Fährwell to Warnefornia

Fotos von Tim, Christoph, Jens, Börni, Manon, Tom, Story von allen

Die Prognosen unseres Wettergurus stimmen – fast – immer. Leider bedeutete dies an diesem Wochenende die große Flatness an allen für ein WE erreichbaren Meeren und so hatten wir uns entschieden einen verzweifelten Versuch mit der legendären Fährwelle in Warnefornia am Ostsee zu wagen. Die erste Vorhut checkte schon am Freitag Nachmittag den Fahrplan, gegen 23 Uhr war dann die Truppe bis auf den nachzügelnden Jungvater Timo komplett. Wir tauschten nur kurz die Erfahrungen der Vorhut aus, dann ging es in die Betten, denn die erste Fähre am nächsten Morgen sollte pünktlich um 8:30 Uhr einlaufen.

Samstag früh um kurz nach 7 klingelte dann der Wecker. Zeit für einen Kaffee, den Besuch des örtlichen Plumpsklos, Bretter wachsen und dann einen der wenigen Parkplätze in Strandnähe zu sichern. Es war absolut windstill und das „Meer“ war glatt wie ein Kinderpopo, ohne eine einzige Falte. Das fühlte sich dann schon komisch an, hier mit voller Neomontur und Brett unterm Arm aufzulaufen. Noch komischer war das rauspaddeln und die Suche nach dem Lineup. Da kein einziges Wellchen brach mussten wir uns mit den Tips, die wir von den Locals erhalten hatten, behelfen. Die Sandbank war zwar recht einfach zu finden, aber die genaue Position an der Bank war ein Glücksspiel. So saßen wir dann etwas planlos da draußen und beobachteten, wie die Fähre sich näherte. Als die dann bereits zwischen den Molen in den Hafen einlief und sich auf dem Teich immer noch keine Falte zeigte, wurden wir etwas nervös.

Doch wie aus dem Nichts begann an der Mole plötzlich ein Set reinzulaufen und brach in bester Pointbreak Manier nach rechts. Dort saß aber niemand. Plötzlich waren wir alle furchtbar aufgeregt und kurz darauf tauchte auch vor uns ein überraschend schönes, super sauberes Set auf.

Ab hier lassen wir mal die Jungs selbst von ihren Erlebnissen berichten.

Tom: Natürlich saß ich zu weit draußen für das Set und verpasste es gleich mal komplett. So blieb mir nur, dem Gejohle der Jungs zu lauschen, die richtig positioniert waren. Doch ich bekam eine zweite Chance, ein gar nicht mal so schlechtes zweites Set tauchte auf, ich paddelte eine Welle davon an, Take Off, Close Out. Echt Tricky, der Spot. Ich rutschte dann noch etwas auf einer Welle des winzigen dritten Sets rum, bevor ich auf wieder spiegelglattem Wasser zurück an den Strand paddelte. Laut Fahrplan sollten ja noch 6 weitere Fähren kommen, bevor es dunkel wurde.

