Teil 2 – Lake Taghazout

Dienstag

Heute sollte der Peak des Swells kommen. Wenn nun wieder außer dem notorisch überfüllten Boiler keiner der Points laufen würde, wüssten wir auch nicht mehr weiter. Dummerweise war die Tide ungünstig. Low Tide sollte am frühen Nachmittag sein. Um ganz sicher zu gehen standen wir eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang auf und machten uns auf den Weg zum Devils Rock für eine erste Session. So würden wir noch etwas vom niedrigeren Wasserstand an einem Spot, der auch bei höherer Tide noch funktioniert, abbekommen. Wir hatten dazu die Hoffnung, dass wir auf diese Weise den guided Camp Horden ein Schnippchen schlagen könnten, die ja erst noch ab 8 Uhr frühstücken mussten, bevor sie los konnten. Den teuflischen Felsen erreichten wir dann noch vor Sonnenaufgang und tatsächlich hatten wir den Spot für 15 Minuten für uns allein. Welle war da, allerdings bei weitem nicht das, was wir uns von einem 15 Fuß Swell erhofft hatten. Die Kombination aus sehr nördlicher Swell – Richtung und einer geringen Periode von nur 12 Sekunden war wohl doch ein Problem für die Gegend. Wir hatten ein paar nette Beachbreak Wellen, die uns vollauf befriedigt hätten, wenn wir nicht für kraftvollen Pointbreak Surf gekommen wären. Schnell wurde es dann auch wieder voller und wir zogen früh wieder ab um im Camp noch was vom Frühstück abzustauben.

Danach machten wir uns gleich wieder auf den Spotchecker Weg. Im Vorbeirollen schien La Source ganz gut zu laufen, aber wir fürchteten die aufkommende Tide und die See Brise.  Am Boiler hielten wir kurz an – Tide war zu hoch und Wellen waren zu groß – und entschieden uns dann, nochmal auf den weiten Weg nach Immessouane auf uns zu nehmen. Wir sollten es kurz vor Low Tide dahin geschafft haben. Nach etwas nerviger Fahrt erreichten wir den Checker – Parkplatz und hielten kurz an. Swell war da, das konnten wir von hier oben sehen und der Wind passte auch. Allerdings schienen die Wellen nicht richtig gut um den Point rum zu laufen. Unten dann hatten wir Gewissheit. An der nach Westen ausgerichteten Küste krachte es ordentlich, aber in der Bucht hatten wieder nur die Eigentümer der ganz großen Planken Spaß. Wir waren bereits von der Fahrt und der Hitze, an die wir uns immer noch nicht so ganz gewöhnt hatten, recht genervt. Der unkooperative Swell tat nun sein Übriges. Wir stärkten uns noch mit ´ner Coke und etwas Brot in einem der mickrigen Läden im Ort und machten uns dann auf den Rückweg.

Am Boiler hielten wir nochmal an. Keiner draußen aber doch etwas zu groß, bei einer steifen offshore Brise. Als wir wieder los wollten spannte sich wieder mal eine Schnur über die Piste. Diesmal hatten die beiden Jungs Verstärkung von einem etwas größeren Kerl erhalten. Ich war ein bisschen schlapp und beschloss daher die Sache nicht über die volle Konfrontation zu lösen und bot daher dem Typen als erstes eine Zigarette an. Wir einigten uns dann auf insgesamt 3 Zigaretten Wegezoll und rollten weiter. Im Vorbeifahren checkten wir noch Draculas, wo die scharfen Felsen auf das Blut von zwei Boogie Boardern und einem Surfer warteten. Fette Lines, die sehr nahe an den Klippen brachen.

Letztlich hielten wir dann wieder am Killers, an dem Wellen mit ordentlicher Größe brachen, auf die aber auch eine ganze Menge Wind drauf stand. Timo, Jens und unser norwegischer Ölarbeiter Helge paddelten raus. Ich fühlte mich ziemlich platt und beschloss erst mal zum Anker weiter zu fahren und ein paar Fotos zu machen.  Später stellte sich dann raus, dass die Jungs ein gutes Paddeltraining aber keine wirklich gute Surf Session scorten. Ewig viel Fahrerei und die Beach Break Session am Morgen brachte noch den besten Surf. Klassisch vercheckt.

Vercheckt vor allem auch deshalb, weil ich am Anker dann feststellte, dass dort trotz passable Wellen liefen. Die Crowd war natürlich enorm, aber es waren eine Menge Leute draußen, die nicht wirklich den Plan hatten und dazu brachen Outside und Inside und ab und zu räumte ein größeres Set auf und ließ dabei Schulterhockern eine Chance für einen langen Ride. Wären wir blos mal da raus gegangen. Für mich kam das aber nicht mehr in Frage, denn n ach ein paar Fotos bekam ich leichte Schwindelgefühle und fühlte mich noch schlapper. Sollte der Marokko Bug zugeschlagen haben? Auf jeden Fall fuhr ich erst mal ins Camp und legte mich mal kurz hin. Ein paar Fieberschauer und etwas Bauchgrimmen später wachte ich wieder auf, es war schon dunkel und die Jungs hatten den Weg vom Killers ins Camp zu Fuß zurücklegen müssen. Ich verzichtete dann auf ein Abendessen und horchte 14 Stunden an der Matratze.  Der Ruf nach meinem Kumpel Ralf, der sich immer in der Toilettenschüssel versteckt blieb mir zum Glück erspart. War wohl doch nur etwas viel Sonne gewesen, vielleicht gepaart mit ein paar wenigen Verunreinigungen im Essen…..

