Meinen neuen Standort erreichte ich kurz nach Mitternacht. Kein Geräusch war zu vernehmen, es war windstill und das Kattegat war platt wie ein bayrischer Ententeich im August. Gut so, denn der Sturm würde kommen und je später das losging desto länger konnte ich ausschlafen.

Sonntagmorgen war´s dann regnerisch und auch schon etwas windig. Der Teich hatte auch bereits ein paar Falten, allerdings noch nichts nennenswertes. Ich gönnte mir in Ruhe ein karges Frühstück, bevor ich mich auf die Checkerrunde machte. Spot 1 hatte ich ja bereits vom Frühstückstisch aus überprüft, zu Spot 2 musste ich ein bisschen laufen – nebenbei brach ich hier ein paar fies in den Pfad hineinragende, sehr dornige Zweige ab, damit sie später nicht den Neo kaputt machen konnten – und fand dann etwas größere, aber ebenfalls noch nicht nennenswerte Falten vor. Auf der Anfahrt zu Spot 3 bot sich ein etwas anderes Bild, erste brauchbare Wellen schälten sich den Point entlang und ein paar Surfer waren bereits im Lineup.

Mit den ersten richtig kräftigen Schauerböen rollten dann auch die ersten soliden Sets rein. Ab dann entwickelte sich ein für die Region klassischer durchschnittlicher Surftag. Spot 3 war schnell sehr voll und die schwankende Größe der Sets mit zwischendurch längeren Phasen mit kleinen Wellen führte dazu, dass alle genügend Zeit hatte, sich wieder im Lineup zu versammeln bevor das nächste Set auftauchte. Jede dieser Welle hatte dann eine erkleckliche Anzahl von Aspiranten, die gleichzeitig anpaddelten, aber nur eine überschaubare Anzahl von meistens denselben Surfern schaffte es, sich regelmäßig die Sahnestücke zu holen.

Ich wich an Spot1 aus. Dort waren wir zu dritt plus zwei Longboarder im Wasser. Leider litt auch diese Linke an der Inkonsistenz des Swells. Hin und wieder lief ein schulterhohes Set aus zwei bis drei Wellen rein und dann passierte wieder ewig nichts. Nach einer Weile mit lediglich zwei brauchbaren Wellen wurde mir das zu langweilig und ich zog um an Spot 2.

Der war dann gut am Arbeiten, in den Setpausen liefen konstant schulterhohe Wellen rein, mit den Sets wurde es deutlich größer. Anfangs teilten sich 4 Jungs auf kurzen Brettern einträchtig den Spaß, bis dann die beiden Longboarder von Spot ein auftauchten. Nun sind zwei Longboarder an sich im Lineup ja kein Problem, wenn sie nicht zu gierig sind und sich an die Regeln halten. Der offensichtlich erfahrenere der beiden spielte dann auch gut mit und begnügte sich mit den Wellen, die keine anderen ernsthaften Interessenten fanden. Diese waren immer noch hübsch genug und ohne tiefer anpaddelnde Kurzbrett Konkurrenz konnte er sie auch schön von der Schulter aus anpaddeln. Dass ein tieferer Take-Off auf der langen Planke hier in der Regel von wenig Erfolg gekrönt ist, hatte ich ja bei meinem letzten Aufenthalt bereits etwas schmerzhaft gelernt.

Der Kollege von ihm stellte aber schnell ein Problem dar. Was als erstes auffiel, war die volle Winter-neomontur (6er Anzug, dicke Booties, Haube und Bärenklauen Handschuhe), in der der junge Mann raus paddelte während wir in 4-3er Neo unterwegs waren und Booties nur wegen der Steine anhatten. Möglicherweise hatte der Kerl eine Salzwasserallergie. Vielleicht war er dann auch überhitzt und sein Sehvermögen eingeschränkt, wahrscheinlich hielt er es aber lediglich für überflüssig oder kontraproduktiv, beim Anpaddeln an der Schulter einmal nach rechts zu schauen, ob jemand anderes tiefer anpaddelte oder sogar bereits die Welle surfte. Auf jeden Fall verbesserte der Herr die Vibes im Lineup nicht durch sein regelmäßiges Reindroppen und versaute den Surfern auf den kurzen Brettern mehr als einen Ride.

Aber auch das ist in dieser Gegend so ein bisschen Business As Usual, so richtig gut organisiert sind die Lineups nicht und Rein Droppen ist durchaus an der Tagesordnung. Den Points hier bzw. den Surfern in deren Lineups würde ein bisschen mehr Etikette gut tun.

Irgendwann waren die beiden auf ihren Tankern dann aber wieder weg und eine Zeitlang lief es prächtig, bis dann vier weitere Surfer auf einmal (Fehler Nr. 1) auftauchten und gemeinsam raus paddelten und mindestens einer von ihnen ebenfalls eine Nackenstarre hatte und nicht nach rechts kucken konnte (Fehler Nr. 2). Da Spot Nr. 2 eigentlich schon mit mehr als vier Leuten im Lineup zu voll ist, wurde es dann wieder etwas ungemütlich. Ein Rotationssystem, das die Dinge gelöst hätte, konnte leider nicht etabliert werden. Aber der Tag war lang und die Wellen liefen bis in den frühen Abend, so dass am Ende keiner sich so richtig beschweren wollte.

