Ende Januar 2011... Seit mehr als zwei Monaten regierte in Deutschland ein derart strenger Winter, dass die Propheten einer möglichen vom Menschen verursachten Klimaerwärmung zumindest in der Öffentlichkeit nahezu verstummt waren. Surfen an Nord- und Ostsee war bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt selbst mit der besten Winterausrüstung wahrlich kein Geschenk. In weiser Voraussicht wurde bereits im vergangenen Jahr von langer Hand die zweiwöchige Winterflucht auf die Kanaren geplant. Zu koordinieren gab es einiges. Immerhin sollten sechs berufstätige Freizeitsurfer mit unterschiedlichen Surfskills, Longboarder wie Shortboarder, voll auf ihre Kosten kommen. Ein preiswerter Flug mit einer Boeing 737-800 von einem stillgelegten Militärflugplatz aus nach Fuerteventura, zwei schotterpistentaugliche Kleinwagen mit Dachträgern und eine adäquate Unterkunft in der Nähe der legendären „Northshore“ wurden von Jabba organisiert. „Überraschenderweise“ sollte ich mal wieder der einzige Longboarder in der Gruppe sein. Für solche Fälle hatte ich mir aber vor einiger Zeit von einem portugiesischen Boardhersteller deutscher Abstammung die Wunderwaffe schlechthin besorgt. Eine lange Planke für die schnelle Druckwelle.
Fatum Progressive 9'1
Wetter- und Wellencheck
Natürlich hatte ich im Vorfeld schon fleißig die Wetter- und Wellenkarten gecheckt. Demnach sollte uns eine solide, nicht ganz so große Nordwestdünung den Einstieg in den Atlantiksurf etwas erleichtern. Ein wenig Sorge bereitete mir allerdings ein Nordostwind, der in den ersten Tagen mehr oder weniger lebhaft aber konstant wehen sollte.
Nordostwind und kleine Wellen - würg...
Der Tag des Abflugs
Nebel, überfrierende Nässe und für den späten Vormittag angekündigter Eisregen sind meteorologische Eckdaten, die einen Autofahrer, der bis zehn Uhr vormittags mal eben 500 km zurücklegen soll, alles andere als erfreut. Der Wecker prügelte mich daher schon um drei Uhr aus dem Bett. Jens und Bernd fuhren direkt aus Hamburg, Phillip war schon seit zwei Tagen auf der Insel. Daher brauchte ich nur noch Jabba und Dirk in Kiel einzusammeln. Zum Wachbleiben gab es fünf Stunden lang Ohrwürmer aus den trashigen Neunzigern (Dr. Alban, Snap, Culturebeat, Rednex, DJ Bobo, …) – „Schlafen können wir auch noch im Flieger!“ – Soweit zur Theorie… Die Praxis in einem bis zur Berstgrenze gefüllten Ryanair-Urlaubsbomber sah da etwas anders aus. Jede zweite Sitzreihe war mit mindestens einem hyperaktiven Kleinkind oder einem Säugling belegt, das bei jeder noch so kleinen Turbulenz das gesamte Flugzeug zusammenschrie. Dazu macht es sich Ryanair stets zu eigen, zirka alle 15 Minuten mit übertrieben lauten Durchsagen a la „DINGDONG – BLABLABLABLABLA – DINGDONG“ die gesparten Euros in Form von überteuertem Fastfood oder Gewinnspielen mit null Prozent Chance auf Gewinn dem Fluggast wieder aus der Tasche zu ziehen. 16 Stunden, nachdem der Wecker geklingelt hatte, bezogen wir in der neuen Klimazone endlich unser Apartment.
Tag 1 – 3: Westküste
Bekannter Westküstenspot bei guten Bedingungen
Der prognostizierte Nordostwind war tatsächlich da und erleichterte uns ein wenig die Spotsuche. Realistisch gesehen gibt es an der Westküste nur zwei bis drei Surfspots, die von Norden aus in relativ kurzer Zeit erreichbar sind. Zum Surfen hat es uns in den ersten vier Tagen immer wieder an den bekanntesten, anfängertauglichsten und damit auch vollsten Strand an der nördlichen Westküste gespült.
