Interview mit Jana Toepfer

 

Jana ist die Gründerin von Ocean & Yoga Retreats im Süden von Portugal. Geboren im Norden von Deutschland trägt sie ebenfalls Nordsurfgene in sich. Heute stellen wir Euch eine Frau vor, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Dabei wollte sie ursprünglich mal etwas ganz anderes… 


Jana Toepfer - Photo: privat

 

Moin Jana. Schön, dass Du Zeit für das Nordsurf-Interview gefunden hast. Wo bist Du geboren und wo lebst Du zur Zeit?

Ich bin in Westerstede, in der Nähe von Oldenburg geboren, und in Esens, einem kleinen Ort an der Nordsee in Ostfriesland aufgewachsen. Nachdem ich viele Jahre in Berlin und  L.A. gelebt habe, bin ich 2012 an die Südwestküste Portugals gezogen. Momentan lebe ich dort in Vale da Telha, zwischen den Surfspots Monte Clerigo und Arrifana.


Schon schön an der Algarve. Photo: Sabine Hütter

 

Was hat Dich dazu bewegt, die Heimat zu verlassen?

Das dringende Gefühl, mehr Zeit draußen und in der Natur verbringen zu wollen. Ich habe mich in der Stadt einfach nicht mehr am richtigen Platz gefühlt. Fast wie eingesperrt. Und in gewisser Hinsicht war der Umzug zurück ans Meer ja ein Nach-Hause-Kommen in einen bekannten Lebensraum, nur eben knappe dreitausend Kilometer weiter südlich.

Außerdem wusste ich: ich will unbedingt surfen lernen.  Die Vorstellung, jeden Tag ins Wasser zu können, hat sich einfach mega angefühlt. Und das, obwohl ich so gut wie noch gar nicht surfen konnte (meine Erfahrung auf dem Wasser beschränkte sich bis dahin aufs Windsurfen und eher missglückten Versuchen des Wellenreitens bei vorherigen Urlauben in Zentralamerika und während meiner Zeit in LA). Wie auch immer: der Ruf des Meeres hatte mich gepackt.

Zu den persönlichen Gründen kam hinzu, dass ich Lust hatte, Yoga auf eine andere Art und Weise anzubieten. Raus aus den überfüllten Yogastudios mit lauter Musik und Fitness Charakter – und statt dessen in eine natürliche Umgebung zu gehen und Yoga ohne das ganze Brimborium drum herum anzubieten. 


Wie bist Du letztendlich auf Portugal gekommen?

Das war pure Intuition. Ich hatte plötzlich eine ganz klare Vision während einer Meditation. Und dabei kannte ich Portugal nicht mal. Nur Lissabon von einem zweitägigen Businesstrip. Aber irgendwie wusste ich: dieses Bild da in meinem Kopf, das ist Portugal. Die Frage war nur: wo dort genau? Also habe ich mich kurzerhand mit einer Freundin in Lissabon getroffen, und wir sind einfach mal auf gut blöd die Küste runtergefahren, damals noch mit geliehenen Plastikbrettern. Und dann ging alles ganz schnell und wie von selbst. Nur 4 Monate später wachte ich dann zum ersten Mal in meiner kleinen Bude am Strand auf. 


Wann und wie bist Du zum Surfen gekommen?

Naja, meinen ersten Neo hatte ich mit 5 oder 6 Jahren an. Aber damals in den 80ern drehte sich bei uns alles ums Windsurfen. Das Leidenschaft fürs Wellenreiten hat mich erst in Costa Rica gepackt, wo ich ein paar Monate gechillt habe, nachdem ich meinen Job im Filmbusiness gekündigt hatte. Nach den ganzen Jahren mit durchgeplanten und vollen Terminkalendern war es eine herrliche Abwechslung mit den Jungs ins Wasser zu paddeln und jegliches Gefühl für Zeit und Raum zu verlieren. 

So richtig zum Surfen gekommen bin ich dann aber erst mit meiner Ankunft in Portugal. Im rauen Atlantik hab ich dann erstmals gemerkt was da überhaupt Sache ist.


Jana practicing at the cliffs. Photo: www.photoaction.at


Wann und wie bist Du zum Yoga gekommen?

