „The Worlds Greatest Surf Film“.

Die offizielle Webseite des Films ist sehr reduziert gehalten, ein Trailer, ein paar brillante Fotos zum Download, keinerlei textliche Info zum Film. Trotzdem sehr ansprechend und man kann über einen Link gleich den Film vorbestellen. Sogar noch Old School mäßig als DVD.

Insgesamt sehr gutes Marketing – bei Eingabe des Filmnamens auf Google taucht bereits nach der Hälfte der Buchstaben das gesuchte Schlagwort auf - und der Ort für die Deutschland (und gleichzeitig Europa-) Premiere, das bei den Surf Film Nächten bewährte Zeise Kino in Hamburg, bildete einen angemessenen Rahmen, um sich das Werk in bequemen Sesseln und auf großer Leinwand das erste Mal anzuschauen.  Unklar war, was genau die große Menge – die Vorstellung war schon lange vorher ausverkauft – an Premierenbesuchern erwarten würde. „Surf Movie“ ist eine Messlatte, die insbesondere Bruce Brown und George Greenough bereits vor über 40 Jahren verdammt hoch gelegt haben und zumindest unser Filmkritiker Tom Frey verband damit die Erwartung an ästhetisch anspruchsvolle Surfbilder UND eine gute Story.

Der Film legt dann auch gleich fulminant los mit fast schon psychedelischen Unterwasseraufnahmen bevor begonnen wird, John John mit ein paar Aufnahmen aus seiner Gromet Zeit zusammen mit seinen Brüdern zu porträtieren. Leider ist die Sequenz mit einem Jack Johnson Song unterlegt, aber das ist ja Geschmackssache. Es folgen ein paar lässige Statements von John John und ein witziger Auftritt seines North Shore Nachbarn Kelly Slater. Dann Schnitt und Wechsel nach Westaustralien. Landschafts- und Wellenaufnahmen in Discovery Channel Qualität, feine Wellen, von John John fachmännisch zerlegt. Wunderbare Bilder und nach der Eye Candy - Sequenz kommt bestimmt gleich wieder ein Abschnitt, in dem uns wieder etwas über John John erzählt wird.

Das zumindest würde den Movie – Anspruch erfüllen. Geschichten über John John und sein sicherlich recht aufregendes Aufwachsen am North Shore sowie seinen Weg zu einem der aktuell aufregendsten Surfer des Planeten, gepaart mit Surfaufnahmen von den besten Wellen an den schönsten Flecken der Erde.

Doch es folgen weitere Passagen, die technisch brillant gefilmt John John´s technisch brillantes Surfen in den unterschiedlichsten Wellen zeigen.  Onshore Wellen in Westaustralien liefern den perfekten flüssigen Skatepark, Righthand Pointbreaks in Südafrika schreien nach Speed und ausgefeilter Rail Belastung, Beach Break Wellen verlangen flüssige Übergänge von der Barrel zum künstlerisch hochwertigen Air. Natürlich geht John John in all diesen Bedingungen ab. Naturaufnahmen sind sparsam aber wirksam eingestreut. Die Land- und Leute Sequenzen mit Favelas in Rio und Naturvölkern in Afrika sind wunderschön, aber ein bisschen zu sehr heile Welt und eher hochwertige Marketing Clips von Tourismusministerien.

Über John John erfährt man dabei wenig. Klar, sein Surfen ist an sich schon ein Statement. Aber die zwischen den einzelnen Abschnitten eingestreuten, wieder technisch extrem gut gefilmten Porträtaufnahmen von ihm schaffen zwar nette Reminiszenzen an die Matrix und Calvin Klein Werbeclips, erzählen über John John aber nichts. So mutiert der Film dann doch irgendwann zu einer Abfolge von auch einzeln gut im Web präsentierbaren, starken Surf Clips mit perfekt passender guter Musik und wird nach 30 Minuten fast schon etwas langweilig.

Doch es lohnt sich durchzuhalten. Motorhead wurde für die finale Sequenz als Soundhintergrund gewählt und es ist eine gute Wahl. Pipeline ist die Bühne und Hammer Wellen die Kulisse. Dass John John hier eine extrem gute Performance ablegt, war vorher klar. Aber hier rückt mehr die Welle in den Vordergrund, und die Aufnahmen von Pipe sind bombastisch und so noch nicht gesehen. Filmisch ein neues Level und ein absoluter Genuss. Der finale Höhepunkt eines Films, der sich vorgenommen hat, John John´s unglaubliches Surfen mit maximaler Ästhetik zu präsentieren. Damit schien auch das Konzept des Films klar zu sein: Surf Porno auf technisch allerhöchstem Niveau.

Doch dann folgt nach einem langen Abspann plötzlich noch ein Abschnitt in dem ein vom Leben sichtbar gezeichneter Bruce Irons erzählt, wie sehr ihm John John´s surfen aus dem Loch geholfen hat, in das er nach dem Tod seines Bruders gefallen ist und wie es ihm Inspiration wurde, selber wieder auf´s Wasser zu gehen. Unterlegt ist die Sequenz mit Aufnahmen des nicht wirklich gertenschlanken und etwas hüftsteifen Bruce bei einer gemeinsamen Surf Session mit John John.

Ungewollt zeigen die Macher des Films damit, was sie nicht geschafft haben: nämlich ein richtiges Surf Movie zu machen, das eine Geschichte erzählt die auch Menschen anspricht, die nicht nur das Schlitzen auf High Performance Surfboards im Fokus ihres Lebens stehen haben. Am Ende ist es doch nur ein Special Interest Film geworden für männliche Surfer um die Zwanzig mit sportlichen Ambitionen und einem Sinn für brillante Film- und Schnitttechnik. Die jedoch sollten sich den Film unbedingt ansehen, und das möglichst auf maximal großer Leinwand in einem Kino.

Danke an Florian von HHonolulu fürs Freihalten eines Platzes im ausverkauften Haus. Wer den Film selber sehen will hat derzeit folgende Möglichkeiten (falls es noch Karten gibt):

13.11.2015 Hamburg Zusatzvorstellung - 15.11.2015 München - 16.11.2015 Stuttgart – 20.11.2015 Berlin – 22.11.2015 Leipzig. Infos und Tickets gibt es hier.