Bekannter Westküstenspot bei guten Bedingungen
Über die Qualität der Wellen scheiden sich seit Generationen die Geister. Mein Eindruck war, dass die Wellen dort bei mittlerer Swellgröße an speziellen Strandabschnitten bis zu zwei Stunden pro Tidenzyklus (also in erster Näherung 2 h/d) für nord- und ostseegeplagte Gemüter ganz annehmbar liefen. Den Rest der Zeit brachen die Wellen am gesamten Strand mehr oder weniger auf einer Linie und waren für jemanden, der auf lang laufendes Grünwasser steht, unsurfbar.
Bekannter Westküstenspot bei guten Bedingungen
Natürlich haben wir uns damit nicht zufrieden gegeben und waren stets auf der Suche nach adäquaten Alternativen. Ein paar Kilometer entlang der Schotterpiste Richtung Süden sollte es eine Bucht geben, die nicht nur aufgrund einer Population verhältnismäßig zahmer und frecher Streifenhörnchen, sondern auch wegen ihrer konsistenten Wellen bekannt ist. Wellen gab es dort im Überfluss, für meinen Geschmack leider ein wenig zu viele. Daher widmete ich meine Aufmerksamkeit ziemlich rasch den allgegenwärtigen stets hungrigen, nach Essensresten gierigen und fast handzahmen Streifenhörnchen.
Westküstenlocal (Foto: Bernd)
Wenige Kilometer (Luftlinie) weiter südlich sollte es noch einen weiteren einsamen Strand geben, den Jens und ich erst beim dritten Anlauf fanden. Mitten im Nirgendwo, etwa zehn Kilometer Schotterpiste, die alles andere als Opel Corsa – tauglich ist, von der nächsten Ortschaft (einer Ansammlung von etwa zehn Häusern) entfernt, befindet sich der so ziemlich einsamste aber auch schönste Ort, den ich in den 14 Tagen auf der Insel finden konnte.
Happy Place? (Foto: Jens)
Ein kleines Fleckchen heile Welt mitten in einer Steinwüste, die von der Oberfläche auch gut und gerne der Mars sein könnte. Selbst bei guten Wellen und bestem Wetter wird man dort sicherlich nie überfüllte Lineups, Surfschulen oder Pauschaltouristen antreffen. Zum Surfen kamen wir dort leider nicht. Möglicherweise waren wir am richtigen Ort, nur zur falschen Zeit.
schön ist es allemal
Tag 4: Exkursion
Ein Paradies für Kiter und Windsurfer, so präsentierte sich seit Tagen die Ostküste. Jens, Phillip und meine Wenigkeit als zum Teil noch aktive Windsurfer, sowie Bernd, der auch gerne mal mit einem Schirm in der Hand die Wellen abreitet, hatten am windigsten Tag eine Exkursion an die Ostküste geplant. Während Bernd sein Kite-Material dabei hatte, liehen Jens, Phillip und ich uns kurzerhand drei Waveboards und sechs Segel bei einem ortsansässigen Boardhersteller niederländischer Abstammung. Mein erster Eindruck nach sieben Jahren Pause war, dass die Boards bei gleichgebliebenem Volumen wesentlich kürzer geworden sind. Auf dem Wasser wurde ich im Gegensatz zu den anderen leider nie richtig warm. Permanent kurz vor einem Schleudersturz und nicht in der Lage, zum Peak hochzukreuzen, ließ ich es nach ein paar Schlägen gut sein und tauschte den Windsurfkram gegen meine Kamera. Das Windsurfen hatte mich lange Jahre begleitet, ohne wäre ich wahrscheinlich nie mit dem Wellenreiten angefangen, aber war einfach nicht mehr das, was in meinem Leben zählte.