Mittwoch

6 Uhr morgens. 14 Stunden Schlaf waren nun mehr als genug. So schloss ich mich Timo und Helge an, die eine Dawn Patrol machen wollten. Es sollten heute zwar noch um die 2 Meter Swell laufen, aber die Diskrepanz zwischen Vorhersagen und tatsächlichen Wellen der vergangenen Tage hatte uns misstrauisch gemacht. Timo musste noch dazu heute Abend abreisen. Es war also seine letzte Chance. Jens hatte ursprünglich eigentlich auch mitkommen wollen, lag nun aber wieder zermatscht im Bett. Ob´s auch die Sonne oder aber die Pizza gestern Abend in Town war, war unklar. Timo, Helge und ich fuhren also los und checkten als erstes Killers. Niemand war im Wasser, aber ganz draußen am Point bewegte sich ein bisschen was.

Zu weiteren Experimenten und Checkerrunden hatte keiner Lust, auch weil das Wasser am auflaufen war. Die beiden Jungs machten sich an die weite Paddelstrecke und ich schleppte meinen geschwächten Körper auf die Klippe um ein paar Fotos zu machen. Es war windstill aber am Peak schwabbelten nur vereinzelt brauchbare Wellen rein, die rapide an Größe abnahmen. Die Jungs kamen ein paar Mal ins Rutschen, hatten aber ansonsten nur ein nettes morgendliches Paddel Workout. Wir fuhren dann bald zurück und schafften es noch rechtzeitig ins Camp um etwas vom Frühstück abzustauben. Hierbei kam uns zugute, dass die Hälfte der Camp Bewohner die Nacht auf stillen Örtchen mit Rufen nach ihren Freunden, die komischerweise alle Ralf hießen, verbracht hatten. Ich legte mich dann wieder hin, während Timo eine letzte Verzweiflungssession am Devils Rock einlegte. Danach musste er ziemlich unbefriedigt den Heimflug antreten.

Am späten Nachmittag überlegte ich mir, dass ein spärliches Frühstück als einzige Nahrungsaufnahme in den vergangenen 36 Stunden vielleicht doch etwas wenig wäre. Allerdings war heute Schlachtfest, einer der wichtigsten islamischen Feiertage und entsprechend war alles an Restaurants zu. Ich zog trotzdem los und hatte Glück, dass inzwischen einige der kleinen Tante Emma Läden geöffnet hatten und es gelang mir etwas Brot zu ergattern. Der kurze Weg durch den Ort war dabei recht aufregend, denn entsprechend einer Halloween – ähnlichen Tradition rannten eine Menge Jugendlicher rum ein paar Dirhams abzustauben. Im Gegensatz zu den harmlosen Halloween – Verkleidungen in unseren Gefilden waren die Herren aber in die Felle frisch geschlachteter Schafe gekleidet und klopften einem schon mal mit einem vor kurzem noch sehr lebendigen Huf auf die Schulter. Ich kaufte mir meinen Weg mit ein paar Münzen frei und verschlang im Camp erst mal trockenes Brot, das ich mit einem medizinisch sehr wirksamen Bier runter spülte. Dann ging´s wieder früh ins Bett.

Donnerstag

Für heute war maximal ein Meter „Welle“ angesagt. Jens und ich waren aber wieder soweit auf den Beinen, dass wir raus mussten. Last Hope war Tamri. Dort war es schön windstill und das Wasser hatte Ostsee – ähnliche Fältchen. Wobei die Ostsee solche Fältchen nur an einem eher schlechten Tag hat. Rund 200 Leute lagen schon im Wasser und übten vergnügt „Surfen“. Wir paddelten trotzdem raus und konnten ein paar kleine Wellchen abrutschen. Danach war chillen im Camp angesagt und wir besprachen die Chancen, die der für morgen angesagte Swell mit 3 Metern und 15 Sekunden wohl bieten würde. Sorge machte uns dabei wieder die Swellrichtung aus fast exakt Nord. Hoffnung machte uns die Tatsache, dass Timo bereits wieder in Deutschland war….

In der Hoffnung, dass der Swell vielleicht doch etwas früher ankommen würde, fuhren wir am späten Nachmittag an den Devils Rock. Dort lief dann auch schon mal ein 1,20m Set rein und wir blieben draußen bis es stockdunkel war. Zurück im Camp profitierten wir erneut von der weiterhin hohen Marokko – Bug – Ausfallquote unserer Mitbewohner und konnten so noch am Dinner teilnehmen, obwohl wir es verpasst hatten, uns rechtzeitig anzumelden. Sehr kräftige Portionen des hervorragenden Chicken Couscous´ waren nach zwei Tagen Fasten und der heutigen Planscherei im Meer genau das richtige und wir waren bereit für die letzte Chance auf richtigen Swell, die uns Taghazout morgen hoffentlich bieten würde.

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