Nord Nordwest Surf Film Fest – Review

Nachdem wir hier auch ein bisschen Propaganda für das Festival gemacht haben, will ich nun berichten, wie das so war an den drei Abenden in der Hamburger Botschaft.

Ich hatte mir fast das volle Programm gegeben – nur die Skate Sessions habe ich ausgelassen – und war jeden Abend von 20 Uhr bis zum Betriebsschluss da. Samstagabend war dieser Betriebsschluss dann etwas später.

Größte Überraschung gleich am ersten Abend: es gab Tegernseer Helles! Einem nicht nativen Oberbayern wird dieses Bier recht wenig sagen, ich kann nur jedem empfehlen, diese Spezialität selber mal auszuprobieren. Ich war auch etwas verwundert, dass nach dem Läuten der Glocke zur letzten Runde Sonntag früh gegen 2:30 Uhr von diesem Göttergetränk noch etwas übrig war.

Aber der Reihe nach:

Donnerstag:

Sehr schöner Einstieg in das Festival am Donnerstag mit der Slideshow von dem schwedisch / amerikanischen Fotografen Jeff Flindt untermalt von den Klängen der Hamburger Combo „Monaco Á Gogo“. Mir war deren Sound zwar teilweise zu Jack Johnson mäßig – für andere ist das sicherlich ein positives Qualitätsmerkmal – aber er passte perfekt zu den Bildern. Die beiden dann folgenden Filme habe ich nur am Rande wahrgenommen, weil ich zu viel mit Philo an der Kasse gesabbelt hab und dazu noch mit Filmen beschäftigt war. Das Rock N Roll Bingo danach war sehr St. Paulianisch, hatte aber eine überraschend große Zahl an eifrigen Mitspielern.

Freitag:

Die Slideshow war wieder sehr Schweden-lastig, mir gefielen die Bilder sehr gut und auch die live Jam Session von Benny Kreisel & Guests, die die Bilder begleitete, war sehr gut (und entsprach eher meinem Musikgeschmack).

Danach „The Heart & The Sea“, ein bissl zu lang und ein bissl zu esoterisch für meinen Geschmack, aber mit extrem schönen Aufnahmen. Mein Highlight dabei die Parts mit Kassia Meador. Die Frau ist einfach eine Longboard Göttin, sie surft unglaublich schön mit einzigartigem Style und Meister Oldfield ist es gelungen, das in wunderbaren Bildern zu zeigen.

Es folgten die Internationalen Kurzfilm Awards. Sehr unterschiedlich die Herangehensweise der Filmer, vom klassischen Surfporn bis zu sozialkritischen Story war die ganze Bandbreite vertreten. Schön, dass die beiden Filme, die am meisten zu erzählen hatten, das Finale erreichten.

Der Film von Chris Malloy gab dem Surfen und dem Thema des bedrohten Urwalds in British Columbia gleich viel Raum. Das Ergebnis waren exzellente Bilder von wunderbaren Wellen und wunderbarer Natur und dazu angenehm nüchtern präsentierte Statements der von den geplanten Bauten der Ölindustrie betroffenen Locals. So soll das sein. Lederstrumpf Abenteuer in der Wildnis, garniert mit außergewöhnlichen Surfaufnahmen – die Farbe der Wellen hat mich sehr stark an Irland und sein lokales Bier erinnert – und dabei nicht außer Auge gelassen, dass wir darum kämpfen müssen, dass unsere Paradiese und unsere Wellen nicht der Geldgier zum Opfer fallen. Mein Favorit solange, bis ich den Film von Lee-Ann Curren über diese Surfschule in Rio sah. Surfen spielte hier nur am Rande eine Rolle, die Dokumentation erzählt die Geschichte der von einer brasilianischen Ex-Prosurferin gegründeten Surfschule für die Kids aus den angrenzenden Favelas (Elendsviertel, beherrscht von Drogenbossen und geprägt von einem Übermaß an Gewalt und Tod). Mehr eine Sozialdoku, die aber sehr gut transportiert, welch positive Wirkung Surfen auf Menschen haben kann und allein schon deswegen vollkommen berechtigt bei einem Surf Film Festival dabei.

Mir fiel die Entscheidung zwischen den beiden Filmen von Chris Malloy und Lee-Ann Curren sehr schwer. Letztlich habe ich dann bei der Publikumsabstimmung für Lee-Ann gebrüllt, weil ich ihren völlig von dem branchenüblichen Weg abweichenden Ansatz des Surffilm-Machens unterstützen wollte. Vielfalt ist immer gut.