Bernd von der "Augsburger Puppenkiste"
Jens
Tag 5 – 11: Nordküste
Dicker Swell!!!
Die Großwetterlage sollte sich nachhaltig umstellen. Das Azorenhoch, welches uns in den ersten Tagen den eher aus den Sommermonaten bekannten Nordostwind brachte, hatte sich weit nach Westen verabschiedet. Zwischen dem 40. und 60. Breitengrad sorgte eine Zone tiefen Luftdruckes für stürmisches Wetter. Besonders markant war dabei ein Starkwindfeld, das sich von den Azoren bis weit nach Norden in die polare Region zwischen Grönland und dem Nordosten Kanadas erstreckte. Von dort aus wurden Wellen erzeugt, die auf dem Nordatlantik keinen weiteren Weg mehr hätten nehmen können, um auf direkter Linie viele tausend Kilometer später die kanarischen Inseln zu treffen. Ein schier gigantischer Swell mit Perioden um die 18 Sekunden und Wellenhöhen von mehr als fünf Metern bahnte sich an.
Als Surfer fliegt man nicht nach Fuerteventura, um seine Zeit ausschließlich an einem closeout anfälligen Westküsten-Beachbreak zu verbringen. Die Nordküste bietet entlang seiner etwa 20 km messenden Schotterpiste eine Vielzahl an Surfspots mit Wellen für unterschiedlichste Ansprüche, die allesamt ausschließlich auf mehr oder weniger scharfkantigem Basaltgestein vulkanischen Ursprungs brechen. Scheut man diese Art von Untergrund nicht, dann liegt einem nahezu das volle Repertoire dessen, was Europa wellentechnisch zu bieten hat, genau an diesem Teil der Insel quasi zu Füßen.
von links: Bernd, Phillip, Jens, Jabba, Dirk
Wer lang laufende Wellen möchte, der muss auch lange paddeln. Das ist die Devise an einem rechtslaufenden Pointbreak in der Nähe eines kleinen Fischerdorfes an der Nordküste. Die Dimension dieses Spots wurde mir erst richtig bewusst, nachdem ich bereits eine gute viertel Stunde lang gen Norden gepaddelt war und der Peak mit den immer noch verdammt kleinen schwarzen Punkten, den Surfern, einfach nicht näher kommen wollte. Was von Land aus nach einer entspannten Longboardwelle aussah, entpuppte sich vor Ort als gar nicht mal so kleines Ungetüm. Ziemlich lang und flach kam sie, schon von weit draußen erkennbar daher, brauchte eine ganze Weile, bis sie sich zur vollen Größe aufgebaut hatte, bevor sie dann plötzlich irreschnell zur Seite wegbrach. Die scharf zur Seite weggehende äußere Riffkante bog irgendwann in einer Kurve in den Channel Richtung Ufer ab und sorgte dafür, dass die Welle von da an zwar nicht mehr ganz so schnell, aber immer noch sehr druckvoll bis vor den felsigen Strand lief. Insgesamt waren dort Wellenritte von mehreren hundert Metern möglich – mit hohem Adrenalinausschüttungspotential in der Anfangssektion inklusive. Erschöpft vom Rauspaddeln fand ich ein Lineup vor, in dem vom Shortboarder bis zum SUPler so gut wie jeder Boardtyp vertreten war.
Hier musste man weit Paddeln (Foto: Bernd)
Das Gute an einem Pointbreak ist, dass man sich am Rand relativ sicher vor dem bösen Weißwasser sein kann, also positionierte ich mich erst einmal ganz weit außen, um mich auszuruhen und mir ein Bild zu machen. Alle paar Minuten kündigten die hektisch umherpaddelnden SUPler die Ankunft eines Sets von drei bis vier größeren Wellen an, welche in der Regel auch ausschließlich von ihnen gesurft wurden. Weiter innen saßen die Leute ohne Paddel und griffen sich das ab, was die SUPler meist unfreiwillig übrigließen. Wie an vielen anderen Stränden, an denen SUPler und Surfer zusammentreffen, stellte ich auch hier eine Ungerechtigkeit in der Aufteilung der zur Verfügung stehenden Wellen fest. Der gemeine SUPler scheint während seiner Session völlig auszublenden, dass sich außer ihm auch noch weitere Surfer im Lineup befinden.