Mir persönlich liegt das Gehassle um die Wellen ja eher nicht so sehr, vor allem wenn es um einen haarigen Take Off auf der Backside geht mit zwar runden, aber fies knapp unterhalb der Wasseroberfläche liegenden Steinen. Spot 1 hatte da trotz kleinerer und weniger konstanten Wellen mehr Spaß gebracht. An Spot 3, an dem die überwältigende Mehrheit der Surfer aus der Gegend rauspaddelt, bin ich selber noch gar nicht draußen gewesen wegen des Crowd Faktors. Trotzdem fuhr ich an dem Abend noch mal hin, um zu schauen, was hier so los war.

Inzwischen hatte die Sonne komplett das Kommando am Himmel übernommen und der Wind hatte etwas zurück gedreht und etwas nachgelassen. Beim ersten Blick bei der Anfahrt sah das Meer flach aus und der Lineup schien leer zu sein. Beim zweiten Blick direkt vom Ufer aus war das Meer zwar immer noch flach, aber im Lineup erkannte ich zwei Surfer, die offensichtlich das wunderbare Licht und das Panorama auf die schöne Landschaft vom Wasser aus genossen und sich dabei unterhielten.

Ich überlegte kurz die seltene Gelegenheit eines fast leeren Lineups hier zu nutzen und ebenfalls noch einmal raus zu gehen, aber es lief wirklich gar nichts mehr an Wellen rein. So blieb ich am Ufer und beobachtete die Szenerie eine Weile und als ich gerade davon überzeugt war, dass die beiden da draußen tatsächlich lediglich ein Picknick abhielten, tauchten ein paar Falten am Horizont auf. Trotz klarer Offshore Tendenz des lokalen Winds liefen diese Falten aber nicht einfach hier vorbei, sie schafften es tatsächlich zur Uferkante und 3 schulterhohe Wellen begannen zu brechen.

Einer der beiden Jungs im Lineup schaffte es sich eine der Schönheiten zu greifen und surfte die wie üblich sehr schnelle Welle rund hundert Meter, bevor er bei einem Turn zu viel Speed verlor. Davon unbeeindruckt lief die Welle einfach noch mal hundert Meter weiter. Und die beiden hinter ihr taten es ihr gleich. Ich war ziemlich fassungslos. Der für die Gegend mittelmäßig gute Surf tagsüber war ja schon nicht so schlecht und besser als 90% aller Surftage an Dänemarks Nordseeküste (von der Deutschen Küste will ich lieber gar nicht reden). Aber das gerade eben hatte ich dann doch nicht erwartet. Sonnenschein, wunderbares Licht auf wunderschöne Küste, leichter Offshore und dann kommt so ein Set und macht einen auf Reverse – J-Bay.

Das brachte mich dann wieder in Wallungen und ich verließ den kleinen Hügel, den ich zum Ausprobieren von neuen Perspektiven aufgesucht hatte und ging wieder zum Wasser. Kaum dort angekommen, lief das nächste Set rein, etwas kleiner als das davor aber wieder mit dem Resultat einer perfekt laufenden Linken. Also doch noch mal in den nassen Neo schlüpfen?

Ich traute dem Braten nicht ganz und zog mich vorsichtig in Richtung Van zurück, den Lineup immer im Blick. Nichts passierte. Ich brach den Rückzug ab. Nichts passierte. Ich lief wieder auf den Hügel und scannte den Horizont. Nichts passierte. Eine halbe Stunde nach der letzten Welle paddelten dann die beiden aus dem Lineup zurück ans Ufer. Die Show war vorbei, aber ich war froh, wenigstens einen Teil von ihr gesehen zu haben und wusste, dass ich jetzt ein paar nette Bilder auf der Speicherkarte hatte.

Der Tag war lang gewesen und ich hatte wieder einmal kaum etwas gegessen. Also fuhr ich noch an meinen Übernachtungsplatz, fand zum Glück noch ein paar Nudeln in einer versteckten Ecke des Lastwagens, schaffte es, diese unfallfrei zu kochen und legte mich früh ins Bett.

Montagmorgen war es dann wieder regnerisch und der Ozean war faltenfrei. Ich nutzte die Zeit die mir verblieb, um noch ein bisschen die Gegend auszukundschaften und fand auch ein paar vielversprechende Ecken. Die werde ich dann beim nächsten Besuch ausprobieren…

Weitere Fotos gibt es hier zu sehen.

Teil 1 der Geschichte ist hier zu lesen.

Bild von coldwaves

Der Hammer...

coldwaves on Sa, 08/08/2015 - 11:14

...wie immer wohnt man am falschen Ende.

Bild von tripmaster

da liegst du leider richtig..

tripmaster on Sa, 08/08/2015 - 13:17

mit unseren Küsten haben wir nicht gerade das große Los gezogen....