Vor gut zwei Jahren schwante uns, dass die Anlage der aus den exorbitanten Werbeeinnahmen dieser Seite resultierenden Gelder in mittelamerikanischen Briefkastenfirmen vielleicht doch keine so gute Idee ist und wir waren gezwungen, neue Wege der Steuervermeidung zu suchen. Die exklusiv für uns arbeitende Anwaltskanzlei schlug nach langer Recherche vor, einen nichteingetragenen Verein zu gründen (ja, sowas gibt´s). Das schien auch uns ein kluger Weg zu sein und wir mussten nur noch eine Satzung entwerfen und einen Vereinszweck finden.

Die Vermehrung der netto-Wellenzeit bei gleichzeitiger Grundversorgung mit kalten Hopfengetränken für jedes Syndikatsmitglied fanden unsere Steueranwälte nicht so geschickt, obwohl das jedem Lügendetektor standgehalten hätte. Letztlich mussten wir dann die „Förderung des Wellenreitens in Norddeutschland“ in unsere Satzung schreiben.

Nun, am Montag waren zwei von uns mal wieder unterwegs in dieser Mission. Gerade Arbeitstage am Anfang der Woche schienen uns immer noch als sehr förderungsbedürftig. Umso mehr, als wochenlange Flaute und entsprechende Flatness am Ostteich hinter uns lag und wir mal wieder nur geifernd auf das schauen konnten, was bei unseren skandinavischen Nachbarn so in der Ostsee los war.

Ich machte sich dabei wie so oft bei Ostwind erst einmal auf den Weg, um ein paar Stehsegler zu missionieren. Nachdem das wieder einmal erfolglos blieb ging es am späten Nachmittag noch zur Seebrücke. Bei der Einfahrt in den noblen Kurort schreckte mich dann erst einmal ein Schild auf, das behauptete, dass der Parkplatz an der Eishalle belegt wäre. Hatten wir unseren Vereinszweck etwa schon erfüllt?

Doch das Schild war wohl noch von der letzten Strand-Affentennis Veranstaltung übriggeblieben, denn auf dem Parker war noch viel Platz. Ein paar der geparkten Busse sahen schwer nach Surfer Fahrzeugen aus, aber ansonsten war nirgends eine Planke zu sehen. Sorgenvoll machte ich mich auf den Weg durch den Park. Doch der erste Blick auf die Brücke beruhigte mich. Es waren tatsächlich schon ein paar Leute im Wasser. Nicht übermäßig viele und gleichmäßig verteilt auf die Südseite der Brücke, wo es ziemlich Kacke aussah, und auf die Nordseite, wo tatsächlich so etwas wie Form in den anrollenden Falten des Teichs erkennbar war.

Am Brückenkopf kam mir dann schon Christoph entgegen. Trotz ausgiebigem Duschen hatte er es nicht fertiggebracht, sämtliche Algen aus seinem Gesicht zu entfernen, aber er grinste breit und berichtete von einer spaßigen Session. Nun aber würde er sich wieder unserer Mission widmen und das Brett gegen Kamera mit Wassergehäuse tauschen. Ich ging erst einmal auf die Brücke und schaute mir das Geschehen aus der Nähe an. Eigentlich war ich durch vom Windsurfen, aber die hin und wieder durchaus brauchbaren Rechten und vor allem der fast einsame Peak etwas weiter links ließen den Gedanken aufkommen, doch noch einmal nass zu werden.

Außerdem war es schön warm und die Sonne kam auch wieder raus. Und ich musste ja noch den anderen Teil meiner Mission erfüllen, die da heißt: ältere Herren mit verschlissenen Körpern davon zu überzeugen, dass es sich lohnt weiter zu machen mit dem Surfen.

Auf dem Weg zurück Richtung Festland kam mir dann aber ein nicht enden wollender Strom wildentschlossener Menschen in Neopren und mit Planke unter dem Arm entgegen. Darunter auch zum wiederholten Male der Mensch mit der 7,0er Semi Gun unter dem Arm – der hatte wohl den Forecast nicht ganz richtig gelesen – sowie vereinzelte stehend Paddler mit ihren monströsen Planken. Meine Motivation selber raus zu gehen sank wieder (Hauptsächlich wegen der schieren Menge an Wellensüchtigen, aber auch wegen der Gondoliere). Unschlüssig blieb ich erst einmal auf dem Steg. Die Wellen wurden etwas größer und brachen nun auch auf der südlichen Seite brauchbar. Dort hatte sich allerdings auch ein Algenfeld mit einer Größe und Dichte gebildet, dass ich bei jedem hier duck-divenden Surfer befürchtete, dass er nicht wieder auftauchen würde.