Völlig irritiert zu sein schienen die beiden Chef-SUPler, als plötzlich ein unbekannter Longboarder (ich) am äußeren Peak auftauchte. Am Horizont zeichneten sich wieder eine Handvoll dunkler Linien ab, wobei meiner Einschätzung nach die erste Welle etwa eine halbe Minute später genau an diesem Punkt für mich anpaddelbar sein müsste. Einer der beiden SUPler paddelte auf mich zu, um mich herum, an mir vorbei und positionierte sich damit an einer Stelle fünf Meter weiter querab, von der ab er automatisch Vorfahrt haben würde – ein klassisches „Snake“-Manöver, das man auch hierzulande von der SUP-Fraktion leider immer wieder zu sehen bekommt. Das hatte ich mir auch schon fast gedacht, paddelte kurzerhand hinter ihm her, an ihm vorbei und positioniere mich meinerseits weiter innen, und zwar verdammt weit innen. Mein „Re-Snake“-Manöver blieb nicht unbeantwortet, der SUPler positionierte sich seinerseits noch einmal fünf Meter weiter innen, und unterschrieb damit sein Todesurteil. Während ich, mich mental auf die zweite Setwelle vorbereitend, wieder zum Peak zurückpaddelte, sah ich im Augenwinkel, wie ein SUPler samt Board und Paddel den Takeoff verkackte und sich kurze Zeit später in der Impact-Zone wiederfand.
Dicke Eier
Am Peak angekommen hatte ich noch etwa fünf Sekunden, um mich zu orientieren. Ich sah den zweiten SUPler auf mich zupaddeln. Offensichtlich hatte er die gleiche Absicht wie der Erste, er war aber glücklicherweise zu weit weg. Die Welle war verdammt groß und ich saß immer noch verdammt weit innen, musste es aber einfach ausprobieren. Wer konnte mir schon sagen, wann ich mir das nächste Mal hier so eine Chance hätte erarbeiten können. In der „Inside“, von meiner Position aus gesehen direkt in der Schusslinie, saßen etwa zehn Surfer. Würden sie extra für mich Platz machen? Ich hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, legte mich aufs Board, machte zwei bis drei Paddelzüge und spürte, wie es anfing zu gleiten und von selbst immer schneller wurde. Von hinten kommend erhöhte sich der Wasserspiegel dramatisch, das gesamte System nahm immer mehr an Fahrt auf, während sich vor mir allmählich ein Abgrund auftat, wie ich ihn zuvor noch nie gesehen hatte. Pilzförmig zeichneten sich vor mir die scharfkantigen Unebenheiten des Riffes an der Wasseroberfläche ab, während die Welle unter mir immer steiler wurde. Der „Point of no return“ war überschritten. Würde ich jetzt nicht aufstehen, dann wäre ein Riesenwaschgang mit unabsehbaren Folgen unvermeidlich. Nach dem Takeoff begann die kritische Phase. Ich belastete dosiert die rechte Kante. Bloß keine Experimente, denn die Schulter vor mir war groß, steil und sah aus, als würde sie jeden Moment über mir zusammenbrechen. In der oberen Hälfte versuchte ich durch sanftes „Carven“ die Geschwindigkeit zu halten, während hinter mir die Apokalypse losgebrochen war. Allmählich wurde die Schulter vor mir flacher, die Welle war entlang der Riffkante um die Ecke herumgebrochen und lief nun immer seichter werdend in den „Channel“ hinein Richtung Ufer. Endlich fand ich Zeit, entspannt zu „Carven“, den Adrenalinspiegel dabei ein wenig absinken zu lassen, das Erlebte zu verarbeiten. Auf dem weiten Weg zurück ins Lineup wurde mir nach und nach bewusst, dass ich soeben nicht nur die größte, sondern auch gleichzeitig die längste Welle in meinem bisherigen Leben gesurft bin.
