Börnis Flashback: Unser Autovermieter machte mich wegen seiner Pingeligkeit mehr als nervös. Jeder Millimeter wurde bei der Autoübergabe abgegangen um uns zu zeigen, dass an dem von Jens angemieteten CITROЁN C4 Cactus auch alles Tip Top in Schuss sei. Eigentlich ja von der Natur der Sache ganz gut, wenn ich nicht immer die nicht abgeschlossene Restschuldversicherung im Kopf hätte und der ggfs. bei einem Schaden zu bezahlende horrende Eigenbehalt. Wobei wir auch schon beim zweiten Problemchen wären, welches mir bei der Anreise Sorgen machte.
Ich war als Fahrer eingetragen und bin wirklich noch nie auf der "falschen" Seite gefahren! Lockeres Training war auch nicht möglich, da wir mitten in Manchester starteten, dass gleich zu Beginn mit mehreren kurz hintereinander folgenden Kreisverkehren aufwartete. Außerdem waren Tim und ich uns immer noch nicht sicher, welche vom Routenplaner angebotene Strecke wir nehmen sollten. Glücklicherweise fand ich noch rechtzeitig heraus, dass Tim das Auto doch als Zweitfahrer fahren durfte. Auf meine Anfrage, ob er nicht lieber fahren möchte, sagte er gleich zu, zumal er mit dem Linksfahren u.a. in Südafrika vor einigen Jahren Bekanntschaft gemacht hatte. Beruhigt setzte ich mich auf dem Beifahrersitz... bis wir losfuhren...
Höchste Alarmbereitschaft meinerseits prägte den Beginn der Reise. Ob es nun an Tims Fahrkünsten lag, die doch nicht so ganz dem entsprachen, wie von ihm vorher geäußert, oder ob ich einfach ein mehr als nervöser Beifahrer war, der immer noch bei jedem nur Ansatzweise kritischem Fahrmanöver, den Eigenbehalt im Kopf hatte. Ich kann es nicht sagen. Auf jeden Fall, konnte ich es nicht unterbinden Tim mindestens ein halbes Dutzend mal ins Steuer zu greifen!
Nach drei Stunden Fahrt hatte sich die Lage beruhigt der Motorway wurde leerer und ich setzte mich ans Steuer. Action kam erst wieder auf den letzten Kilometern auf, als wir den Motorway verließen und einer Straße folgten die immer schmaler (abgegrenzt durch Hecken oder Mauern), kurvenreicher und hügeliger wurde sowie teilweise fette Steigungen und Gefälle beinhaltete. Bei Gegenverkehr war ausweichen kaum noch möglich, so eng wurde es.
Zudem mussten wir aufgrund des nicht nachlassenden Regens, einige überflutete Straßen überqueren, bei denen es sich vorher nur schwerlich abschätzen ließ, ob dies unser bis dato top gepflegtes Gefährt auch schaffen würde. Trotz dieser Stressfaktoren kamen wir gegen 2 Uhr in der Früh in Rhosilli an. Noch voll unter Strom von der Anreise, gönnte ich mir erst mal zwei Bierchen, welche mir zur nötigen Bettschwere verhalfen.
Tom zeigte Tim und mir in unserer urigen Unterkunft unser Zimmer das Ehebett, welches wir uns zu zweit in den folgenden zwei Nächten teilen durften. Wie vom Hammer getroffen, schlief ich auch sofort ein um eine knappe halbe Stunde später wieder senkrecht in Bett zu sitzen, da mich ein kreissägenartiger Lärm aus dem Schlaf riss. Im Halbschlaf erkannte ich, dass die Geräusche auf natürliche Art und Weise von Tim produziert wurden und hier keine Handwerker mitten in der Nacht am Werke waren.
Grund genug die Flucht anzutreten und ein neues Gemach aufzusuchen. Im Wohnzimmer im Erdgeschoss nächtigte ich schließlich auf der Couch. Hier war das "Gesäge" nur noch leise zu vernehmen. Nicht ganz so prall war jedoch, dass der Wäscheständer mit den smelly Wetsuits, gloves und booties der Dudes genau neben mir stand. An den betörenden Geruch vermochte sich meine Nase netterweise relativ schnell gewöhnen, so dass auch ich endlich zur verdienten Nachtruhe kam.