Samstag:

Ich war diesmal etwas früher da und bekam so noch ein bisschen von der Skate Session mit. Hab mich dann ein wenig geärgert, dass ich nicht früher da war, denn das, was ich von „This Aint California“ gesehen habe, war genial. Wieder ein völlig branchenuntypischer Ansatz – wobei hier die Skater glaub ich eh schon weiter sind als wir Surfer – eines Skatefilms. Wenn ihr die Chance habt, das Werk im Kino zu sehen, unbedingt hingehen.

Die Surf Session begann dann mit den Fotos von Ruben Snitslaar, wieder perfekt begleitet von Benny Kreisel & Guests. Danach ein Film von der Onde Nostre Crew aus Italien, der sicherlich einigen im brechend vollen Saal die Augen geöffnet hat darüber, was das Mittelmeer so an Wellen abliefern kann, gefolgt von „North Of The Sun“, einem Film über zwei norwegische Jungs, die 9 Monate in einer selbst gebauten Hütte am Strand einer einsamen Lofoteninsel verbracht haben. Beide Filme SEHR sehenswert.

Danach folgte das große Finale des Festivals mit dem Home Grown Shorties Award. Vorweg dazu so viel: Alle vorgestellten Filme waren sehr gut. Auch vorweg: da ich selber mit einem Clip teilgenommen habe, bin ich hier zu einer neutralen Bewertung nicht in der Lage. Aus meiner Sicht nur so viel:

Lokalpatriotismus ist gut und wichtig, um auch „unsere“ Kreativen zu unterstützen und weiter immer bessere Produktionen über „unser“ Surfen dahoam zu bekommen. Trotzdem wäre es schön, wenn das Publikum bei der Bewertung nicht ganz so stark die eigenen Kumpels unterstützen würde, sondern noch mehr auf die Qualität der Filme achten würde. Fand es sehr schade, dass es so ein großartiger Film wie „Beyond The Scars“ von Chris Mclean nicht einmal ins Halbfinale schaffte. Der Clip hat meiner Meinung nach alle anderen – wie schon gesagt: sehr guten – Clips überragt und die dort gezeigten Wellen aus Yorkshire sind auch Nordsee Wellen, auch wenn sie gar nicht danach aussehen. Mir persönlich ist das wichtig, dass ich auch Filme von der anderen Seite des Teichs auf großer Leinwand zu sehen bekomme. Man sollte nicht vergessen, dass zu den Homegrown Shorties nur Premieren zugelassen sind und wenn das nicht zu einer lokalen Filmschau verkümmern soll, sollten wir auch den auswärtigen Filmen eine reelle Chance geben.

Alles in allem fand ich das Festival grandios. 1000 Dank an Jens und Nouvage für all die Mühe und das Engagement, das hinter so einer Veranstaltung steckt. Es ist eine echte Bereicherung für die Surf Szene im Norden.

Hier noch die Liste der Preisträger:

NORD \ NORDWEST AWARDS 2013

Best Feature Film: ;North of the Sun’ (Inge Wegge/ Jørn Nyseth Ranum)

Best Documentary: ‚Groundswell’ (Chris Malloy)

Best Docu-Fiction: ‚This Ain’t California’ (Marten Persiel)

Best International Shorty: ;Titan Kids’ (Lee-Ann Curren)

Best Homegrown Shorty presented by XSORIES: ‚Rocks’n Unicorns’ (Brettspiel Crew)

Creativity Award: ‚Pretty Sweet’ (Spike Jonze u.a.)

Wir freuen uns auf ein neues Fest  in 2014!

Mehr Berichte und Bilder zum Festival sowie Links zu den gezeigten Filmen gibt es auf der Nord Nordwest Surf Film Fest Gesichtsbuch Seite.

Bild von tripmaster

the old, the young and the sea

tripmaster on Mo, 04/08/2013 - 15:58

by the way:
hab vergessen zu berichten, dass unsere österreichischen Nachbarn dabei sind, mal wieder einen vielversprechenden Film zu machen.
https://www.facebook.com/#!/TheOldTheYoungTheSea
Bilder und Trailer gab´s am Samstag zu sehen und es sieht so aus, als ob das Ding gut werden könnte!