Insgesamt stand der Wind fast eine Woche lang günstig und wehte wenn überhaupt dann leicht aus südlichen Richtungen. Sämtliche Spots an der Nordküste arbeiteten bei immer größer werdenden Wellen annähernd am Zenit ihrer Möglichkeiten. Für jeden war etwas dabei, so dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass sich der Surftrip alleine für diese Woche mehr als bezahlt gemacht hat.
Bernd und Jens auf dem Sprung
Jens beim Buttom turn
Bernd backside
Sunsetsession am Northshore
Jabba aka "Lord Helmchen"
Bernd beim Backside Topturn
Meine Wenigkeit beim Cruisen (Foto: Phillip)
Tag 12: Südküste oder doch die Nachbarinsel?
Leider kündigte sich wieder der allseits unbeliebte Nordostwind an. Wellennachschub aus dem hohen Norden gab es mehr als reichlich, so dass schnell klar war, dass die gesamte Nordküste verblasen sein würde. Die wenigen Alternativen entlang der Westküste würden dem riesigen Swell nicht viel entgegenzusetzen haben. Wir waren uns nicht sicher, ob entweder die Südküste eine sinnvolle Option wäre oder aber ein Besuch der kleinen Nachbarinsel. Ungünstiger hätte der Wetterumschwung nicht kommen können. Das Wochenende stand vor der Tür, die Leute waren nach der Hammerwoche am „Northshore“ spitz wie Nachbars Lumpi, und die Reduzierung auf ein paar wenige Spots würde garantiert dafür sorgen, dass die verbliebenen Optionen von der Anzahl der Surfer her schnell aus allen Nähten platzen würden. Nachdem ein wenig Uneinigkeit herrschte, welche der beiden Optionen (Nachbarinsel oder Südküste) denn nun die bessere sei, teilte sich unsere Gruppe auf.
Nordostwind trifft auf dicken Swell
Die Folge:
Westküste "out of control"
Stories über böse Südküstenlocals hörten und lasen wir im Vorfeld genug, sodass Jens und ich nicht ganz unvoreingenommen am Freitag früh die zweieinhalbstündige Autofahrt in den Süden antraten. An einem kleinen Landvorsprung irgendwo entlang der sich schier endlos an der Südküste entlangschlängelnden Schotterpiste entdeckten wir einen kleinen aber feinen Pointbreak, der mit vier Surfern besetzt war. Die Wellen peakten ziemlich steil an einem unter der Wasseroberfläche befindlichen Felsen an, liefen dann aber sachte entlang der Riffkante etwa 150 Meter in eine Bucht. Wir zögerten ein wenig, wussten nicht, ob wir willkommen seien. An einigen Spots in der Umgebung sollte Gerüchten zufolge sogar ein Longboard-Verbot herrschen.
Schnell stellte sich heraus, dass das Level der sich im Wasser befindenden Surfer nicht übermäßig hoch war, ich meinte sogar bei der Konversation der Leute ein paar deutsche Brocken vernommen zu haben. Also nichts wie rein da! Im Lineup stellte sich heraus, dass es sich bei den Vieren um Angehörige eines österreichischen Surfcamps handelte, die nach kurzer Zeit auch fertig mit ihrer Session waren. So passierte etwas, das Jens und ich im Vorfeld für absolut unmöglich gehalten hatten. Wir fanden uns an einem Freitagnachmittag an einem richtig guten Spot auf Fuerteventura wieder, und surften diesen komplett alleine! Bis auf die doch relativ schnelle und steile Takeoffphase waren das für mich absolute Wohlfühlwellen, auf denen es sich sowohl mit dem langen als auch mit dem kurzen Board wunderbar surfen ließ.