Samstag (Tag 2 für die Vorhut, Tag 1 für die Nachzügler)
Lange dauerte diese Nacht nicht, denn noch in totaler Dunkelheit schlich der erste vom Rücken geplagte Dude die Treppe hinunter und machte sich in der direkt hinter meiner Couch liegenden Küche unüberhörbar einen Kaffee. Zeit aufzustehen. Kurztrip und kurze Tage = Carpe Diem! Mach was draus!
So langsam kam Leben in die Syndikats-Crew. Einer nach dem anderen schälte sich aus seinem Bett und fand sich in der Stube bzw. Küche ein. Beim Frühstück wurden Pläne geschmiedet, welche Buchten das beste Swellpotential haben würden und somit anzusteuern wären.
Was gut für die DFB Elf ist, sollte auch für uns als energiegeladener Start in den Tag dienen. Nutella in allen Streichdicken wurde auf Toast und getoasteten Waffeln aufgetragen. Unkomplizierter geht's nimmer. Ein paar Becher Kaffee taten ihr Restliches. Die Outlaws unter uns gönnten sich zwischenzeitlich die ein oder andere Kippe. Was für die Nachzügler gestern im Dunkeln endete wurde nun bei Tageslicht fortgesetzt: Roadtrippin' und Spotsearching.
Es regnete in Strömen und der Wind kam aus westlichen Richtungen. Trotzdem checkten wir als erstes den Spot von gestern am westlichen Ende der Halbinsel. War ja auch nur eine knappe Meile von unserer Unterkunft entfernt. Die Fahrzeuge verließen wir wegen der hohen Luftfeuchtigkeit dabei nicht. Auch bei laufendem Scheibenwischer war vom Wageninneren aus das wesentliche zu erkennen: Swell war da aber vom Wind ordentlich verblasen. Panik breitete sich deswegen noch nicht aus, schließlich waren wir auf einer Halbinsel und die Südküste war nicht weit entfernt und sollte ein bis zwei Buchten haben, die Schutz vor dem Wind bieten sollten. Also machten wir uns auf eine kleine Checkerrunde.
Erstes Ziel war Port Eynon. Auch hier wurde der Wellencheck ohne Verlassen der Fahrzeuge vorgenommen. Durch den strömenden Regen war Potenzial erkennbar, aber die Tide war noch sehr niedrig und wir entschieden, uns erst einmal die andere geschützte Bucht anzuschauen. Dort angekommen hatte der Regen tatsächlich aufgehört und so stiegen wir am Ende der Straße aus zum Wellencheck. In der Bucht selber lief nichts, aber am westlichen Ende war schemenhaft sowas wie ein rechter Pointbreak zu erkennen.
Der Wind war hier vollkommen abgedeckt und so schickten wir einen Erkundungstrupp die paar Meter zum alten Friedhof rüber, von wo aus sich die Riffe noch besser prüfen ließen. Saubere und lang laufende Lines konnte man von da aus beobachten, leider waren die aber maximal kniehoch. Unser Südküsten Pulver hatten wir damit weitestgehend verschossen.
Allerdings sollte das Wasser weiter auflaufen und so beschlossen wir, noch einmal an die vorher kurz angelaufene Bucht zu fahren. Wir nahmen dieses Mal den direkten Weg über die Hügel was extrem schmale „Straßen“ bedeutete, die insbesondere dem Fahrer des Vans alles abverlangten.
Gefühlte Stunden später erreichte unsere kleine Karavane dann Horton. Der Wind war hier mehr side als sideoffshore beim direkten Blick über die Dünen. Teilweise rollten dicke Sets rein. Sah auf den ersten Blick ganz gut aus, wenn sich uns nicht beim genaueren Hinsehen die Hammer-Strömung 'gen Osten offenbarte.
Zweifel, Unsicherheiten... Die Crew trieb unbewusst auseinander. Da gab es welche, die sich das Ganze mal von der Wasserkante ansehen wollten, andere bezwangen eine Düne nach der anderen um eine bessere Perspektive auf die reinlaufenden Wellen zu erhalten, ein anderer wanderte wirr am Strand umher mit sich und seinen Gedanken und der übriggebliebene Teil blieb einfach wie angewurzelt stehen und checkte die verfügbaren Optionen des Spots in der Hoffnung auf einen lohnenswerten Surf.