Börni: -Rückblick- Der Forecast für unser Sydikatswochende ernüchterte mich doch sehr. Die Alternativen  den "Nordwellenmotor" in Bispingen anwerfen zu lassen oder gen Warnefornia für ein paar Wellchen zu fahren rissen mich nicht gerade vom Hocker. Gerade nach meinem Bretagne-Trip konnte dies nur ein Downgrade bedeuten. Schlielich fand ich mich mit den Gegebenheiten ab und freute mich einfach "die Jungs" mal wieder zu sehen. Langsam wuchs in mir auch die Spannung zu sehen, was es mit dieser Fährwelle auf sich hat. In der Arbeitswoche vor dem Trip hatte ich viel zu tun, so dass die eigentlichen Vorbereitungen wie der Tripeinkauf, Sachen packen, Bus beladen erst nach der Arbeit am Abfahrtstag erledigt werden konnten. Außerdem musste ich gerade an diesem Tag zwei große Pakete zur Hauptfiliale der Post in L-Town bringen. Stress! Packen schon so nicht mein Ding  unter Zeitdruck erstmal gar nicht. Der Einkauf ging zügig, trotzdem kostete er Zeit und ich ärgerte mich diesen nicht schon vorher erledigt zu haben. Die Pakete im Feierabendverkehr zur Post zu bringen und dort auch noch schön lange in der Reihe stehen zu dürfen setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Zweieinhalb Stunden später als geplant ging es dann endlich los. Destination Warnefornia!
Kurz vor meiner Ankunft checkte ich aus langer Weile noch einmal die lokalen Webcams und sah zu meiner Überraschung an einem nahe gelegenen Spot Wellen reinlaufen, die "noch" surfbar aussahen. Ich beschloss einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen um vielleicht doch noch ein paar natürliche Wellen an diesem Wochenende zu surfen. Am Spot angekommen war die Realität grenzwertig, d.h. die Wellen waren eigentlich nicht echt wirklich lohnenswert. Jeder Surfer weiß aber wie es ist, wenn man auf Entzug ist. Man würde jeden potentiellen Minischwabbel surfen. Eigentlich sah ich mich schon im Line-Up sitzen, doch plötzlich brachte mich ein dumpfes Grollen und eine rasch aufziehende Gewitterfront mit ersten zuckenden Blitzen von meinem Plan ab. Bei einem heftigen Gewitter saß ich letzten Herbst schon einmal in Zarautz bei solidem Swell draußen. Eine Unschöne Erfahrung, die jetzt auch nicht in Miniwellen wiederholt werden musste.
Also Motor wieder angeschmissen und weiter zum Zielort gefahren, wo mir Tim und Christoph schon nach ihrem ersten Wellencheck entgegen kamen. Der Parker auf dem wir eigentlich Nächtigen wollten, glich nach dem Gewitter einer Matschwüste, die zudem mit viel Müll garniert war. Deswegen ging die Parkplatz-Search in eine Zweite Runde.
Wir wurden schnell fündig und fanden nur ein paar hundert Meter weiter einen schön gepflasterten und sauberen Parkplatz mit ein wenig Grün und den von Tom bereits erwähnten Donnerbalken! :O

Bevor die Dunkelheit einsetzen würde, sollte noch eine Fähre einlaufen. Die Windverhältnisse waren zwar, weil leicht auflandig, nicht ideal, aber wenn man schon mal vor Ort war, sollte man auch die Chance auf einen kleinen Surf nutzen. Zumal ich bis dahin dachte, zwei Stunden bis zur nächsten Fähre ließen ein entspanntes ausgedehntes Freizeitverhalten zu.
Mit Jens, der auch noch rechtzeitig kam,  enterten wir den von uns angenommenen Line-Up. Noch planloser als nächsten Morgen saßen wir im Wasser.  Die Fähre schickte Wellen von mäßiger Qualität. Ich glaube alle saßen noch ein paar Meter out of Position und niemand von uns hatte eine Welle, die auch nur annähernd abgesurft wurde (Jungs berichtigt mich, falls ich etwas nicht mitbekommen habe.) Trotzdem waren wir was die Positionierung für die nächste Session betraf um einiges schlauer. -RÜCKBLICK ENDE-

Tim: An der Stelle, wo es ins Wasser geht, zeigt sich meistens, ob die Vorbereitung erfolgreich gelaufen ist oder nicht. Ich war schon ein wenig aufgeregt.Tags zuvor hatte ich mit Christoph den Peak zwar lokalisiert, war mir aber mittlerweile nicht mehr zu 100% sicher, wo er denn genau lag. Nun saßen wir da, die Ostsee spiegelglatt, und ich machte mir Gedanken, warum genau da, wo wir nun saßen, ausser uns keiner war. Horrorszenarien von einem überfüllten Pointbreak, an dem alle zwei Stunden für einen kurzen Augenblick surfbare Wellen kommen, bewahrheiteten sich erstmal nicht. Dann das erste Set, etwa 100 Meter querab Richtung Mole, und ich fluchte innerlich. Hatte ich mich so verschätzt? Eine knappe Minute später kam endlich eine Hand voll Falten auf uns zugerollt. Die dritte oder vierte angepaddelt, jedoch stellte ich nach dem Takeoff schnell fest, dass ich die entscheidenen fünf Meter zuweit innen saß. Hätte ich Kelly Slater geheißen, wäre die Überwindung der sich in Fahrtrichtung zu mir auftuenden Weißwasserbarriere kein Problem gewesen, und ruckzuck wäre ich wieder im Grünen gesurft. Aber so sollte es leider nicht sein. Ich stieg ab und bekam die nachfolgenden drei Setwellen zum Abschluss als Dusche. Während ich mein Material wieder zusammensammelte, sah ich im Augenwinkel Börni, wie er auf seinem roten Longboard einen Noseride auf einer perfekten grüne Welle zauberte. And the winner is... 