Durch meine Mutter. Sie hat schon Yoga unterrichtet, als ich noch klein war. Das war also ganz normal, dass „Mami schon wieder im Kopfstand rumsteht“.  


Was verbindet Yoga und Surfen miteinander?

Darüber könnte ich wahrscheinlich ein ganzes Buch schreiben.

Yoga ist für mich eine Lebenstechnik, oder besser: viele Lebenstechniken, die ein tägliches Üben verlangen. Auf der Matte, auf dem Meditationskissen oder im Bürosessel und am Abendbrottisch. Yoga ist kein Hobby, dem ich in wöchentlich in ausgewählter Dosis im Yogastudio mit Gleichgesinnten fröne. Dementsprechend gebe ich in meinem Unterricht Aspekte uralter Traditionen und Wissens weiter, von denen ich überzeugt bin, dass sie unseren Lebensweg unterstützen, ob nun auf physischer, intellektueller, emotionaler oder spiritueller Ebene.

Surfen und Yoga haben vieles gemeinsam. Beim Yoga wie auch beim Surfen kann ich im Moment sein. Man erlebt volle Aufmerksamkeit im ganzen Körper. Deswegen empfinden wir es auch als so wohltuend. Glücklich Sein passiert definitiv im Hier und Jetzt und nirgendwo anders. 

Surfen lehrt einen, die Dinge, die Konditionen, so zu nehmen wie sie sind und das Beste draus zu machen. Yoga auch.

Ich sehe viele Verbindungsmöglichkeiten zu den Lehren aus dem Yoga.  Surfen und Yoga haben gemeinsam, dass sie dich ehrfürchtig werden lassen. Wow, ein großes Wort. Aber es ist so.

Nehmen wir mal so eine alltägliche Sinnfrage, die wir wahrscheinlich alle kennen: Du arbeitest seit geraumer Zeit an einem Ziel (im Job, in Projekten oder in Beziehungen) und kommst aber einfach auf keinen grünen Zweig. Merkst, wie du wertvolle Kraft vergeudest. Im Yoga wie auch im Surfen kann man lernen, dass es manchmal an der Zeit ist, nicht auf Krampf alles durchzusetzen, was man sich einst so schön im Kopf zusammengebastelt hat. Vielleicht ist es Zeit für eine andere Methode. 

Wenn wir uns mal mit dem Channel verschätzt haben, würden wir ja auch nicht sinnlos weiterpaddeln, nur weil wir uns vorgenommen haben, eben genau diesen Weg zu nehmen - sondern wir würden uns mal kurz eingestehen, dass die Natur eh gewinnt – und einen Weg wählen, der uns das Leben leichter macht. Oder aber du lässt dich auf den Kampf ein, und darfst dann an dem Punkt, wenn du erschöpft wieder an den Strand zurückgespült worden bist, deine Ignoranz erkennen.



Jana surft die Südküste. Photo: Mr. Bookwood

Was bedeutet Yoga und Surfen für Dich?

Meinen Körper zu spüren und mich daran zu erinnern, dass ich das Leben liebe. Ein Grund, warum ich die Technik von Asana so liebe, ist, dass alles spürbar wird im eigenen Körper. Also zu einer erlebten Wahrheit, statt sie lediglich mit unserer Intelligenz zu begreifen.
Was ich schön finde ist, dass sich diese Erlebnisse im Surfen ebenfalls finden lassen, weil man zwangsläufig lernt, wie die Natur funktioniert. Und genau hierum geht es beim Yoga. Das Feld (der Natur und seiner Selbst) kennenzulernen.


Du würdest also auch einem ungelenkigen Sack wie mir empfehlen, mit dem Yoga anzufangen?

Na klaro. Ich dachte, mit dem Vorurteil, Yoga sei nur etwas für Menschen mit flexiblen Körpern und sowieso eher was für Frauen, hätten wir schon längst aufgeräumt?

Also, nochmal Klartext hier. 

Erstens: Yoga ist nicht Asana! Asana ist das Wort für die Haltungen oder Posen, die wir aus Hochglanzmagazinen kennen, die aber nichts weiter sind, als ein Werkzeug, ins Spüren unseres eigenes Körpers zu kommen und den Körper vorzubereiten, über einen längeren Zeitraum ohne Schmerzen in einem Meditationssitz verweilen zu können. Und Asana ist nur ein ganz kleiner Teilbereich vom großen Wissen und vielerlei Techniken des Yoga. Yoga ist viel mehr als Asana. Viel viel mehr.

