Splendid Isolation

Anfang Mai. Knapp zwei Wochen Frühlingsferien. Zeit für den traditionellen Trip auf die Britischen Inseln. Wie so oft bin ich mit dem Van voraus gefahren und hab meine Mädls mit dem Flieger nachkommen lassen. Da wir nicht genügend Kanister für Flugbenzin vorrätig hatten, haben wir dieses Mal die irische Günstigairline verschmäht und haben die gute alte Lufthansa als Transportmittel gewählt. Das war durch die rechtzeitige Buchung auch nicht wesentlich teurer und wir hatten die Hoffnung, dass die genügend Sprit an Bord haben.

Die Mädls würden am Dienstag Abend fliegen und dann erst einmal 3 Tage in London verbringen. Ich hatte die Option irgendwann im Zeitraum von Samstag bis Mittwoch loszufahren. Wie üblich war das wieder eine Abwägung von nicht zu viel Arbeit liegen lassen zu müssen und ein Maximum an Surftagen abzugreifen, bevor die Familie wieder vereint ist und der Fokus von Surfen auf Sightseeing umschwenkt.

Der Forecast für diesen Zeitraum war für die britischen Inseln insgesamt nicht berauschend. Am ehesten sollte noch an der Nordseeküste und im Norden Schottlands was gehen. Nach Thurso wollte ich schon immer mal, aber die damit verbundene elendig lange Fahrerei auf der Insel schreckte mich ein bisschen ab. Samstag kristallisierte sich dann heraus, dass an der Küsten von Yorkshire ein bisschen was gehen könnte. Also haute ich einen ordentlichen Schlag rein beim wegarbeiten und buchte am Sonntag die Fähre für Montag abend. Der Buchungspoker lief gut und ich bekam den Roundtrip Calais – Dover – Calais für 118 Euro. Das ist für meinen Lastwagen schon fast ein Schnäppchen.

Am Montag machte ich mich dann sehr früh auf den Weg, um nicht im Berufsverkehr zu viel Zeit zu verlieren. Ich kam gut durch und erreichte Calais am späten Nachmittag. Ein weiterer Forecast Check versprach für Dienstag und Mittwoch 3 bis 5 Fuß Nordschwabbel mit rund 8 Sekunden. Ab Dienstag Mittag sollte der Wind auf West drehen und damit offshore sein. Damit war klar, dass ich versuchen musste, spätestens Dienstag Mittag an meinem Ziel zu sein. Ich nutzte die Zeit bis zur Abfahrt meiner Fähre um noch einmal in einem französischen Supermarkt die Gasflasche zu tauschen, ein paar Lebensmittel zu bunkern und meinen Tank mit billigem Diesel aufzufüllen. Danach legte ich mich für drei Stunden hin, um etwas Schlaf zu bunkern. Die Fähre sollte um 23 Uhr in Dover ankommen und ich wollte in der Nacht noch möglichst weit kommen. Vor allem die Umfahrung von London musste in der Nacht passieren, da ich sonst Gefahr lief viel Zeit im Berufsverkehr oder besser Berufsstau zu verlieren.

Dienstag, 30.04.2013:

Ich hatte in der vergangenen Nacht noch ordentlich viele Meilen gemacht und war bis auf rund 200 km an mein Ziel heran gekommen. Um 12 machte ich mich wieder auf den Weg und hoffte so passend zum Drehen des Windes in Scarborough zu sein. Die Sonne schien bereits und das letzte Stück auf der Landstraße konnte ich nebenbei ein bisschen die wunderbare Landschaft in dieser Ecke genießen. Kurz vor Scarborough bog ich dann in diese Bucht ab um einen ersten Wellen Check zu machen. Die Tide noch sehr niedrig und der Wind kam aus südlicher Richtung. Schlecht für diesen Spot, gut für Scarborough North Bay.

Da rollte ich dann eine knappe halbe Stunde später ein. Auf dem Wasser war noch niemand, aber mit der auflaufenden Tide bildeten sich über dem Riff minütlich besser werdende Lines aus. Ich versuchte mich bei einem Kaffee erst einmal von den knapp 1300 km Fahrerei zu regenerieren, wurde aber dann doch schnell hektisch. Inzwischen waren zwei andere Surfer draußen und der Swell schien doch schneller und größer anzukommen, als vorhergesagt. Die prognostizierten 2 bis 3 Füße manifestierten sich in Sets als kopfhohe, relativ lang laufende Rechte. Der Wind fächelte leicht sideoffshore. Nix wie raus da!