Einsame Südküstenromantik
Am Abend tauschten wir mit den anderen das Erlebte aus und stellten fest, dass auch die Nachbarinsel offenbar Traumbedingungen hatte, man dort aber leider alles andere als ganz alleine war. Trotzdem schienen alle mit dem Tag hochzufrieden gewesen zu sein.
Tag 13: „Fuerte Wave Classic 2011“ vs. Südküste
Wieder einmal teilten wir uns auf. Während die „Jabba-Crew“ an diesem Tag die Südküste unsicher machen wollte, schliefen Jens und ich erst einmal aus. Der gestrige Surf und die insgesamt fünfstündige Autofahrt in Verbindung mit dem Hardcore-Sportprogramm der letzten fast zwei Wochen zollten allmählich ihren Tribut. Es waren die bis dahin größten Wellen angesagt und auch der Wind sollte kräftig aus Nordost blasen. Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, den Spot zu finden, wo an diesem Tag der Windsurf-Contest „Fuerte Wave Classic 2011“ ausgetragen werden sollte. In den letzten Tagen waren uns immer wieder Ikonen wie Björn Dunkerbeck (mehrfacher Windsurf-Weltmeister) oder die Moreno Twins (Das Windsurf-Pendant zu den Williams-Schwestern im Tennis) entweder auf einem SUP, einem Windsurfer oder auf der Straße in ihren grellen VW-Bussen begegnet. Wie auch immer, die Bedingungen waren geradezu ideal, um bei diesem Contest schon am heutigen Tage einen würdigen Sieger ermitteln zu können. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Nach kurzem Wellencheck in Cotillo fanden wir durch Zufall den Contest-Tross im alten Hafen wieder. Wir positionierten uns zum Fotografieren strategisch günstig auf einer Klippe und warteten. Es dauerte lange, sehr lange, bis sich etwas regte. Wie als wenn jemand einen Schalter umgelegt hatte, fanden wir uns auf der Klippe plötzlich inmitten von Profifotografen wieder und unser Auto war gnadenlos zugeparkt.
Auf dem Wasser passierte jedoch nicht all zu viel. Während Björn Dunkerbeck und die Moreno Twins an Land blieben, trauten sich von dem Rest der „Creme de la Creme“ des Windsurfens nur fünf Leute aufs Wasser. Von diesen fünf Leuten schaffte es nur ein einziger, unfallfrei raus- und auch wieder reinzukommen. Zwei von denen schafften es gar nicht erst rauszukommen während die verbliebenen zwei es zwar rausschafften, jedoch kurze Zeit später Riesenwaschgänge hinlegten, und danach porentief rein ihr Material wieder von der Kaimauer abkratzen durften.
Noch mehr Höhe ziehen geht nicht (Foto: Jens)
Oh ohhhh ... (Foto: Jens)
uuuund tschüss!!! (Foto: Jens)
Abends schauten wir uns die Bilder, die auch ohne weiteres einen guten Tag in Jaws hätten dokumentieren können, mit den anderen in Groß an und bekamen die Kinnlade nicht mehr hoch.
Die „Jabba-Crew“ hatte an dem Tag ebenfalls sehr gute Bedingungen an einem Sandstrand in der Nähe des Südkaps. Leider gab es nicht die Möglichkeit des Fotografierens, somit mussten wir den Erzählungen Glauben schenken.