Börni: Samstag Morgen 8:30 Uhr Fähre. Wie oben schon beschrieben schickte diese Fähre saubere Knie- bis Hüfthohe Sets, die vom leichten offshore in eine perfekte Form gebracht wurden. Ich glaube ich entschied mich für die 2 oder 3 Welle vom ersten Set und saß diesmal perfekt.  Den Take-Off setzte ich ziemlich schräg. Als ich stand und mich noch wunderte, dass diese Wellen wirklich surfbar waren, kam auf einmal eine schnelle Sektion auf der ich um Gas zu geben, gleich zur Nose laufen musste. Dort blieb ich auch lange stehen und wunderte mich wieder mit welcher Regelmäßigkeit und auf welcher Länge die Welle brach. Schließlich wurde die Welle softer. Ich ging zurück und genoß den letzten Teil der Welle bis ich kurz vor dem Strand im knietiefen Wasser absprang. Ziemlich beeindruckt und gestoked, war ich von dem was ich gerade erlebt hatte.
Schon da habe ich mir gedacht, dass ich den Ride an diesem Wochenende wohl nicht mehr toppen können würde. Im Nachhinein sollte ich Recht behalten...

Börni: Das war im schnellen Teil der Welle. "Bleifuß!" (8.30 Uhr Fähre).

Börni: 10:30 Uhr Fähre. Jens im Mittelteil einer schönen Welle. Selbst war ich diesmal mit Kamera im Wasser, da ich überzufrieden mit dem ersten Surf des Tages war. Leider habe ich es verpeilt die Kamera richtig einzustellen.  Anstelle der erhofften Filmaufnahmen von einer der besseren Sessions an diesem Tag, habe ich nur zu Beginn der Aufnahme ein semi-gelungenes Selbstportrait von mir gemacht. Ich ärgere mich jetzt noch schwarz und weiß! Dieses Bild hier oben hat Christoph  aufgenommen, der an die Sache wohl etwas professioneller herangegangen ist.

Börni: Auf diesem Bild erkennt man gut, wie die Right entlang der Sandbbank bricht.

Christoph: Es war auf alle Fälle eine Erfahrung und ich denke wir haben an dem Wochenende alles richtig gemacht, im ansonsten wellenlosen restlichem Europa. Die Fähren kammen pünktlich und die dadurch entstehenden, teilweise mehr als hüfthohen Wellen auch. Dazu Salzwasser und Sonne. Die Parkplatzsituation war sehr entspannt (rechtzeitiges parken vorausgesetzt) und das Übernachten auf einem der vielen großen Parker war auf eigenes Risiko möglich.

Solltet ihr die Gelegenheit haben, gebt euch das Vergnügen. Am Besten allerdings in der Vor- und Nachsaison (ab 10 Leuten wird es kuschelig im Line up)

Warnefornia mit Palmbeach, ein Traum....

 

Börni: Es sieht zwar auf diesem Foto nicht so aus, aber surfen nach Fahrplan ist eine teilweise hektische und stressige Angelegenheit. Boards bereitlegen, Neos anplünnen, zum Spot laufen, die richtige Position auf bzw. vor der Sandbank finden, die Fähre nach Schnelligkeit und Tiefgang beurteilen, darauf hoffen, dass diese nicht durch andere "Verkehrsteilnehmer" im Wasser abgebremst wird, auf das erste Molenset als Indikator warten, +- 3 Sets bzw. ca. 15 Minuten Zeit haben um 1,2 oder auch 3 Wellen zu surfen, auf weitere Wellen hoffen, die dann doch nicht kommen oder gerade nicht groß genug sind, zurück zum Bus laufen, Neos ausplünnen und zum Trocknen aufhängen. Nachdem man sich wieder angezogen hat bleibt einem grad mal eine Stunde, dann geht der ganze Ablauf wieder von vorne los. Das ganze Prozedere 6 mal am Tag und man bist platt wie nach 3 normalen Sessions an einem Tag. Zeit um ein wenig zu skaten war aber genug.