Ich wählte angesichts der kraftraubenden Anreise das Longboard und hatte auch schnell zwei ganz nette Wellen auf dem Konto. Der weiter zunehmende Swell und die verspannten Muskeln überforderten aber recht schnell meine Kraftreserven, so dass ich nach gut einer Stunde wieder an Land musste. Nicht so schlimm, denn der Peak des Swells sollte ja erst morgen kommen. Ich machte dann noch einen Ausflug in die andere Bucht für einen abendlichen Check. Tiden sind hier ein wesentlicher Faktor, da die flachen Riffe oftmals nur für wenige Stunden passenden Wasserstands funktionieren und ich wollte mir da im Hinblick auf den nächsten Tag noch einen genaueren Überblick verschaffen, wann welche Welle lief. In der anderen Bucht stellte ich dann fest, dass High Tide in Verbindung mit diesem Swell und inzwischen aus Südwest fächelndem Wind eine verdammt gute Kombination waren.

Mittwoch, 01.05.2013:

High Tide sollte am späten Vormittag sein, daher kroch ich relativ früh aus den Federn, um noch ein paar Wellen in der North Bay abzugreifen. Bei zu hohem Wasserstand geht hier nämlich nichts mehr. Der Swell war kleiner als erwartet aber mit vereinzelten kopfhohen Sets immer noch nett. Ich wählte wieder das Longboard und platzierte mich an der Outside. Dort saß noch ein weiterer Langbrett Kollege, die Inside war mit vier Leuten auf Kurzware belegt. So alle 15 Minuten kam ein Set mit 2 Wellen an, für das ich an der Outside perfekt positioniert war. Für eine gute Stunde konnte ich so lang laufende Setwellen abgreifen und danach wieder gemütlich nach draußen paddeln, ohne auch nur eine brechende Welle zu queren zu müssen. So hab ich das gern. Leider war dann bald das Wasser zu hoch und es wurde flat. Futtern und ein erneuter Ausflug in die andere Bucht standen nun auf dem Programm. Dort war eine Horde von Gondoliere mit den erst sehr rund und dann sehr closeout laufenden Wellen in der Mitte der Bucht beschäftigt, während am Südende sehr schnelle Tubes meistens ungesurft brachen.

Mit wieder ablaufendem Wasser fuhr ich zurück in die North Bay für meine zweite Session. Dort war die Enttäuschung dann groß, denn der Swell war zwar schneller als prognostiziert gekommen, verschwand aber auch schneller als erhofft. Ich konnte mir noch ein paar hüft- bis brusthohe Wellen abgreifen, bevor gar nichts mehr lief.

Donnerstag, 02.05.2013:

Wie vorhergesagt war es morgens flat und so zog ich erst einmal los, um mir ein paar alte Dampfloks anzuschauen. Auf dem Bahnhof in Großmont war ich dann wieder ein kleiner Junge und schaute mir für 2 Stunden den regen Verkehr alter, laut schnaufender und pfeifender Dampfungetümer an. Zum späten Nachmittag fuhr ich dann zurück in die North Bay, in der Hoffnung dass der prognostizierte 2 Fuß @ 10 Sekunden Swell schon angekommen war. Der hatte aber Verspätung und es lief nur ein kleiner Windswell aus Südwest. Für ein bisschen Rutschen reichte es.

Freitag, 03.05.2013:

Am frühen Nachmittag musste ich meine Mädls am Bahnhof von York abholen. Mir blieb also nicht allzu viel Zeit für eine letzte Session. Die holte ich mir dann in der anderen Bucht ab. Der 10 Sekunden Swell war nun angekommen, und der Südwestwind wurde erst dann zu stark, als ich sowieso raus musste.

Die Tage danach – für die sowieso keine Wellen mehr vorhergesagt waren – verbrachten wir dann mit Sightseeing, Wandern, Radln und wieder Sightseeing in:

Durham

Hadrian´s Wall

Zwei wunderbaren Tagen am Lake District

Hogwards, äääh, Oxford

Canterbury

Grafschaft Kent

Und wieder auf dem Kontinent schafften wir es endlich einmal, Brügge zu besuchen.

Der Trip auf die Insel hatte sich wieder einmal gelohnt.

Ein paar mehr Surfbilder gibt es hier demnächst.

Das macht Lust auf die Insel. Musst mir unbedingt mal verklickern, wie das beim Buchungspoker am Besten klappt. :D