Zweitens: Klar kann man eine Körper-Kunst daraus machen. Warum auch nicht? Wenn’s denn Spaß macht! Im Surfen gibt es ja auch immer Raum nach oben. Aber du bist ja trotzdem ein Surfer auch wenn du keinen 360 Reverse kannst. Genauso darfst du auch Yogi sein, wenn du kein Urdvha Dhanurasana machst.

Drittens: Hattest du schon mal das Gefühl, die Welt anhalten zu wollen, weil eigentlich gerade alles zu schnell geht? Oder das Bedürfnis einfach mal in Ruhe durchatmen zu müssen? Wir alle haben ein innewohnendes Bedürfnis nach innerer Ruhe und Zufriedenheit. Das fühlt sich einfach besser an, als die ganze Zeit aufgeregt und unerfüllt durch die Gegend zu hetzen. Das wären zum Beispiel Gründe genug, mal eine Yogawoche bei mir zu buchen. Ich habe auch immer absolute Anfänger in meinen Kursen und Retreats.


Breathhold - auch eine Art des Yoga. Photo: www.anakkelana.com

 

Wie oft machst Du Yoga?

Das ist jetzt eine gute Frage, wenn wir davon ausgehen, dass Yoga viel mehr ist, als das, was wir da auf der Matte rumturnen. Also: ich glaube, ich gebe mir Mühe, immer Yoga zu machen.

Wie lange dauert es, bis man so flexibel ist wie Du?

Die Frage brauche ich jetzt ja nicht mehr zu beantworten, oder?


Westcoast beauty. Photo: Simone Hütter

 

Wie oft hast Du die Möglichkeit, Surfen zu gehen?

Kommt drauf an. Es gibt sicherlich die perfekten Tage, an denen man 2-3x ins Wasser kommt. Besonders, wenn surfverrückte Freunde zu Besuch sind. Aber es vergehen auch mal 2 Wochen, in denen ich es gar nicht schaffe. Im Winter fahre ich bestimmt nicht 5x die Woche an die Südküste. Da geht zu viel Zeit und Benzin bei drauf. Aber wenn es vor der Haustür (an der Westküste) läuft, dann eigentlich schon jeden Tag. 


Du hast einige der besten Surfspots Europas direkt vor der Haustür. Hast Du überhaupt noch Lust, woanders zu surfen? 

Oh man, da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Es gibt so viele Spots auf der Welt, die ich gerne mal surfen möchte. Allein schon die ganzen Wellen in Zentralamerika, die ich gesehen habe, aber mein Können noch nicht ausgereicht hat, auch nur in ihre Nähe zu paddeln...


Westküste. Photo: Simone Hütter


Du arbeitest dort, wo andere Leute Urlaub machen. Wo gehen Deine Urlaube denn so hin?  

Nach Indonesien. Nach Berlin. Nach Ostfriesland. Und hoffentlich bald mal nach Neuseeland.


Du hast Deine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Hast Du neben Surfen und Yoga noch andere Hobbies oder Leidenschaften?

Durch die Dünen spazieren & Ideen spinnen. 


Schöne Algarve. Photo: Simone Hütter

 

Was gefällt Dir besonders an der Algarve?

Die Westküste. Das Nah-Dran-Sein an der Natur. Das Leben auf den Klippen. Man ist hier immer mitten drin in Wind und Wetter. Ich komme mir hier oben mehr „mitten im Leben“ vor, als das jemals in Großstädten der Fall war. Oder vielleicht doch. Nur anders.


Welche Zeit ist die beste zum Verreisen an die Algarve?

Frühling und Herbst. Winter nur für Hartgesottene.


Welche Zeit ist die beste zum Verreisen von der Algarve aus?

Sommer, um dem ganzen Trubel zu entkommen. Winter, wenn es einem doch zu langweilig oder zu kalt wird. 


Wilde Westküste. Photo: Simone Hütter

 

Surfen boomt nach wie vor im Norden, so dass es in den letzten Jahren merklich voller an den Surfspots geworden ist. Merkt man das an der Algarve ebenso? 