Der Blick von Börni und Tim ging Richtung Westen nach Port Enyon. Die Bucht machte in diese Richtung eine Kurve um mehr als 90 Grad. Vom Offshore gebürstete Wellen liefen dort an der felsigen Nase entlang. Leider konnten wir auf diese Entfernung schwerlich Aussagen über deren Qualität und Größe machen. Der größere Teil der Crew entschloss sich die Suche fortzuführen, Börni und Tim entschieden sich für "Rein da!!!"
Wie es den beiden bei ihrer ersten Session ergangen ist, berichtet nun Börni:
DankTripmaster-Boardverleih hatten wir die freie Wahl bei seinen Brettern. Tim entschied sich für das Longboard und ich für das zweitlängste Brett, ein 7,3er Funshape.
Desto näher wir den Wellen und dem Point entgegenliefen, desto akzeptabler sahen die Wellen aus. Der Einstieg erfolgte über die durch Bojen gekennzeichnete Hafeneinfahrt bzw. Landungszone. Die ersten Wellen nahm ich noch bei den Bojen. Tim näherte sich dem Point und surfte seine ersten sauberen Rechtswellen. Obwohl ich skeptisch war, ob die Wellen für mein Brett reichen würden, paddelte ich zu ihm rüber. Nach einem Weilchen paddelte ich noch ein wenig tiefer und näher an die Felsen und hatte meine ersten Wellen.
Im Nachhinein eine schöne Session mit wundervollem Background in der auch endlich der Regen verschwand und der Sonne die Möglichkeit bot in voller Kraft zu strahlen. Es war an der Zeit eine Pause einzulegen und sich zu kräftigen. Anschließend gingen wir zurück zum Point, um zu sehen, ob die Wellen für eine weitere Session reichen würden. Leider waren die Wellen nun aufgrund des zu hohen Wasserstandes nicht mehr surfbar.
Zeit sein Glück an einem anderen Spot zu versuchen.
Dazu musste aber Tims Longboard und mein Brett passend für unseren eckig geschnittenen, highend tip top, alles paletti CITROЁN "KACKTUS" gemacht werden. Mit Finnen keine Chance! Leider hatten wir keinen Finnenschlüssel zur Hand und prüften verzweifelten alle anderen Optionen. Ohne Glück. Bis ein netter Waliser am Spot ankam und sich in seiner Werkzeugkiste u.a. auch das passende Schraubgerät befand. Trotzdem hatte die Howtofittheetwoboardsinthekacktus-Aktion einige Wachsflecken in den Sitzbezügen des Kacktusmobils hinterlassen. Oh, Ohhh! Und schon dachte ich wieder an Mr. Pingelig und meinen Eigenanteil!
Tim war motiviert uns zum nächsten Spot zu fahren, wo wir auch hofften auf die restliche Crew zu stoßen. Gehofft hatte ich auf ein entspanntes Beifahrerdasein. Leider gab es in unserem High-End Cactus aufgrund der gestashten Bretter kaum noch Platz für mich. Ich zwängte mich in die rechte hintere Ecke und hockte auf der Umgedrehten Rückbank und lies die Fahrt über mich ergehen. Heillos glücklich war ich als wir an unserem Ziel angekommen sind.
Aussteigen! Die frische Luft tat mir gut! Die Sonne stand schon tiefer und hüllte die hügelige Landschaft in ein schönes goldgelb. Der Blick zum Wasser wurde uns durch die hohen Hügel verwehrt. Laut Navi sollte sich aber gleich dahinter eine Bucht mit einem schönen Point befinden.
Deswegen rauf auf den Hügel, der sich später dann doch als kleiner Berg entpuppte. Schwitzend konnten wir einen Blick nauf die Bucht erhaschen in der regelmäßig Linkswellen reinrollten. Von Oben sahen wir auch den Van der restlichen Crew und einen Dude der dort gerade seinen Stuff packte. Pfiffe und Rufe unsererseits hörte er nicht. Darum entschieden wir uns auf direkten und kürzesten Weg nach unten zu gehen.
Die Wahl bereuten wir schon kurze Zeit später als uns ein weites Feld von Dornenbüschen den Weg versperrte und wir wieder den halben Berg erklimmen mussten um auf demselben Weg den wir hochegekommen sind wieder herunterzuseteigen.
Dort trafen wir am Crew-Van Tom, der gerade von seiner Session zurückkam und uns den Weg zum Spot erklärte.
Wie es denen ergangen ist, liest du hier.
Zum Bericht vom Vortag geht es hier.
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