Der Strom an ankommenden Surfern riss nicht ab. Die Wellen kamen wie so oft in Abständen von rund 5 Metern reingelaufen, peakten mal und dann wieder doch nicht oder peakten und lösten sich dann in nichts auf oder aber machten einen auf closeout. Dazwischen waren immer wieder sehr brauchbare Wellen eingestreut, doch es war nicht wirklich berechenbar. Im Wasser hieß das: Welle schwabbelt vorbei, 5 Meter da hinter die nächste, die so aussieht als könnte sie steil werden, aber sich noch nicht entschieden hat, ob sie wirklich bricht, und wenn ja wie viele und in welche Richtung.

Wenn man eine Welle haben wollte, hieß das: in Sekundenbruchteilen Entscheidung treffen, dann rasend schnell Brett drehen und Volldampf lospaddeln und hoffen, dass was draus wird. Da bleibt keine Zeit, um zu schauen, was der Nachbar macht oder ob einer von hinten kommt oder von vorne rausgepaddelt und überhaupt bleibt meistens unklar, in welche Richtung die Welle bricht und wo verdammt eigentlich nun der Peak ist und wenn ja, wie viele.



Mit gut 50 Leuten im Wasser führte das zu aufregenden Szenen, wild umherfliegenden Brettern, einigen gerade so nicht zertrümmerten Gesichtsknochen, vereinzelten Nahtoderfahrungen und insgesamt zu einem gewaltigen Chaos. Nix für mich. War aber auch nicht schlimm, hatte ja schon 3 Stunden Stehsegeln hinter mir.

Trotzdem schlich sich ein schlechtes Gewissen ein. Es war ja nicht so, dass sich die Leute am Wasser so dämlich anstellten, mit Ausnahme vielleicht eines der SUPler, der meinte er müsse seinen nur eingeschränkt manövrierfähigen Tanker immer wieder durch den dicht besetzten Inside Peak steuern um dann wieder über die Brücke zurück zum Lineup zu laufen. Kinders, das muss nun wirklich nicht sein. Historisch bedingt ist die Brücke ein reiner Surfspot und wenn ihr schon meint, euch hier mit den SUPS dazwischen mischen zu müssen, macht es wenigstens wie der Kollege, der zu dem fast einsamen Peak knapp 50 Meter nördlich gepaddelt ist. Dort seid ihr nicht die Massenvernichtungswaffe wie in voll besetzten Lineups.

Aber ich schweife ab. Wie gesagt, es ist nicht so, dass die (meisten) Leute nicht wissen, wie sie sich da draußen verhalten sollen. Es war schlichtweg zu voll. Und das an einem Montag. Mir kamen erhebliche Zweifel an unserem Vereinszweck. Sollten wir nicht besser den Laden dicht machen? Oder abschreckende Bilder á la Zigarettenindustrie in unsere Blogs einbauen (vielleicht mit, nein, das sage ich jetzt nicht, sonst heißt es wieder wir wären intolerant gegenüber anderen Wassersportarten). Oder einfach die Schnauze halten und die Kameras verschrotten?

Aber dann siehst du das Grinsen im Gesicht der Leute, wenn sie total veralgt nochmal über den Steg zum Lineup laufen. Und du stellst fest, dass trotz der Massen der Vibe im Wasser sehr entspannt ist und denkst dir: a bisl was geht schon noch.

Danke an Bevis für den FB-Post, der mich zu diesen Ergüssen inspiriert hat.

Mehr Fotos von Christoph ---> hier

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Gerne gelesen...

boerni on Mi, 06/01/2016 - 20:48

hätt ich gekonnt wäre ich auch mit reingesprungen!

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und dennoch...

coldwaves on Mi, 06/01/2016 - 10:02

...es war wirklich spaßig ;-)

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natürliche Drogen?

tripmaster on Mi, 06/01/2016 - 14:56

weiß jemand, ob die Algen eine ähnliche Wirkung wie Fliegenpilze haben?
kam mir fast so vor......

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möglich ist alles...

coldwaves on Mi, 06/01/2016 - 16:10

...ich hab mir heute Mittag noch ne Dröhnung abgeholt :-)

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alter

tripmaster on Mi, 06/01/2016 - 20:08

Algenjunky ;=)

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Herrlich!!!

Tim on Mi, 06/01/2016 - 05:55