Ja. Als ich hier ankam, sprachen alle von der „Saison“, die von Mai – September geht. Inzwischen hört „die Saison“ eigentlich gar nicht mehr auf. 


Welches Surfmobil fährst Du? Kannst Du es weiterempfehlen?

Ich schwöre auf die guten alten Renault Clios. Gute alte Mechanik und zäh.


Longboard oder Shortboard?

Longboard. 9’0 performance thruster. Shortboards nur auf asiatischen Riffen, wenn es halt gar nicht anders geht.


Wilde Westküste. Photo: Simone Hütter

 

Bist Du schon mal auf der Nord- und/oder Ostsee gesurft?

Ja, ich hab schon absolute Überraschungshits in Dänemark gehabt. Völlig unerwartet clean und mit solidem push. Ich weiß also, dass es sich bei da um kein Gerücht handelt!


Kannst Du Dir (nochmal) vorstellen, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mit einem Surfbrett unterm Arm von einer Seebrücke in die Ostsee zu springen? 

Ja, Kälte macht mir nicht so viel aus. Alles nur eine Frage des Equipments und Dauer des Aufenthaltes. Ich mag sowieso lieber raue Konditionen als lauwarmes Indo-Wasser.


Kannst Du Dir (nochmal) vorstellen, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt einen peakfeinen Winterswell in Dänemark zu surfen?

Ich wollte es gerade sagen, dazu muss es aber wirklich ein peakfeiner Swell sein!


Farmaus "Olho Branco" - Photo: www.we-treat.de

 

Gibt es einen besonders wertvollen Ort für Dich?

Den lokalen Metzger, wo man ein gutes Stück Wiesenrind bekommt. Im Ernst, das ist für mich ein Beispiel von Valenz in Zeiten der Überproduktion von industriell verarbeiteten Lebensmitteln. 


Was war Dein bislang schönstes Erlebnis beim Surfen

Bei allem Yoga und jeglichem „schön im Einklang mit der Natur“-Gerede: Das schönste Surferlebnis ist für mich doch immer der größtmögliche Kick. Sprich das schönste Erlebnis ist immer die bisher größte (und vielleicht noch halbwegs elegant) gesurfte Welle.


Und das schlimmste?

Die Momente, in denen ich vergesse, dass ich das alles zum Spaß tue. Wenn ich eigentlich ne gute Zeit haben könnte, mich aber über Crowds oder Etikette aufrege, von Neid oder sonstigen Komplexen erfüllt bin, oder halt einfach nichts auf die Reihe kriege.


Yogakurs bei Jana & Friends - Photo: www.anakkalena.com

 

Gibt es ein Brett, das Du gerne mal surfen möchtest

Donald Takayama’s In The Pink. Deswegen baue ich das gerade gemeinsam mit einem Freund, der Holzbretter baut, nach. 


Du möchtest uns doch bestimmt verraten, welches Dein liebster Surfspot ist?

Ein durchtriebener Versuch, lieber Tim, aber an dieser Stelle werden natürlich nur die allgemein bekannten Namen fallen. Ich surfe gerne in Ponta Ruiva, Luz, oder Amoreira.


Ich habe gesehen, dass Du einen interessanten Workshop organisiert hast, der demnächst stattfinden wird.  


Der Workshop “The Art of Breath and Meditation for Surfers” findet vom 17.-23.4. Im Süden Portugals, westliche Algarve, statt. Geleitet wird er von mir gemeinsam mit Chris Krusch (Anak Kelana www.anakkelana.com), Freediving, Pranayama und Surflehrer, der extra aus seiner Wahlheimat Bali anreist, um seine Leidenschaft und Wissen für Mediation, Pranayama und Surf zu teilen. Kosten: ab 970EUR (eine Woche inkl. Kost und Logie). Anmelden könnt Ihr Euch völlig unverbindlich auf unserer Webseite.


 

 

Jana Toepfer - Photo: privat

 

Das klingt doch super! Ich bin mir sicher, dass das auch etwas für Nordsurfer sein könnte. Vielen Dank für das Interview, Jana, viel Erfolg und viel Spaß!!! 


Ich danke Euch!