Tim: Freud und Leid liegen beim Surfen dieser Art von Wellen wirklich sehr dicht beieiander und das Frustpotential kann im Extremfall sehr hoch sein. Meine Bilanz nach sechs Sessions: Das Anstrengenste war eindeutig die Vor- und Nachbereitung. Das materialschonende An- und Ausziehen des dicken Winterneos kostete unglaublich viel Energie, vor allem weil man wußte, dass man nach einer guten Stunde wieder von vorne beginnen darf. Der Surf war grandios geil, wenn - ja wenn... - man denn mal eine gute erwischt hatte. In sechs Sessions gelang es mir insgesamt zwei Mal, richtig zu sitzen und die goldene Welle vom einzig guten Set abzugreifen. Immer wenn ich die erste Welle verbaselt hatte, war die Gewissheit schon etwas frustrierend, dass da eigentlich nichts mehr in der Art nachkommt, und ich auf die nächste Chance mindestens zwei Stunden zu warten hatte. Alles in allem war ich aber trotz der eher geringen Ausbeute sehr zufrieden. Es ist eine wirklich spezielle, aber wenn man den Dreh raus hat, auch eine sehr schöne Art zu surfen. Ich komme wieder!!!


 

.......


 

Börni: Die Welle ist nicht das Einzige was die Warnefornia Erfahrung ausmacht, hat uns ein Local gesagt. Ich kann dem nur zustimmen. Was das nun für jeden individuell bedeuten mag oder kann, müsst ihr selbst herausfinden. Ich werde hoffentlich noch einmal die Chance haben, dort ein paar Wellchen mitzunehmen, bevor die alten Fähren in Rente gehen und diese für Norddeutschland einzigartige Art des Surfens verschwinden wird.

Tom: Die Väter unter uns und die, die am Vater werden sind, waren sich einig, dass Warnefornia bei all dem Roulettespiel, das die Wellenauswahl hier darstellt, gar nicht mal so schlecht für Familienausflüge im Sommer wäre. Hier konnte man sich schön mit den Müttern und Kindern am Strand vergnügen – ausreichend hohe Temperaturen und Sonne vorausgesetzt – und dabei unauffällig alle 2 Stunden für 20 Minuten im Ostsee verschwinden.

Die gleiche Idee hatte ein uns unbekannter Longboarder, der seinen kleinen Sohn dabei hatte und diesen für ein paar Minuten am Strand zurück ließ, während er sich mit ein paar Kumpels in den Lineup setzte. Doch dem kleinen Mann war das nicht so ganz geheuer, so allein am Strand. Dann tauchte auch noch ein in seinen Augen riesiger Hund auf und wollte ihn beschnuppern, was der Junge auch nicht so prickelnd fand. Auf jeden Fall rief er mit zunehmend flehender Stimme nach seinem Vater. Der versuchte ihn noch vom Lineup aus zu beruhigen, hatte aber keinen Erfolg. Irgendwann konnte der Papa das Flehen seines Sohnemanns nicht mehr ertragen und musste zurück an den Strand paddeln. Als er diesen Erreicht hatte, lief das einzige brauchbare Set dieser Fähre rein….

Alle Bilder zum Trip gibt es hier.

Bild von jens

Purer Stress ;-)

jens on Mi, 05/02/2012 - 09:55

Rein in den Neo, raus aus dem Neo...sehr schöner Trip Jungs.

Zur Warnefornia-Erfahrung gehört wohl auch Deluxe-Dummschnack der Touris und Spaziergänger:

Die Klassiker:

- Ist ihnen gar nicht kalt ? - Nö
- Auf Hawaii, also daaa, daaa gibts Wellen... - Ja und ? Zahl mir nen Ticket...
- Ist doch gar kein Wind heute... - Umso besser...

Auch schön und der war mir neu:

- Checkt ihr denn nicht die Wettervorhersage ? - Wenn Du wüsstest was wir alles gecheckt haben...

Etwas blöd gelaufen:
Gerade einem Pärchen erzählt, dass die Wellen durch die Fähren produziert werden und dann gar nicht so schlecht sind. Kurz darauf läuft die Fähre ein, muss aber stark abbremsen und erzeugt nur einen kleinen Schwabbel, die schlechteste Fähre des Tages. Kommentar des Pärchens:
- Soll das so sein ???

Bild von boerni

Brüller!!!

boerni on Mi, 05/02/2012 - 14:14

Hahaha! Wir sollten die Sprüche echt mal sammeln und zum Heft binden lassen. Vielleicht mit schlagfertigen Antwortmöglichkeiten.

Bild von Da Johnnie

sieht echt nach nem

Da Johnnie on Mi, 05/02/2012 - 00:27
sieht echt nach nem entspannten trip aus:-))schön geschrieben!