Tag 14: Endgegner
Der letzte Tag brach an und der sollte natürlich nicht ungesurft enden. Unser Flieger würde erst ab 16 Uhr 30 wieder zurück in Richtung unterkühlte Heimat düsen, also hatten wir genügend Zeit, um noch mindestens eine ausgedehnte Surfsession an einem Strand unserer Wahl zu genießen. Dieses Mal wollte die „Jabba-Crew“ den Tag ruhig angehen lassen und eventuell gegen Mittag ein letztes Mal auf Spotcheckertour gehen. Jens und ich hingegen wollten nochmal Prämiumwellen abgreifen und die konnte es bei der derzeitigen Verteilung von Wind und Wellen nur an der Südküste geben. Nach erfolgter Vorreinigung verließen wir gegen Sonnenaufgang endgültig das Apartment und starteten ein letztes Mal gen Süden. Wir suchten den Strand auf, an dem tags zuvor Jabba, Bernd und Dirk angeblich epische Wellen abgreifen konnten, und wurden nicht enttäuscht.
Takeoff (Foto: Jens)
West- und Nordküste waren an diesem Tag verblasen und von den Wellen her eher etwas für Suizidgefährdete, die Ostküste präsentierte sich nach wie vor als ein Paradies für Windsurfer und Kiter. Der Nordwestswell war immer noch kräftig genug, dass er den Weg um das Westkap herum an die Südküste schaffte. In der Form läuft die Welle dort nicht allzu häufig, und zu allem Überfluss war auch noch Sonntag. Normalerweise ein Touri-Moloch-Badestrand mit einer Hotelbetonburg im Rücken verwandelte sich der Strand an dem Tag in ein Wellenreitmekka. Gut 40 Surfer von nah und fern trafen sich an diesem Ort, um das seltene Schauspiel gebührend abzufeiern. Die Pointbreak-Welle peakte knapp überkopfhoch an, und lief zum Teil irreschnell 200-300m um das Südkap herum. Zum Glück hatte ich ein schnelles Board dabei, mit dem ich die alles andere als anfängerfreundliche Welle einigermaßen händeln konnte. Ein würdiger Abschluss.
... und geniessen (Foto: Jens)
Auf 14 Uhr hatten wir uns die „Deadline“ gesetzt. Das Zeitfenster wurde bis zur letzten Sekunde sinnvoll genutzt, so dass wir anderthalb Stunden später am Flughafen beim Einchecken selbstverständlich die Letzten waren.
Määähhhhh....
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Alter!
boerni on Di, 03/22/2011 - 23:00Das mit dem "Re-Snake-Manöver" merke ich mir!!! Wie cool!
Super!
n3oka on Di, 03/22/2011 - 22:59"Hast du vor her noch trainiert? :) "
Tim on Mi, 03/23/2011 - 08:04Hart trainiert habe ich eher nicht. Das eine oder andere Wochenende Surf- und Paddeltraining auf Nord- und Ostsee musste reichen. Zumindest reichte das aus, dass ich nach dem ersten Tag keinen Hammermuskelkater hatte. Nach 14 Tagen Dauerbelastung stellten sich aber schon einige Verschleißerscheinungen ein.
Yeah! Schöne Story! SUP-Rider
jens on Di, 03/22/2011 - 10:11Yeah! Schöne Story!
SUP-Rider scheinen wohl überall die gleichen egoistischen A§$&&§$%$löcher zu sein. Schade dass wohl früher oder später alle entspannten Pointbreaks an diese Spezies verloren gehen werden
Anmerkung vom Autor
Tim on Di, 03/22/2011 - 13:03Nicht jeder SUPler ist ein schlechter Mensch, und ich glaube auch nicht, dass einem SUPler ein solches Verhalten grundsätzlich als Charakterschwäche angelastet werden kann. Man kann von weiter oben einfach wesentlich vorausschauender agieren. Als Wohnmobilfahrer merke ich das z.B., sobald ich mich mal in einen normalen PKW setze und eine viel befahrene Strecke zurücklege. Es herrscht einfach viel Unverständnis - und zwar auf beiden Seiten.
seufz.....
tripmaster on Di, 03/22/2011 - 09:57aber eins beruhigt mich: hätte nicht gedacht, dass das Rauspaddeln in M&%$()cho dich ähnlich fertig macht wie mich ;=)